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Bielatal: "Als Bürgermeister ist man kein Einzelkämpferpräsident"

Tino Bernhardt ist stellvertretender Bürgermeister in Rosenthal-Bielatal. Jetzt kandidiert er für den Chefsessel. Warum er kein Freund von Wahlversprechen ist.

Von Katarina Gust
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Kein Freund von großen Wahlversprechen: Tino Bernhardt, der in Rosenthal-Bielatal als Bürgermeister kandidiert.
Kein Freund von großen Wahlversprechen: Tino Bernhardt, der in Rosenthal-Bielatal als Bürgermeister kandidiert. © Steffen Unger

Er hat als Polizist Straftäter verfolgt und gleichzeitig als Faschingsprinz gute Laune verbreitet: Tino Bernhardt aus Rosenthal-Bielatal lässt sich nicht so einfach in eine Schublade stecken. Mit seinen unterschiedlichen Facetten will der 43-Jährige bei der Bürgermeisterwahl am 12. Juni punkten, wenn er gegen Amtsinhaber Gebhard Moritz antritt.

Beide kennen sich schon seit Jahren, denn der Polizeibeamte und studierte Verwaltungsfachwirt bringt kommunalpolitische Erfahrung mit. Seit 2008 sitzt er für die Freien Wähler im Gemeinderat, seit 2019 vertritt er Moritz zudem als stellvertretender Bürgermeister. Das politische Engagement kam nicht von ungefähr. "Wir hatten damals einen überalterten Gemeinderat. Bei wichtigen Themen wie Kita oder Schule fehlte oft der direkte Bezug, den man als jüngerer Mensch mit Familie automatisch hat", erzählt der dreifache Familienvater.

Alternative bieten zum jetzigen Amtsinhaber

Also stellte er sich selbst zur Kommunalwahl - und schaffte es prompt in den Rat. Die Arbeit dort mache ihm Spaß. Vor allem, weil es in Rosenthal-Bielatal keinen Partei- oder Fraktionszwang gäbe. "Uns geht es bei der Ratsarbeit um die Frage, ob es dem Ort guttut und es uns voranbringt", erklärt Bernhardt.

Den Schritt aus dem Gemeinderat hinaus in die erste Reihe will der 43-Jährige aus einer ganz bestimmten Motivation gehen. Bürgermeister Moritz (CDU) hätte zwar zwei Legislaturperioden lang nicht alles schlecht gemacht. Die Freien Wähler stellen jedoch die stärkere Gruppe in der etwa 1.500-Seelen-Gemeinde. "Deshalb wollen wir eine Alternative bieten", sagt Tino Bernhardt. Vor allem für die, die Kritik am jetzigen Ratschef äußern.

Tino Bernhardt will als möglicher neuer Bürgermeister "das Rad nicht neu erfinden", wie er sagt. Sein Fokus liegt auf der Bürgernähe und der Zusammenarbeit. Er hat das Gefühl, dass viele Einwohner zu wenig informiert sind über das, was in der Kommune läuft - oder eben nicht. "Wenn wir sie durch mehr Transparenz in unserer Arbeit besser mitnehmen, kann das Ärger reduzieren", ist er überzeugt.

Er selbst sieht sich als Teamplayer. "Als Bürgermeister ist man kein Einzelkämpferpräsident", äußert er. Gemeinsam mit den Freien Wählern und den Einwohnern will er dafür sorgen, dass Rosenthal-Bielatal lebenswert bleibt. Wichtig dafür sei vor allem ein stabiler Schulstandort und eine moderne Kita. Nur so bekomme man junge Familien aufs Dorf.

Eine Entscheidung, vor der Bernhardt und seine Frau selbst schon standen. Sie stammt aus Dresden, er aus Bielatal. In die große Landeshauptstadt ziehen oder auf dem Land eine Familie gründen? Bernhardt konnte seine Frau Sylvia überzeugen. Nur wenige Hundert Meter von seinem Elternhaus entfernt haben sie ein Haus gebaut, in dem sie nun mit drei Töchtern leben.

Kritik an Anbindung an den Nahverkehr

Ausbaupotenzial sieht Tino Bernhardt im Bereich Tourismus. Rosenthal-Bielatal sei ein klassisches Ziel für Tagestouristen. Vor allem Kletterer und Bergsteiger zieht es in die Region, aber auch Wanderer. Mancher Tourist bleibt auch mehrere Tage. Große Hotels oder Pensionen gibt es in der Kommune nicht, dafür viele kleinere Vermieter. Für Bernhardt absolut ausreichend. Mit der Ottomühle und dem Imbiss gegenüber seien die Ausflügler generell erst einmal versorgt. "Mehr Gastronomie wäre natürlich schön, muss sich aber auch rechnen", sagt er realistisch.

Er freut sich deshalb über die Pläne von Sandra und Marco Löbel, die den Gasthof Hermsdorf gekauft, um sich dort den Traum von einer Pension mit Café und Biergarten zu erfüllen. "Was sie vorhaben, ist ein Gewinn für unseren Ort", sagt Bernhardt anerkennend.

Was in seinen Augen fehlt, ist eine vernünftige Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Die nächste S-Bahn hält erst in Königstein. In Rosenthal-Bielatal seien Einwohner und Besucher auf den Bus angewiesen. "Die Fahrtzeiten machen uns unglücklich", kritisiert er. Der Fahrradbus verkehre beispielsweise nur an einem Tag am Wochenende. Urlauber würden das mitgebrachte Rad aber gern öfter nutzen. Dass dieses Problem von Tino Bernhardt nicht direkt gelöst werden kann, ist ihm klar. Denn dafür ist kein Bürgermeister, sondern der Regionalverkehr Sächsische Schweiz-Osterzgebirge zuständig. Der 43-Jährige ist generell kein großer Freund von Versprechen. Erst recht nicht im Wahlkampf. "Dafür werde ich mich nicht verstellen. Ich bin, wer ich bin", sagt er gerade heraus.

Bernhardt wird - sollte er die meisten Wählerstimmen für sich gewinnen - den Bürgermeisterposten als Ehrenamt begleiten. So wie Amtsinhaber Gebhard Moritz auch. Das ist auch der Verwaltungsgemeinschaft mit Königstein geschuldet, zu der auch Struppen, Rathen und Gohrisch gehören. Der 43-Jährige will seinen Job als Polizist im Innenministerium in Dresden behalten - egal wie die Wahl ausgeht. Wie das funktionieren soll? Laut Bernhardt seien beide Posten gut miteinander vereinbar. "Als Polizist habe ich generell 12-Stunden-Schichten", erklärt er. Pro Monat arbeite er in der Regel deshalb nur 13 bis 14 Tage. Die freie Zeit könne er dann in das Bürgermeisteramt stecken.