Update Politik
Merken

Trotz heftiger Kritik: Bundestag stimmt Bürgergeld zu

Das Bürgergeld soll Hartz-IV ablösen und hat nun im Bundestag die erste Hürde genommen. Doch die Union droht im Bundesrat mit Blockade.

 3 Min.
Teilen
Folgen
Kanzler Olaf Scholz wirft seine Stimmkarte ein: Der Bundestag hat mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP für das Bürgergeld gestimmt. Aus der Opposition gibt es heftige Kritik.
Kanzler Olaf Scholz wirft seine Stimmkarte ein: Der Bundestag hat mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP für das Bürgergeld gestimmt. Aus der Opposition gibt es heftige Kritik. © dpa/Michael Kappeler

Berlin. Der Bundestag hat das von der Ampel-Koalition geplante Bürgergeld auf den Weg gebracht. SPD, Grüne und FDP stimmten am Donnerstag mit ihrer Mehrheit für das Gesetz. In namentlicher Abstimmung votierten 385 Abgeordnete dafür, 261 dagegen. Es gab 33 Enthaltungen.

Das Bürgergeld soll mit dem Jahreswechsel schrittweise das heutige Hartz-IV-System ablösen. Allerdings ist dafür noch eine Zustimmung im Bundesrat nötig, der voraussichtlich am Montag darüber entscheidet. Die Union hat damit gedroht, das Bürgergeld dort zu blockieren, weil es aus ihrer Sicht die Motivation senkt, eine Arbeit anzunehmen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) warb nach der Debatte im Bundestag um Zustimmung in der Länderkammer. "Falls das nicht gelingen sollte, gibt es noch eine Chance, nämlich die Möglichkeit, in einem zügigen Vermittlungsverfahren zu Ergebnissen zu kommen."

Hubertus Heil am Donnerstag im Bundestag
Hubertus Heil am Donnerstag im Bundestag © dpa/Michael Kappeler

Man müsse aber bis spätestens Ende November fertig sein, damit das Bürgergeld zum 1. Januar in Kraft treten könne. Mit Vermittlungsverfahren ist eine Kompromisssuche im gemeinsamen Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat gemeint.

Im Bundestagsplenum lieferten sich Vertreter der Ampel-Koalition und der Opposition vor der Schlussabstimmung Wortgefechte. Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Hermann Gröhe (CDU) warf der Ampelkoalition vor, sich jeglicher Debatte über die "Webfehler" des Bürgergeld-Gesetzes zu verweigern und Kritik an der Reform von anderer Stelle, etwa von Städtetag und Landkreistag, zu ignorieren. "Mit dieser Arroganz bringen Sie den Sozialstaat nicht nach vorne, mit dieser Arroganz werden Sie scheitern!", sagte Gröhe.

Auch AfD und Linke äußerten Kritik an den Gesetzesplänen - allerdings aus sehr unterschiedlichen Gründen. Der stellvertretende AfD-Fraktionschef Norbert Kleinwächter sagte, das Bürgergeld helfe künftig vor allem Menschen, die nicht willens seien zu arbeiten. Nach Ansicht von Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch kommt es mit den Reformplänen nicht zu einer wirklichen Abkehr von Hartz-IV. Die Regelsätze würden zu spät erhöht und seien insgesamt zu niedrig, sagte Bartsch.

Friedrich Merz verfolgt die Debatte im Bundestag
Friedrich Merz verfolgt die Debatte im Bundestag © dpa/Michael Kappeler

Heil verteidigte die Pläne: Es handele sich um die "größte Sozialstaatsreform seit 20 Jahren". Sie solle es Menschen ermöglichen, auch nach langer Zeit der Arbeitslosigkeit wieder eine berufliche Perspektive zu finden. Im System sei etwas falsch, wenn Menschen lediglich immer wieder in Hilfstätigkeiten vermittelt würden, statt dauerhaft Arbeit zu finden, erklärte er.

Abgeordnete von Grünen und FDP wiesen die seit Wochen geäußerte Kritik vor allem aus CDU und CSU mit scharfen Worten zurück. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, nannte es "schizophren und unredlich", dass die Union behaupte, dass Menschen mit Bürgergeld künftig mehr Geld hätten als Geringverdiener. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann warf CDU-Chef Friedrich Merz vor, sich "in Vorurteilen gegenüber Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind" zu ergehen und "Sozialneid" zu schüren.

Die Ampel-Pläne für das Bürgergeld sehen eine Erhöhung des heutigen Regelsatzes von 449 Euro für Alleinstehende auf 502 Euro vor. Arbeitslose sollen zudem künftig weniger durch angedrohten Leistungsentzug (Sanktionen) unter Druck gesetzt und dafür bei Weiterbildungsmaßnahmen stärker unterstützt werden. Zudem sollen Vorgaben zur erlaubten Vermögenshöhe und zur Wohnungsgröße bei Leistungsbeziehern gelockert werden. (dpa)