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Kommentar zur Graichen-Affäre: Filz bleibt Filz, auch wenn er grün ist

Wenn Trauzeugen und Verwandte Einfluss auf brisante politische Entscheidungen haben können, muss man das konsequent aufarbeiten. Ein Kommentar.

Von Gunnar Saft
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Unter Druck: Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (re.) von den Grünen musste sich am Mittwoch vor zwei Bundestagsausschüssen zur umstrittenen Personalpolitik seines Staatssekretärs Patrick Graichen (li.) erklären.
Unter Druck: Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (re.) von den Grünen musste sich am Mittwoch vor zwei Bundestagsausschüssen zur umstrittenen Personalpolitik seines Staatssekretärs Patrick Graichen (li.) erklären. © dpa

Wenn man im Bundeswirtschaftsministerium zuletzt darüber gesprochen hat, ob man den Deutschen die Gasheizung kurz- oder mittelfristig verbietet, um als Heizalternativen wesentlich teure Wärmepumpen anzuordnen, betraf dies mehr als 80 Millionen Menschen in diesem Land. Beraten wurden Grünen-Minister Robert Habeck und seine Staatssekretäre bei dem Thema auch von einem Bruder, einem Schwager, einer Ehefrau und einem Trauzeugen, die sich zudem alle mit ihren eingeschlagenen Berufskarrieren vorab längst eindeutig auf diesen gravierenden Technikwechsel festgelegt hatten. Wie objektiv kann diese Beratung eigentlich noch gewesen sein? Abgesehen davon, dass eine solche brisante und hochwichtige Entscheidung – überspitzt formuliert – damit letztlich nur im engeren Familienkreis getroffen wurde.

Die Frage ist also nicht, ob, sondern wie stark diese Affäre dem Klimaschutz sowie dem Vertrauen in die Bundesregierung schadet. Der aufgedeckte personelle Filz schürt enorm viel Misstrauen, Skepsis und Ablehnung, welche sich nicht nur gegen Habeck und Co., sondern letztlich auch gegen die von dieser Gruppe vorgeschlagene Heizungswende richten. Für die hätte man aber von Anfang an nicht nur mit guten Argumenten, sondern auch mit größtmöglicher Offenheit werben müssen, um viele Bürger für einen derart schwierigen Weg zu gewinnen. Nun bleibt für immer ein Geschmäckle und weiterhin großes Ressentiment.

Um aus dieser Sackgasse herauszukommen, bedarf es für die Grünen jetzt mehr als das berechtigte Eingeständnis der beiden Bundesvorsitzenden, es habe sich hier eindeutig um einen Fehler gehandelt. Filz bleibt Filz, auch wenn er in diesem Fall grün ist.

Das öffentliche Vertrauen kann nur wieder hergestellt werden, wenn die direkt Verantwortlichen für die Affäre auch persönlich die Konsequenzen übernehmen und neue Strukturen im Hause Habeck solche Zustände künftig zwingend ausschließen. Passiert das dagegen nicht, dürfte sich der Druck auf den einst erfolgreichen grünen Hoffnungsträger Robert Habeck nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch innerhalb der eigenen Partei spürbar erhöhen.

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