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Corona droht Thüringen-Wahl zu verzögern

Nach dem Skandal rund um die Wahl von Thomas Kemmerich wurden Neuwahlen im April beschlossen. Doch die Corona-Pandemie droht diese zu verzögern.

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Anfang 2020 sorgte die Landtagswahl in Thüringen für viel Aufmerksamkeit. Nachdem der zunächst gewählte Ministerpräsident Thomas Kemmerich zurückgetreten war, wurden Neuwahlen im April 2021 beschlossen.
Anfang 2020 sorgte die Landtagswahl in Thüringen für viel Aufmerksamkeit. Nachdem der zunächst gewählte Ministerpräsident Thomas Kemmerich zurückgetreten war, wurden Neuwahlen im April 2021 beschlossen. © Martin Schutt/dpa

Erfurt. Die für den 25. April geplante Neuwahl des Thüringer Landtages steht wegen der Corona-Pandemie auf der Kippe. Mit Blick auf die hohen Infektionszahlen sprach sich die Grünen-Fraktion dafür aus, eine Verschiebung der Parlamentsauflösung und damit der Neuwahl ins Auge zu fassen. Angesichts der Lage sei es ein „Gebot der Vernunft, auch über den bisher anvisierten Neuwahltermin neu nachzudenken“, sagte Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich am Montag.

Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Hey äußerte sich skeptisch, dass der angepeilte Neuwahltermin noch eingehalten werden kann. „Ich habe keinen Zweifel am Sinn einer Neuwahl im April, aber ich habe erhebliche Zweifel an der Durchführbarkeit einer Landtagswahl. Und diese Zweifel wachsen mit jeder Neuinfektion im Land“, sagte Hey der Deutschen Presse-Agentur.

Zuvor hatte sich bereits Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) in einem Interview im ZDF-„heute journal“ skeptisch geäußert, ob der

25. April als Wahltermin gehalten werden kann. Die Fraktions- und Landesvorsitzende der Linken, Susanne Hennig-Wellsow, sagte, ihre Fraktion gehe mit der Position in die Beratungen, dass eine Abstimmung über die Auflösung des Landtages zunächst fristgerecht beantragt werden soll. Bleibe das Infektionsgeschehen so groß wie derzeit oder verschlechtere sich sogar, könne man diesen Antrag wieder zurückziehen.

Für eine Neuwahl muss der Thüringer Landtag zunächst mit einer Zweidrittelmehrheit aufgelöst werden. Anschließend bleiben nur 70 Tage Zeit, um ein neues Parlament zu wählen - so sieht es die Landesverfassung vor. Die Abstimmung für eine Auflösung muss beantragt werden - dafür sind nur Stimmen von einem Drittel der 90 Landtagsabgeordneten nötig. Linke, SPD und Grüne kommen zusammen auf 42 Stimmen.

„Wahlkampf lebt von direkter Kommunikation“

Rothe-Beinlich wies darauf hin, dass der Inzidenzwert derzeit in allen kreisfreien Städten und Landkreisen Thüringens bei mehr als 200 Infektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen liege. Sie und Hey gaben auch zu bedenken, dass nach einer Auflösung des Landtages die Kreisverbände aller Parteien, die zur Wahl antreten, zu Kreisversammlungen einladen müssten, um Delegierte zu wählen. Zudem müssten auf Landesparteitagen Listen aufgestellt werden.

„Wahlkampf lebt zudem von direkter Kommunikation mit den Bürger*innen. Und es braucht erfahrungsgemäß etwa 30.000 Wahlhelfer*innen, um eine Landtagswahl reibungslos durchführen zu können. All das ist derzeit nicht zu verantworten“, betonte Rothe-Beinlich.

Die Vorsitzenden und die Parlamentarischen Geschäftsführer der Fraktionen sowie die Parteichefs von Linker, SPD, Grünen und CDU wollen sich am Donnerstag treffen, um über die Auflösung des Landtages und Neuwahlen zu beraten.

Die vier Parteien hatten nach der Thüringer Regierungskrise mit der überraschenden Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich Anfang 2020 zum Ministerpräsidenten einen Stabilitätsmechanismus vereinbart, um im Landtag Mehrheiten bilden zu können. Seit der anschließenden Wahl von Bodo Ramelow (Linke) zum Ministerpräsidenten regiert in Thüringeneine Minderheitskoalition von Linke, SPD und Grünen, die auf Stimmen der CDU im Landtag angewiesen ist.

Die Grünen würden April-Termin mittragen

Die Stabilitätsvereinbarung beinhaltete aber auch, dass dieses Modell nach der Verabschiedung eines Haushalts ausläuft und die Beteiligten anschließend einer Auflösung des Landtages zustimmen, sodass am

25. April ein neuer Landtag gewählt werden kann. Den Haushalt für 2021 hatten die vier Fraktionen im Dezember verabschiedet.

Für eine Verschiebung der verabredeten Parlamentsauflösung und damit der Neuwahl müssten sich die vier Fraktionen auch auf einen neuen Wahltermin einigen. Im Gespräch ist dem Vernehmen nach, zusammen mit Sachsen-Anhalt im Sommer zu wählen oder den Termin auf die geplante Bundestagswahl am 26. September zu legen. Die Grünen-Fraktion kündigte an, auch das Beibehalten des April-Termins mittragen zu wollen, sollte dies das Ergebnis der Verhandlungen sein.

Die CDU-Fraktion hielt sich zunächst bedeckt. Fraktionschef Mario Voigt sagte: „Das, was verabredet ist, gilt.“ Die Linksfraktion habe aber Gesprächsbedarf signalisiert, weshalb man am Donnerstag über das weitere Vorgehen beraten werde. (dpa)