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Polizei stellt Messerstecher

Das Opfer des Messerstechers erliegt seinen Verletzungen in einer Klinik. Gegen 43-jährigen Verdächtigen wird nun wegen Totschlags ermittelt.

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© Benno Löffler

Alexander Schneider

Dresden. Es ist ein skurriles Schauspiel, das sich Fotografen am Reformationstag direkt vor dem Dresdner Amtsgericht bietet. Mehrere Polizeifahrzeuge fahren vor, darunter auch der für Terror- und Amoklagen angeschaffte neue Gelände-Toyota der Dresdner Polizei. Vermummte und bis an die Zähne bewaffnete Polizisten steigen aus und führen einen Mann mit langen schwarzen Haaren in den Haupteingang des Justizgebäudes. Über seiner roten Jacke trägt der Gefesselte deutlich sichtbar eine kugelsichere Weste. Es wird nicht so ganz deutlich, ob ihr Gefangener mehr selbst gefährdet ist oder eine erhebliche Gefahr für andere darstellt.

Fotos vom Haftprüfungstermin

Benno Löffler
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- keine Angabe im huGO-Archivsys
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Die schwarzen Spezialkräfte für lebensbedrohliche Einsatzlagen bringen den Mann zum Ermittlungsrichter. Dort wird Oberstaatsanwalt Christian Avenarius dem Verdächtigen nun den Haftantrag eröffnen. Avenarius ist erleichtert, nach einer einwöchigen Fahndung ist der Gesuchte nun gefasst. Es ist Abdelmonaam Ben Bechir S., 43 Jahre alt, ein tunesischer Staatsbürger, der schon seit etwa 20 Jahren in Dresden lebt. Seit Mittwoch wurde nach ihm gesucht. Erst am Freitag hatten nicht minder bewaffnete Polizeibeamte eine Asylbewerberunterkunft gestürmt, um S. zu suchen. Angeblich habe er dort vorübergehend gewohnt. Doch die Beamten durchkämmten das Gebäude in der Strehlener Straße vergebens. S. blieb verschwunden.

Der 43-Jährige soll einen Bekannten im Streit niedergestochen haben – einen 35 Jahre alten Dresdner. Erst am Montag, wenige Stunden vor der Verhaftung des Verdächtigen, wurde bekannt, dass das Opfer in einer Dresdner Klinik den Folgen der Messerstiche erlegen ist. Der Mann starb bereits am Freitag an inneren Blutungen. Gegen S. wird daher wegen Totschlags ermittelt. Die Polizei warnte, von dem Mann könnte weitere Gefahr ausgehen.

Auch über das Wochenende lief die Fahndung nach dem mutmaßlichen Täter weiter. Die Beamten von der Kripo gingen davon aus, dass der Mann die Stadt eher nicht verlassen hat. Sein Lebensmittelpunkt ist seit Jahren die Landeshauptstadt. Er ist unter anderem einschlägig wegen Körperverletzungen vorbestraft – und soll seit Jahren im Drogenmilieu verkehren. Erklärt das möglicherweise die schussfeste Weste beim jetzigen Gang in das Gerichtsgebäude?

Verdächtiger wittert Zugriff

Die Spezialkräfte der Polizei haben S. am Montagabend in der Dresdner Südvorstadt gestellt. Zielfahnder erkannten den 43-Jährigen gegen 18 Uhr auf dem Balkon einer Wohnung in der achten Etage eines Hochhauses in der Leubnitzer Straße. Wie sie das geschafft haben, wollen sie nicht sagen. Eine Telefonüberwachung wäre jedenfalls eine plausible Erklärung.

Als die schwer bewaffneten Männer, die sich seit Tagen für den Zugriff bereitgehalten hatten, in das Haus liefen, muss S. die Aktion jedoch bemerkt haben. Er kletterte auf den Balkon einer Nachbarwohnung. „Das haben wir beobachtet“, sagte Thomas Geithner, der Sprecher der Dresdner Polizeidirektion. Die Beamten hätten daher sofort die richtige Wohnung aufgesucht, wo sich der Gesuchte widerstandslos festnehmen ließ.

Offenbar hatte sich S. schon länger in der Wohnung aufgehalten. Drei Nordafrikaner leben dort, wie S. seien auch sie polizeibekannt. Die Beamten durchsuchten die Wohnung, die Männer blieben jedoch auf freiem Fuß.

Am Dienstagmittag setzt ein Ermittlungsrichter den Haftbefehl gegen S. in Vollzug – dann beginnt das Schauspiel für die Fotografen von Neuem. Die Uniformierten setzen S. in einen dunklen VW-Van und fahren ihn nun im Konvoi ins Gefängnis. Abdelmonaam S. habe sich bislang nicht zu dem Vorwurf geäußert, hieß es.

Nach bisherigen Ermittlungen geht die Polizei von einer „reinen Beziehungstat“ aus. Die Männer sollen am Dienstagabend in einer Wohnung in der Ebereschenstraße aufeinandergetroffen sein. Es kam zum Streit. Der 35-Jährige war der neue Freund der Frau, mit der zuvor S. zusammen gewesen war. Der Angreifer zog ein Messer und soll damit mehrfach auf den Jüngeren eingestochen haben. Wie schwer der 35-jährige Deutsche verletzt worden war, wurde erst am Montag bekannt – mit der Todesnachricht. (mit csp)