Wilsdruff: Wenn der Ministerpräsident zum Streiten auffordert

Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gab am Dienstag im Rittergut Limbach den Hecht im Goldfischglas. Bissig, wendig und geschickt parierte er die Angriffe hartnäckiger Fragesteller. Die CDU hatte in dem Wilsdruffer Ortsteil zu einer Regionalkonferenz zum Thema „Sichere Zukunft – Sicheres Sachsen" eingeladen und dafür das sogenannte Fishbowl-Format gewählt. In der Mitte des Saales war ein weißer Stehtisch für die Experten aufgestellt. Neben dem Ministerpräsidenten waren das der neue Innenminister Sachsens, Armin Schuster (CDU), sowie der Vorsitzende des Landesfeuerwehrverbands, Andreas Rümpel.
Zu denen wurde jeweils ein Gesprächspartner aus dem Publikum hinzugesellt, der Fragen stellte. Dazu zählte auch der Gohrischer Bürgermeister Christian Naumann (parteilos). Er wollte wissen, wie eine Kommune, etwa beim Hochwasserschutz, Katastrophenvorsorge betreiben soll. Finanziell oder planerisch seien Kommunen dafür gar nicht entsprechend aufgestellt.
Ein Starkregen im Juni vorigen Jahres richtete in der Gemeinde in der Sächsischen Schweiz Schäden in Höhe von sieben Millionen Euro an. Insbesondere die Uferbefestigungen müssten schnellstens repariert werden. Innenminister Schuster hatte wenige Augenblicke zuvor noch referiert, dass Vorsorge besser sei als Schadensbeseitigung. Naumann konnte er nun aber nichts versprechen, außer sich dafür einzusetzen, dass es Risiko-Abschätzungen für Kommunen geben soll - wenn der Landtag Geld dafür bereitstellt.
Kretschmer sprang ihm bei und konnte wenigstens verkünden, dass der Freistaat gerade erst Geld für die Schadensbeseitigung freigegeben hat. Dass er sofort eine Zusage bekommt, hat Naumann nicht erwartet. "Dennoch wollte ich die Gelegenheit nutzen, das direkt anzusprechen. Vielleicht bekommen wir ja dann doch noch im Sommer die Zusage für die nötigen Fördermittel", sagt er.
Ukraine-Krieg und die Bedenken
Gleich in seiner Auftakt-Rede machte der Ministerpräsident klar, dass ihm Gespräche mit Ja-Sagern nicht herausfordernd genug sind und er sich geradezu freue, auch mal Diskussionen mit Widersachern in der Sache zu führen. Dafür seien Formate wie die Regionalkonferenzen auch gedacht.
Kretschmer malträtierte beim Reden die weiße Tischplatte wahlweise mit der flachen Hand, der Faust oder der rechten Handkante. Als die Fragesteller immer dreister und provokanter wurden, zeigte er auch Emotionen. Etwa, als ein Mann Mitte 30 fragte, ob er nun per Wehrpflicht in einen Krieg gezerrt werden solle gegen seine "russischen Brüder und Schwestern". Was er aber nie täte.
Kretschmers Mine verfinsterte sich, weil ihm offenbar etwas in den Mund gelegt werden sollte. Er reagierte mit zwei Gegenfragen: Wieso sollte die Bundeswehr gegen Russland vorgehen müssen? Wie kommen Sie zu dieser Schlussfolgerung? Unausgesprochen stand im Raum, dass der Angriff auf die Ukraine jedes Land in Europa zur Vorsicht mahnen könnte. Doch Kretschmer sprach das nicht aus und hoffte offenbar, den Fragesteller selbst zu dieser Erkenntnis leiten zu können. Das blockte dieser aber kategorisch ab.
Bereits in seiner Eingangs-Rede machte Kretschmer deutlich, dass es auch in Sachen Krieg in der Ukraine unterschiedliche Meinungen in der CDU gibt. Er selbst habe "große Bedenken beim Thema Waffenlieferungen". Nicht alles, was möglich ist, sei auch richtig. "Lassen Sie uns streiten. Lassen Sie uns hart diskutieren", forderte er die etwa 180 zuhörenden Menschen auf. Wenn der Bundestag aber mal entschieden hat: "Dann ist das so."
Diskussion zur Impfpflicht
Viele Gesichter aus der CDU im Landkreis waren im Publikum zu sehen. Es haben auch einige weite Wege in Kauf genommen, etwa aus der Oberlausitz oder dem Erzgebirge, um Kretschmer unbequeme Fragen zu stellen, etwa zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Die Landesregierung habe nach dem Beschluss dazu im Bundestag alles versucht. "Fürs Aussetzen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht gab es aber keine Mehrheit", sagte Kretschmer.
Er räumte ein, dass bei den Corona-Maßnahmen auch Fehler gemacht wurden, und brachte einen Vergleich mit der Kirche, wo um Vergebung gebeten wird. Er warnte zudem davor, die beschlossene Impfpflicht zur Diskriminierung von Pflegekräften zu erklären. Energisch wurde er, als das Ausfliegen von Corona-Intensiv-Patienten aus überlasteten Kliniken im Erzgebirge als Fake dargestellt wurde.
In diesem und nächsten Jahr soll es noch 13 weitere solcher Konferenzen geben. Die nächste ist in Oschatz am 17. Mai geplant zum Thema "Landlust - Für lebendige Regionen von morgen". Anmeldungen sind über www.cdu-sachsen.de möglich.