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Scharfe Kritik an Kretschmer nach Vorschlag zur Kürzung von Asyl-Leistungen

Sachsens Ministerpräsident kritisiert, dass die Deutschen mit zu hohen Leistungen zu viele Menschen anlockten. Widerspruch kommt von Grünen und SPD.

Von Annette Binninger
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Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) fordert eine Kürzung der Asylbewerber-Leistungen.
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) fordert eine Kürzung der Asylbewerber-Leistungen. © Archivbild: dpa/Heiko Rebsch

Dresden/München. Auf heftigen Widerspruch bei seinen Koalitionspartnern, den Grünen und der SPD, ist die Forderung von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gestoßen, Leistungen von Asylbewerbern in Deutschland zu kürzen.

Sachsens Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther (Grüne) wies via Twitter darauf hin, dass jedem Menschen, der in Deutschland lebe, ein "menschenwürdiges Existenzminimum" zustehe. "Es ist ein Grundrecht. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Grundrecht klar bestätigt. Das in Frage zu stellen, ist in einem Rechtsstaat kreuzgefährlich", warnte Günther. Zugleich wies er darauf hin, dass Deutschland Zuwanderung brauche. Entscheidend sei, dass Menschen "so schnell wie möglich in Arbeit kommen (...), anstatt ihnen weiterhin Steine in den Weg zu legen", so Günther. "Die Menschen, die hier ankommen, wollen arbeiten und selbstbestimmt leben. Das hilft auch uns als Gesellschaft."

Kretschmer hatte am Wochenende in einem Interview mit dem Münchner Merkur die Leistungen für Asylbewerber in Deutschland infrage gestellt. "Wir müssen dringend über Leistungen an Asylbewerber reden und das in Europa vergleichen", sagte Kretschmer dem Merkur. "Ganz offensichtlich ist das der zentrale Punkt, warum alle Asylbewerber quer durch Europa zu uns wollen." Der CDU-Politiker schlug eine überparteiliche Kommission vor, die binnen sechs Monaten Vorschläge vorlegen könnte. "Wenn wir eine funktionierende EU und offene Binnengrenzen haben wollen, müssen wir unsere Leistungen senken und an einen europäischen Wert anpassen", sagte Kretschmer.

Scharfe Kritik an Kretschmers Vorstoß kam auch von Sachsens SPD-Co-Landeschef Henning Homann. "Die CDU Sachsen profiliert sich bundespolitisch gezielt auf dem Rücken von Minderheiten und das mit Vorschlägen, die spätestens am Bundesverfassungsgericht scheitern."

Das oberste deutsche Gericht hatte erst im vergangenen Jahr über die Leistungen für Asylbewerber entschieden. "Das ist nicht seriös und soll davon ablenken, dass die CDU mit einer neuen Praxisgebühr, den Einschränkungen beim Streikrecht und Kürzungen beim Bürgergeld massive Belastungen für die große Mehrheit der hart arbeitenden Menschen plant", so Homann.

Auch Sachsens Sozialministerin Petra Köpping kritisierte indirekt Kretschmers Äußerungen. "Die wenigsten Menschen auf der Flucht suchen bei uns die soziale Hängematte", teilte sie via Twitter mit. "Die meisten Menschen wollen unbedingt und sofort arbeiten, um unabhängig zu sein." Daher müssten Asylverfahren schnell bearbeitet werden und die Menschen zügig in Arbeit kommen. "Doch das lassen wir in den seltensten Fällen sofort zu und zwingen sie damit in das Sozialsystem", so Köpping.

Der SPD hatte Kretschmer im Merkur-Interview Schwäche im Machtgefüge der Berliner Ampel-Koalition vorgeworfen: "Doch die SPD schafft es nicht, sich gegen die Grünen in der Bundesregierung durchzusetzen."

Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe als Vizekanzler 2018 einer Obergrenze bei der Zuwanderung zugestimmt. "Was damals richtig war, kann heute nicht falsch sein", sagte Kretschmer. (dpa)