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AfD rechnet sich in Sachsen ersten Landratsposten aus

Zuletzt hat die AfD bei Wahlen in Deutschland geschwächelt. Doch in Sachsen rechnet sie sich bei den Kommunalwahlen Chancen auf den ersten Landratsposten aus. Wie realistisch ist das?

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Die AfD möchte in Sachsen einen Landratsposten besetzen.
Die AfD möchte in Sachsen einen Landratsposten besetzen. © dpa/Marcus Brandt/Archiv

Schafft sie es - oder scheitert sie erneut? Die AfD greift in Ländern wie Sachsen zumindest regional nach der Macht. Bei der Landratswahl am Sonntag hofft sie auf den bundesweit ersten Landratsposten. Ob einer ihrer Kandidaten die absolute Mehrheit schon im ersten Wahlgang schafft, ist aber mehr als fraglich.

Und auch in Runde zwei liegen die Hürden hoch. Dann könnte sich der Fall wiederholen, der bei der Wahl des Oberbürgermeisters von Görlitz 2019 AfD-Mann Sebastian Wippel den Weg versperrte.

Vertreter anderer Parteien verzichteten damals auf einen neuerlichen Antritt in der zweiten Runde und verhalfen so einem CDU-Politiker zum Sieg.

Man werde alles Menschenmögliche tun, "um Demokratiefeinde von der Spitze unserer Kommunen fernzuhalten", formulierte es der frühere Grünen-Landeschef Norman Volger einen Monat vor der Wahl.

Die Grünen treten mancherorts mit eigenen Kandidaten an, bilden aber auch Bündnisse in unterschiedlichen Konstellationen mit der CDU, FDP, Linken, SPD und parteilosen Kandidaten. Im Landkreis Leipziger Land wollen sie für CDU-Amtsinhaber Henry Graichen stimmen. Man habe sich die jeweiligen Kandidaten angeschaut und unterstützte jene, die mit den Zielen der Grünen am meisten übereinstimmten, sagte Volger.

Im Landkreis Bautzen favorisieren die Grünen gemeinsam mit SPD und Linken den parteilosen Kandidaten Alex Theile. "Der Bündnisgedanke, der uns prägt, das Beste für das Land zu tun, bedeutet auch, die besten Kandidaten zu suchen", sagt Volger. Ziel sei es aber, Landräte und Bürgermeister der AfD zu verhindern. Deshalb müsse man sich über Parteigrenzen hinweg mit anderen demokratischen Parteien zusammentun.

Eine solche Taktik war bei den letzten Bürgermeister- und Landratswahlen 2015 vor allem gegen die damals übermächtige CDU gerichtet. Der damalige CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer - heute Ministerpräsident des Freistaates - hielt das für eine falsche Entwicklung. "Für die Demokratie sind diese Einheitskandidaten schädlich", kritisierte er. "Der Wettbewerb um die besten Ideen, um unterschiedliche Konzepte und auch Persönlichkeiten findet nicht mehr statt." Die Einheitsfront der anderen konnte am Ende jedoch nicht verhindern, dass die Union alle zehn Landratsämter verteidigte.

Jörg Urban will "Filz der CDU auflösen"

Für AfD-Chef Jörg Urban besteht das wichtigste Ziel darin, den "über Jahrzehnte hinweg gewachsenen Filz der CDU aufzulösen". "Gelingt es der AfD künftig einen Landrat zu stellen, wäre das ein großer politischer Erfolg und ein erster Schritt in diese Richtung."

Bündnisse gegen die AfD sind aus Sicht Urbans eine Folge ihres Erstarkens. Das werde aber dauerhaft nicht gut gehen. "Gerade in der CDU-Mitgliedschaft wird die Frage immer lauter gestellt, warum eine vorgeblich konservative Partei eher mit Grünen oder sogar der Linken gemeinsame Sache machen soll, wo doch die Schnittmengen mit der AfD viel größer sind. Ich erwarte deshalb nicht, dass es im zweiten Wahlgang erneut zu flächendeckenden Zweckbündnissen kommt."

Abseits davon gibt zumindest die Landratswahl in anderer Weise einen Einblick in sächsische Gegebenheiten. Denn nach Lage der Dinge wird der Titel Landrätin auch in den kommenden sieben Jahren hier ein Fremdwort sein. 40 Kandidaturen wurden für die Wahl zugelassen, nur fünf stammen von Frauen. Ob eine von ihnen es schafft, steht in den Sternen. Als Favoritinnen gehen weder Kristin Schütz (FDP/Landkreis Görlitz), Janina Pfau (Die Linke/Vogtlandkreis) oder Simone Lang (SPD/Erzgebirgskreis) noch Dorothee Obst (Freie Wähler/Landkreis Zwickau) und die Kandidatin der rechtsextremen "Freien Sachsen" im Landkreis Nordsachsen, Uta Hesse, ins Rennen.

Alle sächsischen Landräte sind in der CDU

In jedem Fall bringt die Wahl der Landräte einen Generationenwechsel mit sich. Derzeit sind alle sächsischen Landräte CDU-Mitglieder. Aber nur drei von ihnen treten zur Wiederwahl an. Neben Henry Graichen sind das Kai Emanuel im Landkreis Nordsachsen und Michael Geisler im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Mit Christoph Scheurer (Landkreis Zwickau) verabschiedet sich Sachsens ältester Landrat nach 31 Jahren aus dem Geschäft. Und auch die beiden ostsächsischen Urgesteine Michael Harig (Landkreis Bautzen) und Bernd Lange (Landkreis Görlitz) setzen einen Schlusspunkt.

Mit Spannung wird nicht zuletzt auf die Oberbürgermeisterwahl in Dresden geschaut - die einzige Großstadt, in der jetzt ein Urnengang ansteht. Neben Amtsinhaber Dirk Hilbert (FDP) stehen eine Kandidatin und vier Kandidaten größerer Parteien zur Wahl: Eva Jähnigen (Grüne), Maximilian Krah (AfD), Albrecht Pallas (SPD), André Schollbach (Linke) und Martin Schulte-Wissermann (Piraten). Jan Pöhnisch vertritt Die Partei. Dazu kommen die Einzelkandidaten Marcus Fuchs - Organisator der Dresdner "Querdenker"-Demos - und Sascha Wolff.

Einen Bewerber gab es bei der letzten Bürgermeister- und Landratswahl 2015 noch nicht. Nachdem die rechtsextreme NPD in der politischen Bedeutungslosigkeit versank, versucht nun mit den "Freien Sachsen" eine rechtsextreme Kleinstpartei zu punkten.

In den Landkreisen Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Nordsachsen und Erzgebirge bewirbt man sich um das Landratsamt, in den Kommunen Dohna, Grimma, Niederfrohna und Strehla um den Posten des Bürgermeisters. (dpa)