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AfD für Anerkennung der Taliban-Regierung

Sächsische Verbände fordern Aufnahme von Flüchtlingen, Taliban stellen Übergangsregierung vor - unser Newsblog zur Lage in Afghanistan.

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Tino Chrupalla von der AfD ist dafür, die neue Taliban-Regierung anzuerkennen
Tino Chrupalla von der AfD ist dafür, die neue Taliban-Regierung anzuerkennen © dpa/Ronny Hartmann

Eskalation in Afghanistan - das Wichtigste in Kürze:

  • Taliban bilden Übergangsregierung
  • US-Streitkräfte haben Afghanistan-Einsatz nach 20 Jahren beendet
  • Bundeswehr hat deutschen Soldaten, Diplomaten und Polizisten ausgeflogen
  • Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer erwägt persönliche Konsequenzen
  • Meinung: Afghanistan braucht Hilfe, kein Militär
  • Afghanische Ortskraft in Sachsen: "Ich habe Angst um meine Schwestern"
  • Erste Proteste gegen Taliban-Herrschaft

12.06 Uhr: AfD wegen Abschiebungen für Anerkennung der Taliban-Regierung

Der AfD-Vorsitzende Tino Chrupalla hat sich dafür ausgesprochen, die neue Taliban-Regierung in Afghanistan anzuerkennen und die deutsche Botschaft in Kabul wieder zu öffnen. "Die neue Bundesregierung muss so schnell wie möglich die afghanische Regierung anerkennen, damit wir ausreisepflichtige Zuwanderer nach Afghanistan abschieben können", sagte Chrupalla am Donnerstag. Diplomatische Beziehungen dürften "nicht davon abhängig gemacht werden, ob man die Weltanschauung eines Landes teilt".

Der Nachfolger von Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) dürfe dessen "Fehler nicht wiederholen und muss eine souveräne Außenpolitik betreiben", sagte Chrupalla, der gemeinsam mit der Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion das Spitzenteam seiner Partei für die Bundestagswahl bildet. Die deutsche Botschaft in Kabul dürfe keinesfalls sieben Jahre lang unbesetzt bleiben wie die Botschaft in Libyen.

Die militant-islamistischen Taliban hatten am Dienstag 33 Regierungsmitglieder vorgestellt, darunter keine einzige Frau und niemand aus einer anderen politischen Gruppierung. Maas sagte am Mittwoch zu einer möglichen Anerkennung der Taliban-Übergangsregierung: "Um die wird es nicht gehen, die sehe ich auch nicht im Moment." Maas war am Donnerstag nach Tripolis gereist, um die deutsche Vertretung in der libyschen Hauptstadt zu eröffnen. Die deutschen Diplomaten hatten das nordafrikanische Land vor sieben Jahren wegen des Bürgerkriegs verlassen.

Donnerstag, 9.9., 10 Uhr: Verbände fordern Aufnahme von Flüchtlingen aus Afghanistan

Zwölf sächsische Verbände und Initiativen haben die Regierung des Freistaates aufgefordert, sich beim Bund für ein Aufnahmeprogramm für afghanische Flüchtlinge einzusetzen. Zudem sollte Sachsen seine Kapazitäten nutzen, um möglichst vielen Menschen Schutz zu bieten, hieß es in einem am Donnerstag veröffentlichten Offenen Brief. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei angespannt.

"Die bisherigen Hilfsaktivitäten des Bundes richten sich hauptsächlich an Personen, die beispielsweise für die Bundeswehr oder Regierungsorganisationen tätig waren", begründeten die Unterzeichner des Briefes ihr Ansinnen. Darüber würden jedoch jene vergessen, die nicht in das Weltbild der Taliban passen und demnach großer Gefahr ausgesetzt sind."

Diesen Menschen müsse der Bund unbürokratisch Ausreiseangebote machen. Zudem sollte Sachsen klar sagen, wie viele Menschen über den üblichen Verteilungsschlüssel hinaus hierzulande aufgenommen werden, hieß es weiter. Kapazitäten seien vorhanden - auch weil die Zuwanderung in den vergangenen Jahren stark zurückging. Die Unterzeichner gehen von mindestens 8000 Menschen zusätzlich aus.

Der Brief ist unter anderem von der Arbeiterwohlfahrt, dem Deutschen Kinderschutzbund, der Diakonie, der Initiative Herz statt Hetze und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband unterzeichnet.

12.00 Uhr: USA besorgt über Übergangsregierung in Afghanistan

Die USA haben Besorgnis über die Übergangsregierung der militant-islamistischen Taliban in Afghanistan ausgedrückt. Auf der Liste der Kabinettsmitglieder stünden "ausschließlich Personen, die Mitglieder der Taliban oder ihrer enger Verbündeter sind und keine Frauen", erklärte ein Sprecher des Außenministeriums laut Medienberichten vom Dienstag (Ortszeit). "Wir haben unsere Erwartung klar geäußert, dass das afghanische Volk eine inklusive Regierung verdient", zitierten die "Washington Post" und andere Medien den Sprecher weiter.

Zudem gäben die Verbindungen und die Vergangenheit einiger Personen der Übergangsregierung Anlass zur Sorge, hieß es ferner. So wurde etwa Siradschuddin Hakkani, der dritte Vizechef der Taliban und Chef des berüchtigten Hakkani-Netzwerkes, zum Innenminister ernannt. Das Hakkani-Netzwerk wird für einige der grausamsten Anschläge in Afghanistan verantwortlich gemacht. Die USA suchen den etwa Mitte-40-jährigen Hakkani mit einem siebenstelligen Kopfgeld.

Die militant-islamistischen Taliban hatten nach ihrer gewaltsamen Machtübernahme vor rund drei Wochen am Dienstag ihre Übergangsregierung vorgestellt und 33 Kabinettsmitglieder bekanntgegeben.

Mittwoch, 8.9., 9.45 Uhr: Wiederholt sich mit diesem Übergangskabinett die Geschichte?

In Afghanistan haben die militant-islamistischen Taliban rund drei Wochen nach ihrer gewaltsamen Machtübernahme eine Übergangsregierung vorgestellt. Sie überraschten dabei mit dem wenig bekannten Mullah Mohammed Hassan Achund als Regierungschef. Der von vielen Beobachtern für dieses Amt vermutete Mullah Abdul Ghani Baradar, der zuletzt das Gesicht der Taliban nach außen war und der etwa das Abkommen mit den USA unter anderem über einen Truppenabzug für die Islamisten unterzeichnet hatte, wird Achunds Stellvertreter. Ein Blick auf das, was das Land nun erwartet:

  • Übergangsregierung der Taliban: Was Afghanistan nun erwartet

Dienstag, 17.57 Uhr: Taliban geben Übergangskabinett in Afghanistan bekannt

Die militant-islamistischen Taliban haben einen Teil ihrer Übergangsregierung in Afghanistan bekanntgegeben. Demnach wird der wenig bekannte Mullah Mohammed Hassan Achund amtierender Vorsitzender der Minister, was einem Premierminister gleichkommt. Das erklärte der Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Kabul.

Achund ist eins der Gründungsmitglieder der Taliban, war zuletzt in ihrem Führungsrat, der Rahbari Schura, und gilt als enger Vertrauter des Taliban-Führers Haibatullah Achundsada. Der aus Kandahar stammende Achund hielt bereits während der ersten Taliban-Herrschaft wichtige Posten und gilt als gemäßigt.

Mudschahid sagte, man habe sich darauf geeinigt, ein Übergangskabinett zu ernennen und bekanntzugeben, "um die notwendigen Regierungsarbeiten durchführen zu können".

Zu einem von zwei Stellvertretern Achunds wurde Mullah Abdul Ghani Baradar ernannt, der bisherige Vizechef der Taliban, der 2020 für die Taliban das Abkommen mit den USA unter anderem über ein Ende des US-geführten Militäreinsatzes in Afghanistan unterzeichnet hatte. Zweiter Stellvertreter ist Maulawi Abdul Salam Hanafi, der zuletzt im politischen Büro der Taliban in Doha tätig war.

Die beiden bisherigen Taliban-Vizechefs Mullah Jakub und Siradschuddin Hakkani werden Verteidigungsminister beziehungsweise Innenminister.

Insgesamt besetzten die Taliban 33 Posten. Die Ernennung der verbleibenden Führungspositionen von Ministerien und Institutionen werde man nach "langer Überlegung" sukzessive bekanntgeben, sagte Mudschahid.

Zwei Taliban-Kämpfer stehen während einer Anti-Pakistan-Demonstration in der Nähe der pakistanischen Botschaft Wache.
Zwei Taliban-Kämpfer stehen während einer Anti-Pakistan-Demonstration in der Nähe der pakistanischen Botschaft Wache. © Wali Sabawoon/AP/dpa

Dienstag, 7.9., 12.30 Uhr: Hunderte Menschen protestieren in afghanischer Hauptstadt Kabul


In der afghanischen Hauptstadt Kabul sind Proteste ausgebrochen. Hunderte Männer und Frauen zogen durch die Innenstadt und riefen gegen das Nachbarland Pakistan gerichtete Sprechchöre, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Sicherheitskräfte der militant-islamistischen Taliban versuchten, die Demonstranten zu kontrollieren. Die Demonstranten hielten Schilder, auf denen «Pakistan - Pakistan - raus aus Afghanistan» oder "Freiheit" stand.

Einem BBC-Reporter zufolge behaupteten die Demonstranten, Pakistan habe den Taliban bei ihrer Eroberung der Provinz Pandschir geholfen, die am Montag nach tagelangen Gefechten an die Islamisten gefallen war. Viele erwähnten zudem den Besuch des Chefs des pakistanischen Geheimdienstes ISI, Faeez Hamid, der sich Sonntag und Montag mit der Taliban-Führung in Kabul traf.

Viele Afghanen, auch bisherige Regierungsvertreter, äußern die Überzeugung, dass Pakistan die Taliban unterstützt und ihnen bei ihrer jüngsten Militärkampagne geholfen hat, mit der sie das Land gewaltsam übernommen haben. Islamabad bestreitet dies.

In einem auf Twitter geteilten Video des Protests sagt ein Mann: "Das ist Kabul, Männer und Frauen sind auf den Straßen und skandieren gegen Pakistan und gegen die Taliban". Erneut sind "Freiheit"-Rufe zu hören.

Diese sind wohl ein Hinweis auf die Unterstützung für Achmad Massud, der die bewaffnete Nationale Widerstandsfront in Pandschir anführte und sich seit der gewaltsamen Übernahme der Provinz durch die Taliban versteckt hält. Er hatte am Montag in einer Audiobotschaft alle Afghanen zu einem nationalen Aufstand aufgerufen und kurz darauf nur das Wort "Freiheit" getwittert.

Der lokale TV-Sender ToloNews teilte auf Twitter mit, die Taliban hätten einen TOLOnews-Kameramann festgenommen und seine Kamera beschlagnahmt. Ein ausländischer Journalist twitterte ein Video, auf dem Taliban in die Luft schießen, um Demonstranten zu vertreiben.

Afghanische Frauen halten einen Banner und rufen bei einer Anti-Pakistan-Demonstration in der Nähe der pakistanischen Botschaft Parolen.
Afghanische Frauen halten einen Banner und rufen bei einer Anti-Pakistan-Demonstration in der Nähe der pakistanischen Botschaft Parolen. © AP

7.05 Uhr: Außen- und Verteidigungsminister tagen zu Afghanistan

Die Außen- und Verteidigungsminister der EU-Staaten beraten an diesem Donnerstag bei Treffen in Slowenien über den Umgang mit den Entwicklungen in Afghanistan. Thema der Beratungen der Außenminister wird unter anderem sein, wie mit den neuen Taliban-Machthabern umgegangen werden soll und wie nach dem internationalen Truppenabzug weiter Unterstützung für hilfsbedürftige Menschen geleistet werden kann. Für die Verteidigungsminister stellt sich unterdessen die Frage, welche militärischen Lehren aus den Entwicklungen zu ziehen sind.

Aus Sicht des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zeigen die Ereignisse unter anderem, dass die Europäische Union eine eigene schnelle militärische Eingreiftruppe braucht. Eine solche Einheit hätte demnach zum Beispiel genutzt werden können, um nach dem Abzug der USA einen Weiterbetrieb des Flughafens in Kabul für Evakuierungsflüge abzusichern.

Weitere Themen der getrennt organisierten Gespräche dürfte unter anderem die Versuche von Belarus sein, Migration als Waffe gegen die EU einzusetzen. Bei den Verteidigungsministern soll es zudem um den geplanten strategischen Kompass und die laufenden EU-Einsätze in Ländern wie Mali gehen.

Für Deutschland werden Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Außenminister Heiko Maas (SPD) zu den Gesprächen erwartet. Sie finden in Slowenien statt, weil das Land derzeit den rotierenden EU-Ratsvorsitz innehat.