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Wirbel um Wirtschaftsministerium: Posten-Besetzung wird geprüft

Gegen das Wirtschaftsministerium gibt es den Vorwurf der Vetternwirtschaft. Die Neubesetzung eines wichtigen Postens wird nun geprüft. Der Grund: mögliche Befangenheit.

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Im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) gibt es Kritik an einer Postenbesetzung und Vetternwirtschaft.
Im Wirtschaftsministerium von Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) gibt es Kritik an einer Postenbesetzung und Vetternwirtschaft. © Kay Nietfeld/dpa (Archiv)

Berlin. Neuer Wirbel um das Wirtschaftsministerium: Vor dem Hintergrund einer Debatte um familiäre Verflechtungen wichtiger Mitarbeiter von Minister Robert Habeck (Grüne) will das Ressort die Neubesetzung eines Postens überprüfen. Das Verfahren zur Neubesetzung des Vorsitzes der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena) solle überprüft und gegebenenfalls neu aufgesetzt werden, teilte das Ministerium am Donnerstag mit.

Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen habe Habeck zu Wochenbeginn darüber informiert, dass der neue dena-Chef Michael Schäfer sein Trauzeuge war. "Mithin kann der Anschein einer möglichen Befangenheit nicht vollständig ausgeschlossen werden", so das Ministerium. Der Minister habe daraufhin unmittelbar zu Wochenbeginn um interne Prüfung gebeten. Um den Fehler zu heilen, habe Wirtschaftsstaatssekretär Stefan Wenzel als Aufsichtsratsvorsitzender der dena am Donnerstag den Aufsichtsrat gebeten, das Verfahren zu überprüfen und gegebenenfalls neu aufzusetzen.

"Es sind zwar rein rechtlich keine Fehler im Verfahren aufgetreten; die Beschlüsse des Aufsichtsrats der dena sind wirksam. Aber aufgrund eines Fehlers in einem vorgeschalteten Vorauswahlprozess könnte der Anschein einer möglichen Befangenheit entstanden sein." Dies habe die auf Bitten Habecks eingeleitete interne Prüfung ergeben.

Familiäre Verflechtungen wichtiger Mitarbeiter Habecks hatten für Irritationen bei der Opposition gesorgt. Der CDU-Abgeordnete Tilman Kuban sprach am Mittwoch bei einer Debatte im Bundestag von "mafiösen Tendenzen", Stephan Brandner von der AfD, auf deren Betreiben der Bundestag in Berlin das Thema in einer Aktuellen Stunde diskutierte, redete von "grünen Clanstrukturen". Vertreter der Ampel-Fraktionen betonten, es seien keine Regeln verletzt worden. Das Wirtschaftsministerium erklärte auf Anfrage, dass Vorkehrungen zur Verhinderung von Interessenkonflikten getroffen worden seien.

Geschwister von hochrangigen Mitarbeiter im Fokus

Zwei hochrangige Mitarbeiter Habecks haben familiäre Bindungen zum Öko-Institut, einer ökologisch ausgerichteten Forschungseinrichtung. Die Schwester von Staatssekretär Graichen, Verena Graichen, arbeitet bei der Naturschutzorganisation BUND und, wie auch ein weiterer Bruder, beim Öko-Institut, wie unter anderem der SPD-Abgeordnete Markus Hümpfer zusammenfasste. Verena Graichen ist wiederum verheiratet mit dem parlamentarischen Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner (Grüne).

Die bundeseigene Deutsche Energie-Agentur versteht sich laut Eigendarstellung als "Wegbereiter" der Energiewende. Dem Wirtschaftsministerium zufolge liegt die Entscheidung über die Überprüfung und mögliche Neuaufsetzung des Verfahrens um den dena-Chefposten beim Aufsichtsrat.

Die dena hatte Anfang April mitgeteilt, Gesellschafter und Aufsichtsrat hätten Schäfer mit Wirkung zum 15. Juni 2023 zum neuen Vorsitzenden der dena-Geschäftsführung bestellt. Der Verwaltungswissenschaftler werde die Geschäfte der dena gemeinsam mit Kristina Haverkamp führen, deren Vertrag verlängert wurde.

Schäfer war demnach zuvor unter anderem Mitglied der Geschäftsleitung des Naturschutzbundes Deutschland und saß für die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus.

Der Aufsichtsrat habe sich nach einem Auswahlgespräch aufgrund der "herausragenden Qualifikation" einstimmig für Schäfer entschieden, so das Ministerium. Die Gesellschafterversammlung habe zugestimmt.

Findungskommission eingesetzt

Im Aufsichtsrat der dena seien unter anderem das Verkehrsministerium und das Umweltministerium vertreten. Die Gesellschafterversammlung bestehe aus der staatlichen Förderbank KfW sowie dem Bund, vertreten durch das Wirtschaftsministerium, das im Einvernehmen mit anderen Ministerien entscheide.

Das Auswahlverfahren für die Neubesetzung der Geschäftsführung sei in mehreren Etappen erfolgt, so das Ministerium. Im Vorfeld sei eine Findungskommission gebildet worden. Diese habe bestanden aus Wenzel, dem fachlich zuständigen Staatssekretär Graichen, dem für die Beteiligungsführung zuständigen Referatsleiter sowie als Gast der zweiten dena-Geschäftsführerin. Ein externer Personaldienstleister sei mit der Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten beauftragt worden.

"Die Findungskommission führte daraufhin Gespräche mit ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten, traf eine Vorauswahl und legte dem Aufsichtsrat der dena einen Personalvorschlag auf Basis der besten Qualifikation vor." Die Personalentscheidung selbst habe dann beim dena-Aufsichtsrat mit Zustimmung der Gesellschafterversammlung gelegen. Der Fehler liege nach Ansicht des Ministeriums in der dem formellen Auswahlverfahren vorgeschalteten Etappe. (dpa)