Hilbert: "Herr Pallas greift mit einer Frechheit an, das macht mich dünnhäutig"

Dresden. Seit über 20 Jahren ist Dirk Hilbert (FDP) an der Dresdner Stadtspitze. Zuerst als Wirtschaftsbürgermeister, dann als Stellvertreter von Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU). Vor sieben Jahren wurde Hilbert dann zum Dresdner OB gewählt. Jetzt stellt er sich zur Wiederwahl, will am 12. Juni eine zweite Amtszeit gewinnen. Er ist der klare Anwärter auf den Sieg. Doch er quält sich durch den Wahlkampf.
Als Anfang März klar war, dass die Dresdner CDU keinen eigenen Kandidaten aufstellen wird, sondern Amtsinhaber Hilbert unterstützt, liefen in der CDU satte Wetten auf dessen Sieg mit absoluter Mehrheit im ersten Wahlgang. Viel ist von dieser Euphorie nicht geblieben.
Holpriger Start in den Wahlkampf
Zu holprig verlief Hilberts Start in den Wahlkampf. Weil sein Unterstützer-Verein "Unabhängige Bürger für Dresden" Fehler im Nominierungsverfahren machte, drohte er vom Wahlzettel für die Oberbürgermeisterwahl zu fliegen. Erst die juristisch umstrittene Rechtsauffassung der Landesdirektion, Hilbert dürfe sich solch einen Fehler leisten, rettete ihn.
Fehlendes Engagement kann man dem Oberbürgermeister nicht vorwerfen. Nicht in den letzten Jahren und auch nicht aktuell im Wahlkampf. Sechs Tage pro Woche ist Hilbert gefordert. "Ich verlasse früh um sieben unsere Wohnung und bin abends gegen 23 Uhr wieder da. Aktuell bin ich nur zum Schlafen zu Hause", so Hilbert.
Ein Pensum, das Einschnitte und Zugeständnisse fordert. "Großer Respekt an mein Team, meine Frau und meinen Sohn. Er macht jetzt schon Dinge, die bekommen andere nicht hin, wenn sie ausziehen. Er kocht sich sein Essen teilweise selber, er hilft im Haushalt."
Dennoch wirkt der amtierende OB bei öffentlichen Auftritten manchmal ausgelaugt, teils lustlos. Auf einigen Wahlkampf-Foren erscheint Hilbert desinteressiert. Beobachter kritisieren seinen Griff zum Handy während Debatten, seinen mangelnden Angriffswillen.
Deutliche Kritik vor allem am SPD-Kandidaten
Desinteresse oder fehlendes Engagement verneint der OB vehement und wird dabei ungewöhnlich deutlich: "Auf den Podien bin ich über politisches Geschwätz genervt, über unwidersprochen bleibende falsche Behauptungen." Den OB-Kandidaten der SPD, Albrecht Pallas, attackiert Hilbert ganz direkt. "Bei Herrn Pallas wundere ich mich schon manchmal. Wie er versucht, Themen zu platzieren, das ist eine Unverschämtheit, da bleibt mir schier der Atem weg."
Hilberts Vorwurf an den SPD-Kandidaten: Die SPD stelle seit vielen Jahren den Wirtschaftsminister, erreiche jedoch kaum etwas. "Herr Pallas ist noch nie mit dem Thema Wirtschaft aufgefallen, greift jetzt aber mit einer Frechheit an, das macht mich dünnhäutig."
Hilbert selbst setzt stark auf seine unabhängige und überparteiliche Kandidatur, um erneut OB zu werden. "Ich habe keine Lust, zu irgendeiner Partei zu rennen und dort Männchen zu machen." Erneut wird der 50-Jährige persönlich: "Wer lieber eloquente Politiker-Typen wie Herrn Krah, Herrn Pallas oder Herrn Schollbach haben will, der soll sie wählen." Wer Ehrlichkeit und Sachverstand will, der solle Hilbert wählen.
Unpopuläre Entscheidungen für einen FDP-Bürgermeister
Tatsächlich agierte der OB im Stadtrat in den letzten sieben Jahren meist überparteilich. Entgegen den Überzeugungen der FDP stimmte Hilbert für die kommunale Wohnungsbaugesellschaft WiD, er ist für den Erwerb von 3.000 Vonovia-Wohnungen.
Hilbert setzt sich außerdem für eine Stärkung der Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) ein und spricht die Parkgebührenerhöhung an, die im vergangenen Jahr nicht gerade gering ausfiel. "Im innerstädtischen Bereich sollte gelten: Eine Stunde parken kostet so viel wie eine Stunde DVB fahren. Diesbezüglich hat ein erster Schritt in Richtung Angleichung stattgefunden."
Seine Partei, die FDP, hatte Anläufe unternommen, die Parkgebührenerhöhung zu kippen. Hilberts Position dazu wird aber akzeptiert. "Wir sind zu klein, um dem OB eine dauerhafte Mehrheit zu sichern. Zwischen uns gibt es keine Missstimmung", heißt es aus der FDP.
"Der OB passt von seiner Art her zu den Menschen hier"
Tatsächlich sprechen viele Kennzahlen für Dresden und für Hilbert. Die Gewerbesteuereinnahmen sind um 50 Prozent gewachsen. 25.000 neue sozialversicherungspflichtige Jobs sind in den letzten Jahren entstanden. Dirk Hilbert legt Wert darauf, dass Dresden gut aufgestellt ist. Darauf angesprochen, ob er als erneut gewählter OB weiter wie bisher arbeiten würde, antwortete Hilbert: "Ein Weiter so wäre nicht das Schlechteste."
Hilbert selbst sieht Dresden nicht nur auf einen guten Weg, er spüre auch die Wertschätzung der Dresdner. "Ich laufe oft zu den Wahlforen. Die Menschen grüßen freundlich, sie rufen: 'Meine Stimme haben sie'. Das ist auch eine Form der Wertschätzung. Wenn ich nur in der Zeitung oder in Foren lese würde, da kann man depressiv werden."
Laut Dirk Hilbert sind die Dresdner "stolz auf ihre Stadt, sie sind stolz, hier zu leben, und können sich oft nichts anderes vorstellen."
Am Ende bleibt ein Satz hängen, den ein enger Wegbegleiter über Dirk Hilbert gesagt hat: "Der OB passt von seiner Art her einfach zu den Menschen hier in seiner Stadt." Gemeint ist seine gemütliche ausgleichende Art, sein Stolz auf Dresden. Kaum etwas charakterisiert den OB besser, allein das kann seine Wiederwahl sichern.
Und: Mit einer stoischen Gelassenheit erträgt Hilbert seit Jahren die permanenten Provokationen, egal ob im Stadtrat oder in der Dresdner Öffentlichkeit. Alles das perlt an ihm ab. Auch das kann von Vorteil sein, um für sieben weitere Jahre an der Stadtspitze gerüstet zu sein.
Diese Kandidaten-Porträts zur OB-Wahl sind bisher erschienen:
- Eva Jähnigen (Grüne): "Die Frage ist, ob ein OB bereit ist, Dinge durchzusetzen"
- Maximilian Krah (AfD): Maximilian, der Identitäre
- Albrecht Pallas (SPD): "Ich möchte Rad- und Autofahrer nicht gegeneinander ausspielen"
- André Schollbach (Linke): "Ich werde mit Dirk Hilbert ins Duell gehen"
- Martin Schulte-Wissermann (Piraten): "Ich sehe sonst keinen, der die Verkehrs- und die Klimawende anschiebt"