Bautzen/Kamenz. Am 12. Juni stellt sich Unternehmer Tobias Jantsch zur Landratswahl im Kreis Bautzen. Der 38-jährige Kamenzer ist verheiratet, zweifacher Vater und unter anderem ausgebildeter Verwaltungsfachangestellter sowie Heilpraktiker.
2013 hat er sein Unternehmen Lavida Fitness gegründet. Als parteiloser Einzelbewerber tritt er gegen Alex Theile (Linke, SPD, Grüne), Frank Peschel (AfD) und Udo Witschas (CDU) an. Amtsinhaber Michael Harig (CDU) kandidiert nicht wieder.
Im Interview mit Sächsische.de erklärt Tobias Jantsch, warum er Landrat werden will, welche Ziele er für den Landkreis Bautzen hat und wie er das Amt führen möchte.
Herr Jantsch, warum wollen Sie Landrat werden?
Nach meinen Beobachtungen im Kreistag über die letzten zwei Jahre ist mir aufgefallen, dass wir immer mehr abrutschen in eine Parteienpolitik, anstatt eine bürgernahe Sachpolitik in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen. Der Landkreis benötigt einen Vermittler, um gemeinsam mit den Bürgern die Möglichkeiten unseres sozialen und wirtschaftlichen Handelns neu ausrichten oder vorantreiben zu können.
Sie haben bislang kaum praktische Erfahrung im Verwaltungsgeschäft. Wie wollen Sie einen Landkreis mit rund 300.000 Einwohnern führen?
Ich bin Verwaltungsangestellter für Kommunalrecht. Auch als Unternehmer sind mir tägliche Verwaltungsprozesse durchaus bekannt. Als Mensch der Praxis weiß ich, wovon ich spreche. Vorwiegend hoffe ich auf frischen Wind im Landkreis, gefolgt von mehr Mitarbeiter- und Bürgernähe.
"Der Puls unserer Region ist und bleibt der Mittelstand"
Wie wollen Sie die herstellen?
Zum Beispiel über meine Internetseite, die seit Oktober letzten Jahres online ist. Diese soll dann auch bestehen bleiben, so dass der Bürger in direkten Kontakt mit mir treten kann. Ich möchte eine neue Art der Kommunikation auch multimedial mit den Bürgern pflegen und sie bei gewissen Projekten befragen. Dies schafft Transparenz.
Sie wollen das Handeln des Landkreises neu ausrichten.Wie stellen Sie sich das vor?
Betrachtet man den Strukturwandel, den wir seit 1990 erleben, so ist es unverzichtbar, dass wir den Puls unserer Region wieder stabilisieren. Und das ist und bleibt unser Mittelstand.
Warum ist der Mittelstand so wichtig?
Die Verwaltung kann natürlich nur Geld ausgeben, das andere verdienen: Und dieses rekrutiert sich zum Großteil aus dem Mittelstand. Die Großindustrie hingegen ist es, die nicht so viel Geld in die Kasse des Kreises einspielt. Und betrachtet man unsere Geschichte, unsere Traditionen, unsere Wertschöpfungsketten, dann sind wir zu weit weggekommen von guter Hände Arbeit, und das dürfen wir auch wieder intensiver in den Fokus stellen. Als Unternehmer kenne ich die Anforderungen des Mittelstandes sowie die Notwendigkeit der Mitarbeitergewinnung, Nachfolge- oder Nachwuchsgenerierung aus der täglichen Praxis.
"Ich möchte dem Kreis eine neue Außenwirkung geben"
Welche konkreten Ziele möchten Sie als Landrat verfolgen?
Ein Ziel ist die Sanierung des Haushaltes. Ebenso möchte ich dem Landkreis ein neues Bild, eine neue Außenwirkung geben. So ist es mir auch ein Anliegen, in einen regelmäßigen Dialog mit dem Mittelstand zu treten, um dessen Funktion in der Strukturentwicklung stärker zu berücksichtigen und den Tourismus im Landkreis zu stärken. Und wie gesagt, das Wichtigste ist gute Arbeit.
Ein großer Punkt sind die Liegenschaften. Der Landkreis hat Immobilien, die Geld kosten. Diese gilt es im Hinblick auf deren Wirtschaftlichkeit, Erfordernis oder eine nachhaltige Neuausrichtung oder Veräußerung neu zu betrachten. Ein wichtiger Faktor der Haushaltssanierung ist auch das Thema Personal. Wir müssen uns ansehen, wie viel Personal in Rente geht, können aber auch nicht blind Stellen streichen.
Wie bekommen wir denn mehr Geld, mehr Arbeit in den Landkreis?
Das funktioniert nur über den Handel, übers Handwerk und den Mittelstand. Diese müssen wieder stärker eingebunden und flächendeckend gefördert werden. Gemeinsame Wirtschaftsförderinitiativen sollen das Image des Landkreises als Teil der Oberlausitz stärken, denn Arbeitsplätze sollte es auch wieder im ländlichen Raum geben.
Wie soll das genau funktionieren?
Es ist wichtig, dass wir die kleinen und mittelständischen Betriebe wieder mehr unterstützen, ihnen eine größere Bühne geben, beispielsweise. Wir können es so machen wie in Österreich, wo auf der Internetseite eines Landkreises alle Unternehmen aufgelistet sind, sodass diese eine neue, größere Außenwirkung erhalten. Das gilt auch für alle touristischen Angebote, alle Hotels, alle Ferienwohnungen. Es ist ganz wichtig, das Kapital bei uns zu halten. Nur wenn wir das schaffen, werden auch Unternehmen wieder Lehrlinge einstellen.
Die Einwohner sollen ihr Geld also vor allem hier ausgeben?
Eine Region lebt nun mal von den Bürgern und vom Kapitalkreislauf. Natürlich werden wir nie den kompletten Kreislauf bei uns halten können, aber ich spreche ganz bewusst von der verstärkten Einbeziehung und Beauftragung heimischer Unternehmen.
"Wenn wir bauen, sollte es eine bessere Planung geben"
Und wo sollte die Verwaltung weniger Geld ausgeben als bisher?
Was man sich ansehen muss, ist zum Beispiel unser ÖPNV. Auf der einen Seite brauchen wir einen besseren ÖPNV, da dieser aktuell vorwiegend für den Schülerverkehr genutzt wird. Es fahren aber viele leere Taktbusse durch den Landkreis. Ich halte es auch nicht für notwendig, unsere Rentner in die größeren Städte zu holen, damit sie einkaufen können. Umgekehrt muss es sein, indem wir ländliche Möglichkeiten schaffen, die das regionale Einkaufen erleichtern. Außerdem sollten wir die Verwaltung bündeln und Betriebsstätten hinterfragen. Sind die vielen Außenstellen notwendig oder kann man das tatsächlich zusammenlegen?
Auch Bauen kostet, wenngleich es Fördermittel gibt. Auf welche Bauprojekte wollen Sie nicht verzichten?
Unser Kamenzer Gymnasium. Was wir hier neu bauen, wird eines der teuersten Bauten in ganz Sachsen, war allerdings schon von vornherein zu klein geplant. Da haben die Verantwortlichen nicht nachhaltig genug gedacht. Also, wenn wir künftig bauen, sollte es eine bessere Planung geben. Auch der Schulbau in Radeberg sollte umgesetzt werden.
Und die Straßen?
Radwege zum Beispiel sollten wir unbedingt ausbauen, um auch das Thema Umweltschutz mit voranzutreiben. Und es muss mehr Geld in die sozial schwachen Kommunen fließen, um dort Gewerbegebiete zu erschließen und Unternehmen anzusiedeln, die nachhaltig Arbeitsplätze schaffen.
Ich verfüge über ein sehr gutes, gewachsenes Team. Meine bisherige Schlüsselfunktion ist wohlmeinend schon nachbesetzt. Das heißt, ich habe einen zweiten Heilpraktiker nachgezogen. Für das Weiterkommen und die Arbeitsplätze meiner Mitarbeiter ist gesorgt.