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Mindestlohn soll 2024 auf 12,41 Euro steigen

Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll schrittweise steigen. Die Kommission in Berlin hat einen Vorschlag vorgelegt. Aus Sachsen kommen gemischte Reaktionen.

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Der Mindestlohn in Deutschland soll steigen.
Der Mindestlohn in Deutschland soll steigen. © Jens Wolf/dpa

Berlin. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn in Deutschland soll zum 1. Januar 2024 von 12,00 auf 12,41 Euro und ein Jahr später auf 12,82 Euro angehoben werden. Diesen Vorschlag legte die zuständige Mindestlohnkommission am Montag in Berlin vor. Die Empfehlung wurde dieses Mal allerdings nicht im Einvernehmen getroffen. Die Arbeitnehmervertreter in der Kommission sind gegen diese in ihren Augen zu geringe Anhebung und wurden nach eigenen Angaben in der Kommission überstimmt.

Der Vorschlag der Mindestlohnkommission muss von der Bundesregierung noch per Verordnung verbindlich gemacht werden. Normalerweise ist das Formsache. Wie es vor dem Hintergrund dieses Abstimmungsergebnisses läuft, bliebt am Montag zunächst unklar.

"Die Beschlussfassung fällt in eine Zeit schwachen Wirtschaftswachstums und anhaltend hoher Inflation in Deutschland, die für Betriebe und Beschäftigte gleichermaßen große Herausforderungen darstellen", heißt es im Beschluss der Mindestlohnkommission. Die Mehrheit der Kommission halte es im Rahmen einer Gesamtabwägung für vertretbar, den Mindestlohn in diesem Umfang zu erhöhen.

Mindestlohn-Erhöhung: Reaktionen aus Sachsen

Der Vorschlag hat in Sachsen unterschiedliche Reaktionen ausgelöst. Der Arbeitgeberverband sprach am Montag von einem "Beschluss mit Augenmaß, dem steuerliche Maßnahmen für die Arbeitnehmer folgen müssen". Der Leipziger Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann (Linke) rechnete die vorgeschlagene Steigerung in der ersten Stufe prozentual um und sagte: "3,4 Prozent mehr Mindestlohn: das ist schlicht Verarschung von Geringverdienern."

Die Kommission schlug vor, den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn zum 1. Januar 2024 von 12,00 auf 12,41 Euro pro Stunde und ein Jahr später auf 12,82 Euro anzuheben. Die Empfehlung wurde dieses Mal allerdings nicht im Einvernehmen getroffen. Die Arbeitnehmervertreter in der Kommission sind gegen diese in ihren Augen zu geringe Anhebung und wurden nach eigenen Angaben überstimmt. Der Vorschlag muss von der Bundesregierung noch per Verordnung verbindlich gemacht werden. Normalerweise ist das Formsache. Wie es vor dem Hintergrund dieses Abstimmungsergebnisses läuft, blieb aber zunächst unklar.

Pellmann warf der Arbeitgeberseite in der Kommission vor, ein "mieses Spiel" gespielt zu haben. "Die Ampel sollte über die Empfehlung hinausgehen und den Mindestlohn aufgrund der Inflation politisch auf 14 Euro erhöhen. Geringverdiener sind die Lastenesel der Inflation", sagte Pellmann der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Extrem hohe Preise für Lebensmittel und Energie würden besonders zuschlagen. "12,41 Euro fördern auch langfristig millionenfache Altersarmut. Bei dieser Entscheidung darf es nicht bleiben."

Gewerkschaften sind unzufrieden

Arbeitgeberpräsident Jörg Brückner gab zu Bedenken, dass auch der Mindestlohn beim Kunden erst verdient werden muss. "Gerade die vielen kleinen Firmen haben noch immer Probleme, bei ihren Kunden höhere Preise durchzusetzen. Bund und Land haben die Bedingungen für die kleinen und mittleren Unternehmen viel zu wenig im Blick, zu oft wird nur auf Großinvestitionen geschaut." Das eine oder andere Förderprogramm für kleinere Unternehmen müsse immer wieder neu erkämpft werden. "Wir brauchen keine staatliche Gnade, sondern wirtschaftlich tragfähige Rahmenbedingungen."

Die Mindestlohnkommission habe gegen die Stimmen der Gewerkschaften einen absolut nicht zufriedenstellenden Beschluss gefasst, teilte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mit. Vorstandsmitglied Stefan Körzell, der auch Mitglied der Mindestlohnkommission ist, sagte am Montag in Berlin: "Für eine Anpassung lediglich im Cent-Bereich konnten wir auf keinen Fall unsere Hand reichen." Mit dem Beschluss erlitten die fast sechs Millionen Mindestlohnbeschäftigten einen enormen Reallohnverlust. "Um einen Mindestschutz und einen Ausgleich der Inflation zu gewährleisten, hätte der Mindestlohn zumindest auf 13,50 Euro steigen müssen. Die Arbeitgeber und die Vorsitzende der Kommission haben sich dem verweigert."

Sozialverbände wollen 14 Euro

Die Positionen hätten sehr weit auseinander gelegen, sagte die Vorsitzende der Mindestlohnkommission, Christiane Schönefeld, bei einer Pressekonferenz in Berlin. Die Verhandlungen dauerten ihren Angaben nach bis in den frühen Montagmorgen.

Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte den Mindestlohn zuletzt zum 1. Oktober 2022 ausnahmsweise per Gesetz von 10,45 Euro auf 12 Euro angehoben. Vor allem die SPD hatte sich im Bundestagswahlkampf 2021 dafür eingesetzt. Der aktuelle Erhöhungsschritt soll nun wieder wie üblich auf Vorschlag der Kommission zustande kommen.

Angesichts stark gestiegener Verbraucherpreise hatten sich unter anderem Sozialverbände für eine Anhebung um 2 Euro auf 14 Euro ausgesprochen und auch darauf verwiesen, dass höhere Löhne später zu höheren Renten führen. Aus der Wirtschaft kamen dagegen Warnungen: "Eine zu deutliche und zu schnelle Erhöhung des Mindestlohns wäre für viele Handelsunternehmen nur sehr schwierig zu stemmen", sagte etwa der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth.

Bußgelder bis 500.000 Euro

Den gesetzlichen Mindestlohn gibt es seit 2015 in Deutschland. Zum Start lag er bei 8,50 Euro die Stunde und ist seitdem mehrfach erhöht worden. Nach dem Mindestlohngesetz muss eine aus jeweils drei Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern, zwei Wissenschaftlern und einer oder einem Vorsitzenden besetzte Kommission alle zwei Jahre unter Berücksichtigung der Tarifentwicklung im Land einen Vorschlag für die künftige Höhe der Lohnuntergrenze machen. Stimmberechtigt sind die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter. Kommt es zum Patt, kann der oder die Vorsitzende mit seiner Stimme eine Mehrheit herstellen. Das war dieses Mal der Fall.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes profitierten von der letzten Erhöhung im vergangenen Herbst rund 5,8 Millionen Beschäftigte, die vorher weniger als 12 Euro die Stunde verdienten. Arbeitgebern, die gegen die Lohnuntergrenze verstoßen, drohen Bußgelder bis zu 500.000 Euro. (dpa)