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Kommentar zum Mauerfall-Gedenken: Katerstimmung nach dem großen Jubel

Vor 33 Jahren fiel die Mauer. An sich ein Segen, zugleich jedoch der Startschuss für eine völlig unnötige Hatz hin zur deutschen Einheit, kommentiert Andy Dallmann.

Von Andy Dallmann
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© Fabian Sommer/dpa

Wer sich Anfang Oktober 1989 auf Dresdens Straßen gegen das SED-Regime auflehnte, hätte nicht mal ansatzweise ahnen können, was ein paar Wochen später passieren würde. Den Knüppeleinsätzen von der Prager Straße folgte kein noch massiverer Unterdrückungsakt, kein militärischer Einsatz gegen das eigene Volk. Vielmehr erodierte das gesamte System. Und plötzlich war sogar die Mauer weg. An sich ein Segen, zugleich jedoch der Startschuss für eine völlig unnötige Hatz hin zur deutschen Einheit.

Offene Grenzen waren eine zentrale Forderung der protestierenden Bürger gewesen, denen im Freudentaumel über dieses Zugeständnis jedoch die eigene Revolution entglitt. Nicht mehr die einst subtilen wie kreativen Parolen prägten anschließend die Demonstrationszüge, es ging nur noch um die schnellstmögliche Einführung der D-Mark und die umgehende Wiedervereinigung.

Die Massen bekamen beides, hatten Grund zum Jubel und bald einen ordentlichen Kater. Nicht mehr sie gaben den Kurs vor – sie waren einem gänzlich anderen System ausgeliefert, das viele nicht durchschauten, als ungerecht empfanden und noch heute so empfinden. Weshalb etliche von ihnen wieder auf die Straße gehen.

Dass die Einheit selbst heute noch wackelig ist, liegt auch an der Eile von einst. Hätten die DDR-Bürger ihren Laden selbst aufräumen, neuordnen und danach selbstbewusster am Westen andocken können, wäre mehr drin gewesen als das, was wir alle zusammen jetzt haben.

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