Wie Tobias Goth seine besondere Chance genutzt hat

Leisnig. Emotional hat sich Leisnigs Bürgermeister Tobias Goth (CDU) in seinen beiden Amtsperioden eher selten gegeben. Bei seiner letzten Rede vor den Stadträten war das anders. Da musste der 49-Jährige das eine oder andere Mal schlucken.
Zuerst, als er Elgine Tur de la Cruz und Dieter Kunadt (beide Die Linke) nach vorn bat. Bei beiden bedankte er sich nicht nur für mehr als 30 Jahre engagierte Stadtratsarbeit, sondern auch dafür, wie die beiden diese ausgeübt haben.
„Sie waren immer sachlich und mir gegenüber niemals unfreundlich“, erklärt Tobias Goth die Beweggründe für dieses Dankeschön. „Ihre Loyalität gegenüber einem Bürgermeister war bemerkenswert.“
Respekt für loyale Stadträte
Er habe die beiden auch als Mittler bei Diskrepanzen gesehen, die es unter den Ratsfraktionen hin und wieder gegeben habe. Und: Für die Linksfraktion freue er sich. Die werde es unter einem neuen, parteilosen Bürgermeister möglicherweise leichter haben, Anträge einzubringen und Ideen umzusetzen.
In einer der Sitzungen vorher war Goth über seinen Schatten gesprungen und hatte sich bei Elgine Tur de la Cruz entschuldigt. Vorausgegangen war eine Rüge der Rechtsaufsicht, weil er Fristen zur Bearbeitung von Anträgen der Linkspartei nicht eingehalten hatte.

Das nächste Mal holte der 49-Jährige tief Luft, als sich CDU-Fraktionschef Rüdiger Schulze und sein Stellvertreter Hans-Hermann Schleußner (Wählergemeinschaft Bockelwitz) bei ihm bedankten – entgegen seinem Wunsch. Schleußner, der bekannt ist, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, bescheinigte Tobias Goth eine im Laufe der Jahre immer besser gewordene Zusammenarbeit.
Auch wenn oft von Opposition die Rede sei, werde dies in Leisnig nicht mehr so herausgekehrt. Schleußner habe das Miteinander zuletzt als positiv und gewinnbringend für die Stadt empfunden, sagte er.
Sich für die Stadt einzusetzen, das sei immer sein Ziel gewesen, sagte Goth in seinem eigenen Rückblick. In diesem bedankte er sich bei allen, die sich für Leisnig engagiert haben.
Warum es keine weitere Amtszeit gibt, hat Tobias Goth so genau nie erklärt. Er führt persönliche Gründe dafür an, dass ihn „seine CDU“, wie er sie auch bei seiner Verabschiedung bezeichnet, nicht wieder nominiert hat. Die Entscheidung dazu sei allerdings schon vor längerer Zeit gemeinsam mit der Familie gefallen.
Die letzten Tage ganz entspannt
Die letzten Tage im Amt und als Verwaltungschef wirkte Tobias Goth entspannt. „Ich bin erleichtert“, gibt er zu. „Die 14 Jahre als Bürgermeister sind schon eine harte Zeit gewesen“, schätzt er ein.
Als beim Landratsamt beschäftigter Bauingenieur sei er zwar in Sachen Verwaltungsrecht ziemlich fit gewesen. „Doch die Theorie war die eine Seite. Die Praxis eine ganz andere“, erinnert er sich an die Anfangszeit.
2008 hat Tobias Goth den seit der Wende „regierenden“ CDU-Bürgermeister Heiner Stephan abgelöst. Bis dahin war „der junge Goth“ kommunalpolitisch wenig in Erscheinung getreten. Sein Wahlsieg – immerhin hatte er mit Dirk Warschkow und Dieter Kunadt noch zwei Mitbewerber – überraschte manchen Leisniger aber nicht.
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Denn der Name war und ist Älteren und Sportbegeisterten ein Begriff: Goths Vater hat als Architekt auch in Leisnig Spuren hinterlassen. Und Tobias Goth selbst war eine feste Größe in den Fußballmannschaften des VfB Leisnig.
Daran hat sich nur insoweit etwas geändert, dass er inzwischen nicht mehr als Spieler aufläuft. „Als Übungsleiter im Bereich der F-Jugend will ich dem VfB und dem Fußball treu bleiben“, sagt der 49-Jährige.
Anspruchsvolle Aufgaben nach der Flut 2013
Zu seinen größten Herausforderungen als Bürgermeister zählt er die Eingemeindung von Bockelwitz. Zum Jahreswechsel 2012 kam die Nachbargemeinde zu Leisnig dazu. Dieser Schritt sei für beide Seiten wichtig gewesen, meint Goth.
In diese Zeit fällt auch der Kampf um den Erhalt des Leisniger Stadtbades. „Da bin ich sehr stolz, dass wir als Stadt jetzt ein modernes Freibad haben. An jedem heißen Tag, an dem ich dort vorbeifahre, freue ich mich, dass das Angebot genutzt wird“, erzählt der scheidende Bürgermeister.
Nur auf seine Fahnen schreibt er sich diesen Erfolg allerdings nicht. „Es war eine Gemeinschaftsentscheidung und -aufgabe für Stadtrat, Badinitiative und damit auch der Leisniger“, findet er.
Als vielleicht größte Aufgabe seiner Amtszeit schätzt Goth die Bewältigung der Flutfolgen 2013 ein. In rund 100 Einzelprojekten galt es in den Folgejahren Schäden in Höhe von 18 Millionen Euro zu beseitigen. Auch das sei ein gemeinsamer Kraftakt gewesen.
Nicht alle Punkte abgearbeitet
Unzufrieden ist Tobias Goth, wenn er auf dem Marktplatz steht und in die Runde schaut. Der Leerstand bereite ihm Sorgen. Den abzubauen, habe er sich zu Beginn seiner Amtszeit um einiges leichter vorgestellt. Zur Belebung der Innenstadt gebe es auch aus dem Europan-Architektur-Wettbewerb heraus einige tolle Ideen, findet er.
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Als schade bezeichnet er nach wie vor, dass die Vision für den Block 11 nicht realisiert werden konnte. In einem Häusergeviert am Markt sollte für die Immobilien ein gemeinsames Heizwerk und durch Entkernungen in den Hinterhöfen insgesamt viel Luft entstehen.

Überdies sollten die Hauseigentümer animiert werden, die alten Häuser so zu modernisieren, dass die Wohnungen für junge Familien attraktiv sind. Im Gesamtpaket ist das letztlich nicht gelungen. Lediglich die Entkernungen hat die Kommune hinbekommen.
Aus diesen Erfahrungen heraus überlegt Tobias Goth, ob die Kommune vielleicht die eine oder andere Immobilie nicht hätte verkaufen und stattdessen behalten sollen. „Dann würde es in Zukunft leichter sein, selbst etwas mitzugestalten“, antwortet er auf die Frage, was hätte anders oder besser laufen sollen.
Insgesamt sei vieles unter Sparzwängen gelaufen. „Mit einer besseren Finanzausstattung hätte sich manches anders entwickelt. So konnten wir häufig nur reagieren, nicht agieren.“
Einige Wünsche für die Zukunft
Auch wenn nicht alle Punkte von seiner Vorhabenliste abgearbeitet sind, ist Tobias Goth dankbar für die Erfahrungen, die er seit 2008 machen durfte: „An der Spitze einer Stadt zu stehen, ist eine Chance, die nicht jeder bekommt.“
Gewiss, bisweilen habe er sich mehr Unterstützung gewünscht: mehr Blumenkästen auf den Fensterbrettern oder Pflanzkübel an den Hauseingängen oder mehr Zeit, um mit Bürgern und Vereinen ins Gespräch zu kommen. „Aber auch dann wären nicht alle Probleme zu lösen gewesen“, meint er.
Ab 1. August ist Tobias Goth nicht mehr Bürgermeister. Seine Zukunft sieht er auf dem Gebiet der Alternativen Energien. Die Familie will in Leisnig wohnen bleiben. Der 49-Jährige möchte auch in Zukunft im Stadtverband der CDU mitarbeiten und die Bergfüchse weiter unterstützen. Für die Stadt wünscht er sich nach dem S-Bahn-Anschluss an Leipzig auch einen baldigen Bahn-Anschluss an Dresden.
Er hofft auf einen weiteren Erfolg der Projekte Kulturbahnhof und „Forte Belvedere“. Dem Sport- und Kulturzentrum wünscht er, dass der Umbau anläuft und gut zum Ende kommt. „Und dass das Vereinsleben in Leisnig so intakt bleibt“, so Goth. Das empfinde er als große Bereicherung für die Stadt.