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Chrupalla: "Wir wollen die destruktive Stimmung hinter uns lassen"

Beim Bundesparteitag in Riesa wählt die AfD eine neue Parteiführung. Tino Chrupalla strebt eine Wiederwahl an - und könnte künftig sogar allein an der Spitze stehen. Wahrscheinlich ist aber die Doppelspitze.

Von Thilo Alexe
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Tino Chrupalla kandidiert erneut für die Bundesspitze der AfD.
Tino Chrupalla kandidiert erneut für die Bundesspitze der AfD. © Nikolai Schmidt

Mit etwas Verspätung hat der Bundesparteitag der AfD im sächsischen Riesa begonnen. Wichtigster Tagesordnungspunkt der dreitägigen Veranstaltung ist die Wahl der neuen Parteispitze. Bundesschef Tino Chrupalla hat sich zum Beginn des Riesaer Bundesparteitages offen für verschiedene Strömungen in der AfD gezeigt. "Es gibt kein Patentrezept", sagte er in seiner kurzen Begrüßungsrede in der Sachsenarena.

Allerdings mahnte er eine Stärkung der Partei im Westen an. Dort müssten künftig zweistellige Ergebnisse bei Wahlen eingefahren werden, betonte der sächsische Bundestagsabgeordnete. Die AfD hatte im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen jeweils Stimmen eingebüßt.

Mit Blick auf den Veranstaltungsort fügte er hinzu: "Hier wollen wir heute gemeinsam die destruktive Stimmung der vergangenen Zeit hinter uns lassen." Die Partei müsse auch zeigen, dass sie langfristige Konzepte habe und darstellen, wie sie sich Deutschland im Jahr 2050 vorstelle.

Die AfD kann künftig auch von nur einem Vorsitzenden geführt werden. Der Antrag zur Änderung der AfD-Satzung, wonach auch eine Einzelspitze möglich sein sollte, bekam die notwendige Zweidrittelmehrheit. 348 von 506 Delegierten sprachen sich für die Änderung aus. Die bisher gültige Satzung sah "zwei oder drei" Bundessprecher vor - so heißen die Vorsitzenden in der AfD.

Der hessische Bundestagsabgeordnete Albrecht Glaser sprach sich in der Debatte gegen die Änderung aus. Er sagte: "Diese Partei als radikaldemokratische Partei braucht nicht das Ein-Mann- oder das Ein-Frau-Prinzip." Der Thüringer Landeschef und Partei-Rechtsaußen Björn Höcke warb für die Reform, wenngleich die Doppelspitze bei ihm in Thüringen funktioniere. "Grundsätzlich sind Zweierspitzen konfliktträchtig", sagte er in der Debatte.

Chrupalla stellt sich erneut zur Wahl. Die Chancen des 47-Jährigen stehen nach Meinung von Beobachtern gut. Sein Herausforderer für das Spitzenamt, Norbert Kleinwächter, warb am Rande des Parteitages für eine Rückkehr zu den liberal-konservativen Anfängen der 2013 gegründeten Partei. Der Bundestagsabgeordnete sagte: "Im Grundsatzprogramm steht, wir sind Liberale und Konservative. Da steht nicht, wir sind Soziale." Die AfD sei zwar auch eine "soziale Partei, weil wir uns um die sozialen Probleme der Bürger kümmern, aber unser ideologischer Ansatz ist im Kernfundament konservativ-liberal". Er würde sich daher wünschen, dass dies auch die neue Parteispitze so herausstelle.

Höcke kritisiert Zustand der AfD

Der thüringische Landeschef Höcke ist mit der Partei indes hart ins Gericht gegangen. Die AfD sei im Modus der Selbstbeschäftigung. Die AfD benötige effizientere Strukturen, sagte er am Freitag beim Bundesparteitag in Riesa. "Wir müssen mit Inhalten punkten", ergänzte Höcke. Zudem müsse die Partei den "Dreiklang mit Leben füllen", der heiße: erst das Land, dann die Partei, dann die Personen.

Höcke äußerte sich in der Debatte zur Tagesordnung. Er plädierte dafür, inhaltliche Punkte vor den Vorstandswahlen zu platzieren. Ein Delegierter, der nach Höcke sprach, werte das als Bewerbungsrede. Höcke ließ es offen, ob er antritt. Der Chef des Verfassungsschutzes hatte den Politiker als Rechtsextremisten bezeichnet.

Erst nach rund zweieinhalbstündiger Debatte verständigte sich die Partei auf eine Tagesordnung. Höcke erhielt zwar viel Applaus. Er scheiterte aber mit den Antrag, Strukur- vor Personalfragen zu klären. Sachsens AfD-Landeschef Jörg Urban begrüßte die Delegierten. Die AfD sei nach anfänglicher Euphorie und Einzügen in die Parlamente nun in den "Mühen der Ebene" angekommen. Die Partei habe sich verändert. "Wir sind schon lange keine reine Protestpartei mehr." Die AfD sei Opposition. Urban verteidigte die Vielfalt in der Partei. Allerdings müsse Wählern klar sein, wofür sie stehe.

Die Partei hatte zuletzt vor allem mit ihrer Fundamentalkritik an den staatlichen Anti-Corona-Maßnahmen und ihrer Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine von sich reden gemacht. Gegen eine Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts, die dem Verfassungsschutz die Einstufung der Partei als rechtsextremistischer Verdachtsfall erlaubt, hat die AfD Berufung eingelegt.

Als möglicher Co-Vorsitzender bewirbt sich der AfD-Europaabgeordnete Nicolaus Fest. Viele Delegierte erwarten, dass auch Weidel für diesen Posten kandidieren wird, falls es bei der Doppelspitze bleiben sollte.

In der AfD werden die Vorsitzenden "Bundessprecher" genannt. Seit dem Parteiaustritt des langjährigen AfD-Chefs Jörg Meuthen im Januar ist Chrupalla alleiniger Vorsitzender.