Istanbul/Berlin. (dpa) - Nach der abgebrochenen Durchsuchung eines türkischen Frachtschiffs durch deutsche Marinesoldaten hat eine Tageszeitung in der Türkei Bundeskanzlerin Angela Merkel als Piratin dargestellt. Die CDU-Politikerin war in der Dienstagsausgabe der oppositionellen Zeitung "Sözcü" mit Piratenhut, Jacke und Schwert abgebildet. Darunter steht: "Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel schweigt zur Piraterie." Als Titel schrieb das Blatt auf Deutsch: "Deutsche Piraterie". Die regierungsnahe Zeitung "Yeni Safak" titelte: "Piraterie im Mittelmeer".
Die deutsche Marine war am Sonntagabend im Rahmen der EU-Mission zur Kontrolle des UN-Waffenembargos gegen Libyen an Bord eines türkischen Frachtschiffs im Mittelmeer gegangen. Die Soldaten wollten die Ladung kontrollieren, mussten die Aktion jedoch nach Angaben des Einsatzführungskommandos abbrechen, weil die Türkei als Staat, dessen Flagge das Schiff trug, ein Veto eingelegt hatte.
Die Türkei wertet die Kontrolle des Frachtschiffs als rechtswidrig und hatte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Montag den Geschäftsträger der Deutschen Botschaft aus Protest einbestellt. Auch die Botschafter Italiens und der Europäischen Union seien wegen des Vorfalls einbestellt worden, berichtete Anadolu unter Berufung auf das Außenministerium in Ankara. Man habe ihnen eine diplomatische Note überreicht, in der deutlich gemacht wurde, dass die Aktion gegen internationales Recht verstoße und die Türkei sich das Recht auf Entschädigung vorbehalte. Eine offizielle Bestätigung für die Einbestellung lag zunächst nicht vor.
AKK verteidigt Kontrolle des türkischen Frachters
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer verteidigte unterdessen die Kontrolle des türkischen Frachtschiffes durch die Bundeswehr. "Die Bundeswehrsoldaten (haben) sich vollkommen korrekt verhalten", sagte die CDU-Chefin am Dienstag bei einem außenpolitischen Forum der Körber-Stiftung in Berlin. "Sie haben das getan, was im Rahmen des europäischen Mandates "Irini" von ihnen verlangt wird." Die Mission "Irini" soll Waffenlieferungen in das Bürgerkriegsland Libyen unterbinden.
Bei dem Einsatz der deutschen Fregatte "Hamburg" am Sonntagabend waren die Soldaten nach Angaben des Einsatzführungskommandos rund 200 Kilometer nördlich der libyschen Stadt Bengasi an Bord eines verdächtigen Frachtschiffes gegangen, um die Ladung zu kontrollieren. Einige Stunden später mussten die deutschen Soldaten wegen des Vetos den Einsatz abbrechen. Kramp-Karrenbauer betonte, es gebe keinen Grund für die türkischen Vorwürfe, die "jetzt gegenüber den Soldatinnen und Soldaten erhoben werden". (dpa)