Politik
Merken

Warum die CDU mehr Deutschlandfahnen in Ostdeutschland will

Die Union drängt auf ein deutsches Patriotismusprogramm. In Teilen des Osten sieht sie einen "fehlenden Bezug" zur Nation. Minister Dulig widerspricht.

Von Thilo Alexe
 3 Min.
Teilen
Folgen
Mehr Fahnen, mehr Nationalhymne - so stellt sich die CDU Deutschland vor.
Mehr Fahnen, mehr Nationalhymne - so stellt sich die CDU Deutschland vor. © dpa/Robert Michael

Die Unionsfraktion im Bundestag setzt auf mehr Patriotismus und schlägt dabei kritische Töne zu Ostdeutschland an. Ein vom Parlament in die Fachausschüsse überwiesener Antrag fordert ein „Bundesprogramm Patriotismus“. Nach Vorstellung von CDU und CSU soll die „ganzjährige Sichtbarkeit“ etwa der Bundesflagge im öffentlichen Raum erhöht werden. Die Fraktion fordert das häufigere Singen der Nationalhymne, das Werben für Patriotismus in der auswärtigen Kulturpolitik sowie einen Tag des Grundgesetzes am 23. Mai als „nationalen Gedenktag“.

Zum Osten enthält der Antrag eine recht umfangreiche Passage. Der „zum Teil fehlende Bezug zur eigenen Nation“, der nach 1989 ein stärkeres Zusammengehörigkeitsgefühl hätte begründen können, soll „als Schwachstelle der Wiedervereinigung aufgearbeitet“ werden. Daraus müsse sich „ein besonderer Einsatz für patriotische Fragen in Ostdeutschland ergeben“.

In der Bundestagsdebatte vom Mittwoch ging der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor auf den Osten ein; „Die Wiedervereinigung, die schwarz-rot-goldenen Fahnen, dieser schwarz-rot-goldene Glücksmoment, der Freiheitsmut der Ostdeutschen, das ist einer der größten patriotischen Glücksmomente, den wir in unserer Geschichte erlebt haben.“ Es sei jedoch ein Problem, „dass Teile der Gesellschaft, die ausgrenzen wollen, gleich hinter jeder Deutschlandfahne in Ostdeutschland Nationalismus sehen“.

Martin Dulig: "Gegen die NPD gescheitert"

Einerseits beklagen CDU/CSU also einen weniger stark ausgeprägten Patriotismus als in der Nachwendezeit. Andererseits aber wollen sie Träger der auch bei Pegida und vergleichbaren Kundgebung wehenden Deutschlandfahnen nicht pauschal als Nationalisten einordnen. Im Antrag heißt es, „Verfassung und Patriotismus“ sollen als „verbindendes Band“ gestärkt werden. Amthor betonte im Parlament: „Wir wollen stolz sein auf unser Land.“ Die AfD sei kein Verteidiger des Patriotismus, dieser setze voraus, „dass man ein positives Bild von der Gesellschaft und vom Staat hat“, sagte Amthor.

Aus Sachsens Staatsregierung kam Widerspruch. Der stellvertretende Ministerpräsident Martin Dulig schrieb auf Twitter, Ostdeutsche hätten „Massenarbeitslosigkeit“ sowie „viele Härten“ erlitten „und trotzdem einen stolzen Aufbau Ost geschafft“. Deren Löhne seien „kleiner“ und sie arbeiteten länger. „Und jetzt wirft ihnen die CDU vor, schlechtere Deutsche zu sein?“, fügte der SPD-Minister hinzu.

Die Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz (Linke) wies darauf hin, dass die CDU in Sachsen mehrfach Patriotismusdebatten angestoßen habe – aus ihrer Sicht erfolglos. Köditz hob hervor, dass der heutige Landtagspräsident Matthias Rößler 2004 unter dem Eindruck der NPD-Erfolge Patriotismusbeauftragter der Sachsen-Union wurde. 2016 habe die Partei, zu Zeiten des ersten AfD-Hochs, eine Patriotismuskonferenz veranstaltet. Köditz twitterte über diese Strategie: „Damals gegen die NPD gescheitert, wird heute gegen die AfD scheitern. Öl ins Feuer gießen, um Brände zu löschen...“.

In den Bundestagsausschüssen dürfte der Antrag keine Mehrheit erhalten. Für die SPD betonte die brandenburgische Abgeordnete Simona Koß in der Debatte, die deutsche Geschichte sei gebrochen und lasse sich nicht „zukleistern mit patriotischen Gefühlen“. Sie erinnerte an die Fahnenappelle in der DDR: „Zum 1. Mai mussten wir die Flagge vom Balkon hängen. Aber das hat nicht jeden von der DDR überzeugt.“