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Kommentar: Polit-Aktivistin im Wissenschaftskleid

Eine Biologin, die gestrige wissenschaftliche Sichten vertritt, darf natürlich gerne Vorträge halten. Vielleicht nicht unbedingt an einer Elite-Universität.

Von Oliver Reinhard
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Proteste an der Humboldt-Uni.
Proteste an der Humboldt-Uni. © dpa

Kennt die Biologie nur männlich und weiblich? Nein. Sie kennt auch das Weder-Noch. Etwa Menschen, die sich nicht eindeutig einem biologischen Geschlecht zuordnen lassen. Die unter„divers“ fallen. Es sind nicht viele. Aber es gibt sie. Die UN schätzen ihren Anteil auf 1,7 Prozent der Weltbevölkerung. Das ist auch die ungefähre Zahl Rothaariger.

Natürlich kann man trotzdem eine Nachwuchs-Wissenschaftlerin einen Vortrag halten lassen, die immer noch behauptet, es gebe nur zwei biologische Geschlechter – freie Lehre, freie Meinung. Wenn aber eine renommierte Forschungs- und Lehr-Institution wie die Humboldt-Uni das tut, wird die Sache schon komplizierter.

Dieses Opfer ist keines - sondern eine Täterin

Denn damit verstößt sie eigentlich gegen Grundprinzipien der Wissenschaft. Man muss schließlich auch niemanden vortragen lassen, der meint, die Erde sei eine Scheibe. Und wenn die Uni dann einen Rückzieher nur aus dem Grund macht, dass angeblich die Sicherheit der Vortragenden nicht gewährleistet sei, ist das schon einigermaßen peinlich.

Das Schlimmste aber: Damit wird die vorübergehend „gecancelte“ Nachwuchswissenschaftlerin durch die Hochschul-Leitung und vor den Augen und Ohren einer aufgebrachten und teils hysterisierten Öffentlichkeit in der Rolle jenes Opfers bestätigt, zu dem sie sich selbst stilisiert. Dabei ist sie vor allem eine Täterin.

Aggressiv bis hin zur persönlichen Beleidigung

Denn seit geraumer Zeit ist sie in den Sozialen Netzwerken aktiv gegen Vertreterinnen und Vertreter von Gender-Studien und -Politik sowie gegen Trans-Menschen, oft aggressiv bis hin zur persönlichen Beleidigung. Ganz offensichtlich verfolgt sie hauptsächlich eine politisch-ideologische Agenda, weniger eine wissenschaftliche.

Trotzdem macht die Uni nun einen Rückzieher vom Rückzieher und will sie ihren Vortrag nachholen lassen, immerhin im Rahmen einer Diskussionsrunde. Ziemlich viel Aufwertung und Aufmerksamkeit für eine politische Aktivistin im Kleid einer Wissenschaftlerin. Zu viel.