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Parteispitze: "Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht"

Der Linkenvorstand distanziert sich von der populären Abgeordneten Sahra Wagenknecht. Sie soll ihr Mandat zurückgeben.

Von Thilo Alexe
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Sahra Wagenknecht war einst Star der Linken. Jetzt distanziert sich der Parteivorstand von ihr.
Sahra Wagenknecht war einst Star der Linken. Jetzt distanziert sich der Parteivorstand von ihr. © Archivbild: dpa/Kay Nietfeld

Berlin/Dresden. Als Sahra Wagenknecht Ende April vor mehr als 500 Zuhörern im ostsächsischen Großröhrsdorf sprach, stellte sie ihrer Partei ein schlechtes Zeugnis aus. „Ich habe es lange versucht in der Linken, ich sehe keine Chance mehr.“ Aus ihrer Abneigung machte die Bundestagsabgeordnete keinen Hehl. „Wenn die Linke sich völlig neu aufstellen würde, mit attraktiven Köpfen an der Parteispitze und einem vernünftigen Kurs, würde ich alle Überlegungen zu einer Neugründung sofort einstellen“, sagte sie damals in einem Interview.

Jetzt kontert die Parteispitze. Eine Perspektive für die Genossen sieht sie nur ohne die umstrittene wie populäre Politikerin. „Die Zukunft der Linken ist eine Zukunft ohne Sahra Wagenknecht“, heißt es in einem Vorstandsbeschluss vom Samstag. Das Gremium wirft ihr „Erpressungsversuche“ vor. Der Aufforderung, vom Projekt einer konkurrierenden Parteigründung abzulassen, sei sie „bis heute nicht nachgekommen“.

Die Linkenspitze nennt zwar keine Konsequenzen, bringt keinen langwierigen Parteiausschluss ins Gespräch. Allerdings fordert sie Wagenknecht zur Rückgabe ihres Bundestagsmandats auf. Auch ihre Unterstützer in der Fraktion sollten das tun.

Ob sich die Parteispitze um die Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan durchsetzt, ist offen. Wagenknecht will 2025 ohnehin nicht mehr für die Linke antreten. Letztlich kann sie niemand zwingen, ihren Sitz im Bundestag vorher aufzugeben. Wahrscheinlicher ist, dass die Politikerin aus der Fraktion austritt, aber im Parlament bleibt.

Und das kann für die Linke heikel werden. Gäbe Wagenknecht das Mandat zurück, rückte jemand von der Landesliste in Nordrhein-Westfalen nach. Dort trat Wagenknecht 2021 als Spitzenkandidatin an. Verließe sie aber die Fraktion mit drei Unterstützern, um im Bundestag zu bleiben, dann verlören die Genossen an Macht, Geld und Einfluss. Die Verbliebenen wären zu wenige für eine Fraktion und verlören diesen Status.

Dass Wagenknecht mit den Positionen der Partei zu Asyl, Russland, aber auch zu gesellschaftspolitischen Themen wie etwa Gendern fremdelt, ist nicht neu. „Lifestyle-Linke“ nennt sie urbane Genossen, denen sie vorwirft, Interessen von Arbeitnehmern zu vernachlässigen. Offenbar ist es aber in mehreren Anläufen keinem einflussreichen Linken gelungen, Wagenknecht von der Abkehr von einer Parteigründung zu überzeugen.

Die Linke jedenfalls, so heißt es in dem Beschluss, will sich nun als klare Alternative zur „Bedrohung von rechts“ profilieren: „Wir ergreifen klar Partei für die lohnabhängige Bevölkerung und wenden uns dagegen, unterschiedliche Milieus gegeneinander auszuspielen.“ Die Linke positioniert ich darin „gegen die völkerrechtswidrige russische Invasion der Ukraine wie gegen völkerrechtswidrige Interventionen der NATO“.

Ob das zur Beruhigung ausreicht? Wagenknecht ist nicht nur bekannt durch Talkshow-Auftritte. Im Osten kann sich nach einer Umfrage fast die Hälfte der Wähler vorstellen, das Kreuz bei einer Wagenknecht-Partei zu machen. Mit ihrer russlandfreundlichen Haltung und der Forderung nach Diplomatie kommt sie in den Ost-Bundesländern besonders gut an

Die Reaktionen in der Partei sind gemischt. Bundestagsfraktionschefin Amira Mohamed Ali hält den Beschluss „für einen großen Fehler“. Er sei einer Partei unwürdig, die sich Solidarität und Pluralität auf die Fahnen schreibe. Der sächsische Fraktionschef Rico Gebhardt sieht das anders. Wer seine Mandat „missbraucht“, um eine Konkurrenzpartei zu gründen, „der sollte seine Sachen packen und gehen“.