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Grundsteuer-Erklärung: Finanzministerium in Sachsen gegen Fristverlängerung

Höchstens ein Drittel der Grundeigentümer in Deutschland haben bisher eine Steuererklärung abgegeben. Finanzminister Lindner will die Frist deshalb verlängert sehen. Das Finanzministerium in Sachsen ist dagegen.

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Finanzminister Christian Lindner möchte in dieser Woche das Gespräch mit den Ländern suchen, um die Abgabefrist der Grundsteuererklärung zu verlängern.
Finanzminister Christian Lindner möchte in dieser Woche das Gespräch mit den Ländern suchen, um die Abgabefrist der Grundsteuererklärung zu verlängern. © dpa

Berlin. Viele Bürger fühlen sich schlichtweg überfordert, in den Finanzämtern droht Überlastung: Bei der Reform der Grundsteuer läuft vieles nicht rund. Vier Wochen vor Ende der Frist hat nicht einmal jeder dritte Haus- und Wohnungsbesitzer seine Unterlagen online abgegeben. Finanzminister Christian Lindner wirbt für Realismus: Manchen Bürgern sei es gerade einfach zu viel. "In diesen Zeiten haben wir alle anderes und Wichtiges zu tun, andere und größere Sorgen", sagte der FDP-Politiker am Mittwoch. Wer seine Daten noch nicht eingereicht hat, kann jetzt auf Aufschub hoffen.

Noch in dieser Woche will Lindner das Gespräch mit den Ländern suchen, um die Abgabefrist um mehrere Monate zu verlängern, wie er im "Frühstart" von RTL/ntv sagte. Er werde eine "maßvolle Verlängerung" vorschlagen, erläuterte der Finanzminister später. "Wir sollten uns nicht zu viel Druck machen bei der Grundsteuer."

Länder reagieren zurückhaltend - Sachsen dagegen

Eigentlich läuft die Frist zur Einreichung der Unterlagen bei den Finanzämtern Ende Oktober aus. Zuständig dafür sind die Bundesländer, Lindner allein kann also nicht viel ausrichten. Erste Länder signalisierten am Mittwoch, sie seien offen für eine Verlängerung - bremsten den Finanzminister jedoch zugleich. Bremen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern lehnten den Vorstoß direkt ab. Mehr Zeit führe nur dazu, dass die Erklärung weiter vor sich her geschoben werde, argumentierten sie.

Eine allgemeine Verlängerung werde "derzeit nicht für notwendig erachtet", teilte das sächsische Finanzministerium am Mittwoch auf Anfrage mit. In den allermeisten Fällen sei die viermonatige Erklärungsfrist bis Ende Oktober ausreichend.

Das Finanzministerium in Dresden verweist darauf, dass in Sachsen "nur noch wenige, vergleichsweise einfach zu ermittelnde Parameter" in die Grundsteuer einflössen. Eine pauschale Verlängerung der Frist werde auch deshalb kritisch gesehen, weil das Bundesverfassungsgericht in seinem Grundsteuer-Urteil "strenge zeitliche Vorgaben" aufgestellt habe. Sie seien nur zu erfüllen, wenn die Erklärungen rechtzeitig bei den Finanzämtern eingingen.

Der Dresdner Bundestagsabgeordnete Torsten Herbst (FDP) sprach sich für eine Verlängerung der Abgabefrist bis "mindestens Jahresende 2022" aus. Die Neuberechnung der Grundsteuer greife ohnehin erst im Jahr 2025. "Die Abgabe der Grundsteuererklärung stellt sich für Immobilieneigentümer in Sachsen und ganz Deutschland als höchst bürokratische Aufgabe heraus. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass in Sachsen bis vor kurzem gerade einmal ein Sechstel aller Grundsteuererklärungen abgegeben worden sind."

Die anderen Länder wollen am bisherigen Plan festhalten, die Fortschritte bei der Grundsteuererklärung in der kommenden Woche erst einmal zu bewerten. Zuletzt hätten die Einreichungen deutlich zugenommen, wie so häufig kurz vor einem Fristende in Steuerangelegenheiten. Von Lindners öffentlicher Ankündigung zeigten sich die Länder-Kollegen nicht begeistert.

Verfassungsgericht forderte Neuberechnung

Ab 2025 soll die neue Grundsteuer-Berechnung gelten. Das hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert, denn zuletzt kalkulierten die Finanzämter den Wert einer Immobilie auf Grundlage völlig veralteter Daten, von 1935 in Ostdeutschland und von 1964 in Westdeutschland. Für die Neuberechnung müssen jetzt fast 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden.

Die Steuerbehörden stehen damit vor einem ihrer größten Projekte in der Nachkriegsgeschichte. Von allen Eigentümern brauchen sie Daten. Meist geht es um die Grundstücks- und Wohnfläche, die Art des Gebäudes, Baujahre und den sogenannten Bodenrichtwert, die die Besitzer in einer Art zusätzlichen Steuererklärung über die Steuersoftware "Elster" oder ein Portal des Finanzministeriums hochladen müssen. Behörden-Steuersprache inklusive. Schon vor dem Start warnten Experten, das könne schiefgehen, weil es viel zu kompliziert sei.

Technikprobleme bei der Steuer-Software

Bedarf, das Antragssystem für die Grundsteuer zu vereinfachen, sieht Lindner aber nicht. "Die Anträge sind ja schon vergleichsweise vereinfacht digital. Das ist für viele inzwischen erreichbar", sagte er. "Aber da, wo es noch ein Problem gibt - ich höre das von Rentnerinnen und Rentnern, die mir öfter schreiben - da ist vielleicht auch ein bisschen Zeit hilfreich", argumentierte er.

Seit dem 1. Juli nehmen die Finanzbehörden die Daten entgegen. Wenige Tage später offenbarten sich bereits technische Schwierigkeiten: Vorübergehend war "Elster" lahmgelegt, weil viele Bürger gleichzeitig die Grundsteuer-Seite aufrufen wollten. Selbst Eigentümer von Kleingärten müssen eine Erklärung abgeben, zusätzlich zu Millionen Hausbesitzern und Eigentümern einer Wohnung.

Grundsteuer hat großen Anteil an kommunalen Steuereinnahmen

Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Sie deckte vor der Corona-Krise etwa 15 Prozent ihrer Steuereinnahmen, aus denen dann etwa Straßen, Schwimmbäder oder Theater bezahlt werden. Es ist eine jährliche Steuer auf den Besitz von Grundstücken und Gebäuden - doch ein Vermieter kann sie über die Nebenkostenabrechnung auch auf die Mieter umlegen. Bei den meisten Wohnungseigentümern geht es um einige Hundert Euro im Jahr, bei Eigentümern von Mietshäusern dagegen oft um vierstellige Beträge.

Höhe der Grundsteuer für Eigentümer weiter offen

Wie viel Grundsteuer die einzelnen Eigentümer ab 2025 tatsächlich zahlen müssen, wird noch eine Weile offen bleiben. Denn das hängt entscheidend von den sogenannten Hebesätzen der Gemeinden ab. Diese Faktoren können in den rund 11.000 deutschen Gemeinden zwischen 0 und auch schonmal mehr als 1.000 Prozent liegen. Und sie müssen erst zum 1. Januar 2025 festgelegt werden. Die Gemeinden sind zwar angehalten, ihre Einnahmen in etwa auf dem gleichen Niveau zu belassen wie jetzt, verpflichtet sind sie dazu jedoch nicht. (dpa)