Dresdner OB-Wahl: Wer ist der Favorit im zweiten Wahlgang?

Dresden. Die Landeshauptstadt hat gewählt. Weil keiner der Bewerber eine absolute Mehrheit errang, kommt es am 10. Juli zum zweiten Wahlgang. Dort hat Amtsinhaber Dirk Hilbert (32,5 Prozent) die auf den ersten Blick besten Karten. Er liegt klar vor Eva Jähnigen (Grüne).
Doch Frau Jähnigen (18,9 Prozent) wird im zweiten Wahlgang von allen linken Kandidaten gestützt. Reicht das, um Dresden eine grüne Oberbürgermeisterin bekommen zu lassen?
Wie ist die Ausgangslage?
Bereits im ersten Wahlgang wurde Amtsinhaber Dirk Hilbert im Wahlkampf von der CDU unterstützt. Die Union hing eigene Plakate mit klarer Wahlwerbung für den OB. Zudem half CDU-Parteichef Friedrich Merz Hilbert im Wahlkampf vor Ort in Dresden. Dennoch kam der OB lediglich auf 32,5 Prozent. Das ist ein ordentliches, aber kein sehr gutes Ergebnis. 2015 erreichte Hilbert im ersten Wahlgang aus eigener Kraft 31,7 Prozent Stimmenanteil.
Bereits vor der Wahl hatten Grüne, Linke und SPD vereinbart, den stärksten Kandidaten im zweiten Wahlgang gemeinsam zu unterstützen. Eva Jähnigen kann somit zumindest rechnerisch auf 15,2 Prozent von Albrecht Pallas (SPD) und 10,3 Prozent von André Schollbach (Linke) bauen. Zudem wird Pirat Martin Schulte-Wissermann (2,9 Prozent) sehr wahrscheinlich ebenfalls zur Wahl von Frau Jähnigen aufrufen. Rein rechnerisch hätte die Bewerberin der Grünen damit einen klaren Vorteil.
Hilbert oder Jähnigen - wer wird OB?
"Dirk Hilbert ist immer noch leichter Favorit, aber es wird eng für ihn", sagt Politikwissenschaftler Professor Hans Vorländer von der TU Dresden. Um gewinnen zu können, müsse der Amtsinhaber unbedingt erneut mobilisieren und besonders stark das bürgerliche Lager ansprechen. "Doch das wird schwer. Im zweiten Wahlgang werden wahrscheinlich weniger Menschen wählen gehen, als im ersten", so Vorländer weiter.
Die Stimmen von Grünen, Linken, SPD und Piraten könnten nicht einfach addiert werden. Vor allem die Wähler der Linken hätten eine stärkere soziale Perspektive und kommen laut dem TU-Professor aus anderen Schichten, als zum Beispiel die Wähler der Grünen.
Auch hinsichtlich der SPD gibt es nicht nur Übereinstimmungen. Im Lager der Linken hofft man, die eigenen Anhänger eher aus Gründen des "Pragmatismus" in Richtung Grüne lenken zu können. Nur so könne ein OB Hilbert verhindert werden.
Selbst mit der kompletten Unterstützung der bisherigen linken Kandidaten kann Eva Jähnigen laut Vorländer daher lediglich in etwa auf das Niveau von Amtsinhaber Dirk Hilbert kommen. Die AfD könnte so zum Zünglein an der Waage werden.
Welche Rolle wird die AfD spielen?
Vom Kandidaten mit Außenseiterchancen auf den OB-Posten hin zum reinen Mehrheitsbeschaffer: Der Absturz von AfD-Kandidat Maximilian Krah war rasant. Intern wurde auf Platz zwei hinter Dirk Hilbert gehofft und mit mindestens 20 Prozent Stimmenanteil gerechnet. Im Ergebnis landete Krah mit 14,2 Prozent auf Rang vier. Eine Enttäuschung für die Partei und den ambitionierten Kandidaten. Dessen Chancen in der AfD weiter aufzusteigen, wurden deutlich reduziert.
"Es ist der einzig richtige Weg, sachlich zu überzeugen. Wir müssen analysieren, wie wir in Zukunft besser motivieren, ohne schrill zu werden", sagt Krah, der gleichzeitig die Nähe zu den Querdenkern sucht. "Wir liegen inhaltlich nahe beieinander. Ich denke, das ist eine Basis für zukünftige Zusammenarbeit."
In einem ersten Statement kündigte Krah an, im zweiten Wahlgang erneut zu kandidieren. Doch das würde laut Experten Eva Jähnigen stützen. Hans Vorländer: "Krah kann Hilbert verhindern, wenn er stärker mobilisiert als bisher." Mittlerweile ist in der AfD jedoch auch ein Verzicht denkbar. Krah: "Wir müssen jetzt alle Varianten durchspielen. Wir sind für den zweiten Wahlgang gerüstet, aber final wird am Donnerstag entschieden."
Wie verhalten sich die anderen Parteien?
Bereits wenige Stunden nach ihrer Niederlage rufen die Linken zur Wahl von Eva Jähnigen auf. "Wir rufen unsere Wähler auf, im zweiten Wahlgang ihre Stimme der zweitplatzierten Kandidatin Eva Jähnigen zu geben, um so den überfälligen Wechsel an der Ratshausspitze zu ermöglichen." Inhaltliche Differenzen würden zurückstehen, zu groß sei die Chance auf einen Wechsel.
SPD-Kandidat Albrecht Pallas: "Es gibt die realistische Chance, gemeinsam für einen Politikwechsel im Rathaus zu sorgen. Dresden braucht jetzt eine Oberbürgermeisterin, die die wichtigen Aufgaben anpacken kann. Meine Unterstützung dafür hat Eva Jähnigen."
Deren Partei gibt sich optimistisch: "Das Ergebnis ist eine gute Ausgangslage und eröffnet uns sehr gute Chancen für den zweiten Wahlgang. Anders als Dirk Hilbert können wir jetzt die Kräfte all jener bündeln, die sich einen Wechsel an der Rathausspitze wünschen", erklärt Henriette Mehn (Grüne), Sprecherin des Kreisverbandes. Dresden brauche keinen OB mehr, der "lustlos vor sich hin verwaltet."
Dirk Hilbert spricht hingegen von einem "Sieg im ersten Wahlgang" und leitet daraus "einen klaren Auftrag ab, unsere Stadt weiter mit einer starken Politik anzuführen." Das letzte Wort haben die Wähler am 10. Juli. Dann reicht die einfache Mehrheit für den Wahlsieg.