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Todesschuss bei Baldwin-Dreh - Details zur Munition unklar

Alec Baldwin feuert beim Dreh mit einer Requisitenwaffe - eine Kamerafrau wird tödlich getroffen, der Regisseur verletzt. Der Schauspieler ist schockiert.

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Alec Baldwin telefoniert auf dem Parkplatz vor dem Santa Fe County Sheriff's Office, nachdem er zu dem Vorfall am Set des Films «Rust»befragt wurde.
Alec Baldwin telefoniert auf dem Parkplatz vor dem Santa Fe County Sheriff's Office, nachdem er zu dem Vorfall am Set des Films «Rust»befragt wurde. © Jim Weber/Santa Fe New Mexican/AP/dpa (Archiv)

Santa Fe. Nach dem tödlichen Schuss aus einer Requisitenwaffe des Schauspielers Alec Baldwin auf die Chef-Kamerafrau am Set eines Westerns sind viele Details des Geschehens weiterhin unklar. Zu den genauen Umständen des Todes von Halyna Hutchins und dem fatalen Projektil gebe es offene Fragen, teilte die Polizei in Santa Fe im US-Bundesstaat New Mexico am Freitagabend (Ortszeit) der Deutschen Presse-Agentur mit. Die Ermittler hätten den Drehort durchsucht.

Die "New York Times" zitierte aus einem Polizeibericht, wonach ein Regieassistent auf dem Set des Westerns "Rust" die Requisitenwaffe an Baldwin übergeben und gesagt habe, es handele sich um einen "kalte Waffe". Laut "New York Times" werde unter dieser Umschreibung normalerweise verstanden, dass in der Waffe keine Munition stecke.

Doch als der Schauspieler die Waffe am Donnerstag abfeuerte, kam es zu der Tragödie: Die 42-jährige Kamerafrau Hutchins erlitt tödliche Verletzungen, Regisseur Joel Souza (48) wurde ebenfalls getroffen und mit einer Schulterverletzung ins Krankenhaus gebracht. Er konnte aber später entlassen werden, wie US-Medien berichteten.

Unklar war auch am Freitagabend noch, um welche Art Munition es sich bei dem tödlichen Schuss handelte. "Wir haben noch keine Details zur Patrone, die in der Waffe war", hatte der Polizeisprecher dazu der dpa erklärt.

Die Gewerkschaft IATSE schrieb laut "Los Angeles Times" in einer Mail, dass die Waffe mit einer einzigen Patrone bestückt gewesen sei, einer "single live round". Dieser Begriff sei eine gebräuchliche Umschreibung in der Branche, die sowohl eine scharfe als auch eine Platzpatrone beschrieben kann. Unklar war zunächst auch weiterhin, wie eine einzige Patrone beide Opfer hatte treffen können.

Laut "Los Angeles Times" ist üblicherweise ein Requisiteur oder ein lizenzierter Waffenmeister für die am Set benutzten Waffen zuständig. Zu dessen Aufgaben gehöre auch, diese mit Platzpatronen zu laden und den Schauspielern und Regieassistenten den Umgang damit zu erklären. Scharfe Munition sei am Set verboten. Strafrechtliche Vorwürfe wurden laut Polizei bisher nicht erhoben. Der Dreh wurde vorerst eingestellt.

Baldwin: "Es gibt keine Worte, um den Schock auszudrücken"

"Es gibt keine Worte, um den Schock und die Trauer auszudrücken angesichts des tragischen Unfalls, der das Leben von Halyna Hutchins beendet hat", schrieb Baldwin am Freitag auf Twitter. Sie sei zugleich "Ehefrau, Mutter und zutiefst bewunderte Kollegin von uns" gewesen. "Ich kooperiere vollkommen mit der polizeilichen Untersuchung, um herauszufinden, wie diese Tragödie geschehen konnte. Und ich stehe in Kontakt mit ihrem Ehemann, um ihm und seiner Familie meine Unterstützung anzubieten." Der Gedanke an "ihren Ehemann, ihren Sohn und all diejenigen, die Halyna kannten und liebten", breche ihm das Herz.

Strafrechtliche Vorwürfe wurden laut Polizei bislang nicht erhoben. Der Dreh wurde bis auf Weiteres eingestellt. "Die gesamte Besetzung und die Crew sind von der Tragödie zutiefst erschüttert", teilte die Produktionsfirma Medienberichten zufolge mit. Zudem sicherte sie zu, "voll und ganz mit der Polizei von Santa Fe zu kooperieren".

Ähnlich äußerte sich die International Cinematographers Guild (ICG), die unter anderem Kameraleute vertritt und sich für eine vollständige Aufklärung aussprach. Noch seien die Details unklar. "Wir unterstützen eine vollständige Untersuchung dieses tragischen Ereignisses", hieß es laut Medien in dem Statement weiter. Hutchins Tod sei ein schrecklicher Verlust.

Dieses Luftbild zeigt Beamte des Sheriffs von Santa Fe County, die zum Tatort kommen.
Dieses Luftbild zeigt Beamte des Sheriffs von Santa Fe County, die zum Tatort kommen. © KOAT 7 News/AP

Nachdem das örtliche Sheriff-Büro per Notruf alarmiert worden war, trafen die Polizisten gegen 14.00 Uhr Ortszeit auf der Bonanza Creek Ranch ein. Bereits zahlreiche Filme wurden auf dem Gelände nahe einer früheren Goldgräberstadt in der Wüste New Mexicos produziert.

Der Vorfall dort ereignete sich demnach am Donnerstag bei den Dreharbeiten zu dem Western "Rust". Baldwin ist bei dem Film als Hauptdarsteller und Produzent an Bord. Regie führt Souza, der zuvor den Cop-Thriller "Crown Vic" (dt. Titel: "Im Netz der Gewalt") inszenierte. Die Ermittler befragten nach Angaben des Sheriff-Büros auch Augenzeugen. Zudem werde die Waffe untersucht und auf welche Weise das Geschoss abgefeuert worden sei.

Die "Los Angeles Times" berichtete, üblicherweise sei ein Requisiteur oder ein lizenzierter Waffenmeister für die am Set benutzten Waffen zuständig. Zu dessen Aufgabe gehöre es auch, diese mit Platzpatronen zu laden und den Schauspielern und Regieassistenten den Umgang damit zu erklären. Scharfe Munition sei am Set verboten.

Regisseur Joel Souza
Regisseur Joel Souza © SOPA Images via ZUMA Wire

Laut Mitteilung wurde Hutchins mit einem Hubschrauber in ein Krankenhaus geflogen und dort für tot erklärt. Souza wurde mit einem Krankenwagen in eine Klinik in Santa Fe gebracht. Über seinen Zustand wurde zunächst nichts bekannt.

Das Sprecherteam von Baldwin reagierte zunächst nicht auf eine Anfrage. Der Schauspieler hatte am Tag vor dem Vorfall ein Foto von sich in Westernkleidung und mit grauem Bart auf Instagram gestellt. Die Zeitung "The Santa Fe New Mexican" berichtete, Baldwin sei nach dem Vorfall vor dem Sheriff-Büro verstört und in Tränen beim Telefonieren gesehen worden. In der Mitteilung des Sheriffs wurde das Alter Baldwins mit 68 Jahren angegeben, nach anderen Quellen ist er 63 Jahre alt.

In "Rust" spielt Baldwin den Banditen Harland Rust, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt ist. Zusammen mit seinem 13-jährigen Enkel muss er vor Kopfgeldjägern und Gesetzeshütern flüchten. Zum Cast gehören unter anderem Frances Fisher, Jensen Ackles, Brady Noon und Travis Fimmel.

Alec Baldwin am Set.
Alec Baldwin am Set. © Santa Fe New Mexican/AP

Hutchins, die als Director of Photography für die gesamte bildliche Gestaltung des Films zuständig war, sei ein aufstrebendes Talent in der Branche gewesen, schrieb die "Los Angeles Times". Die 42-jährige Absolventin der renommierten AFI-Filmschule habe sich mit Titeln wie "Archenemy", "Blindfire" und "The Mad Hatter" einen Namen gemacht. "Ich denke, sie wäre eine sehr berühmte und erfolgreiche Director of Photography geworden", sagte "Archenemy"-Regisseur Adam Egypt Mortimer der Zeitung. "Sie war dabei, sich einen Ruf aufzubauen und den Leuten zu zeigen, was sie kann."

In seiner langen Karriere übernahm Baldwin Action-Rollen in Filmen wie "Jagd auf Roter Oktober" oder "Mission: Impossible - Rogue Nation", war aber auch in Dramen wie "Blue Jasmine", "Still Alice - Mein Leben ohne Gestern" oder 2019 in dem Kriminalfilm "Motherless Brooklyn" zu sehen. Seit 2012 ist der Schauspieler mit Hilaria Baldwin verheiratet, sie haben sechs Kinder. Aus seiner Ehe mit der Schauspielerin Kim Basinger hat Baldwin Tochter Ireland.

Der Vorfall erinnert an den Tod des US-Schauspielers Brandon Lee. Der Sohn der Kampfkunst-Legende Bruce Lee war 1993 bei Dreharbeiten zu dem Film "The Crow" von einer echten Kugel getroffen worden, in der Pistole hätte nur eine Platzpatrone sein sollen. "Niemand sollte jemals durch eine Waffe an einem Filmset getötet werden. Punkt", schrieb seine Schwester Shannon nun nach dem Zwischenfall in Santa Fe auf einem offiziellen Twitter-Konto, das sie im Namen ihres Bruders führt. (dpa)