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Vizepräsidentin des EU-Parlaments unter Korruptionsverdacht

Razzien, Festnahmen und ein Parteiausschluss: Das EU-Parlament steht im Fokus umfangreicher Korruptionsermittlungen belgischer Ermittler. Eine Verdächtige ist die griechische Vizepräsidentin Eva Kaili.

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Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Eva Kaili, steht unter Korruptionsverdacht.
Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Eva Kaili, steht unter Korruptionsverdacht. © European Union

Brüssel/Athen. Ermittlungen zu Korruption, Geldwäsche und versuchter Einflussnahme eines Golfstaats erschüttern das Europaparlament. Nach Angaben der belgischen Staatsanwaltschaft gab es in dem Fall am Freitag 16 Durchsuchungen und fünf Personen wurden festgenommen. Bei den Ermittlungen gehe es um eine mutmaßliche kriminelle Organisation sowie Vorwürfe von Korruption und Geldwäsche, teilte die Behörde mit.

Die Vizepräsidentin des Parlaments, Eva Kaili, wurde infolge der Ermittlungen aus ihrer griechischen Partei ausgeschlossen, der Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (Pasok). Wie mehrere Medien berichten, soll auch sie unter den Festgenommenen sein.

Welcher Golfstaat mutmaßlich Einfluss au das Parlament auszuüben versucht, teilte die Staatsanwaltschaft nicht mit. Einer Recherche der Zeitung "Le Soir" und des Magazins "Knack" zufolge handelt es sich um das Emirat Katar.

Die Griechin Kaili hatte noch am 21. November eine Rede im Europaparlament zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar gehalten. Darin bezeichnete sie das Sport-Ereignis als Beweis dafür, "dass Sportdiplomatie einen historischen Wandel in einem Land bewirken kann, dessen Reformen die arabische Welt inspiriert haben". Katar habe etwa bei Arbeitsrechten eine Vorreiterrolle gespielt.

Über Kailis Parteiausschluss informierte am Freitag Parteichef Nikos Androulakis. Sie ist seit 2014 Europaabgeordnete und seit 2022 eine von 14 Vize-Präsidentinnen und -Präsidenten des Parlaments. Von 2004 bis 2007 war sie ihrem Lebenslauf auf der Parlaments-Homepage zufolge Nachrichtensprecherin und Journalistin, später auch noch PR-Beraterin in Griechenland.

600.000 Euro Bargeld bei Razzien sichergestellt

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hat die belgische Polizei seit mehreren Monaten den Verdacht, dass ein Golfstaat versucht, die politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen des EU-Parlaments zu beeinflussen. Beträchtliche Geldsummen oder Sachgeschenke seien vermutlich an Personen im Parlament verteilt worden, die eine politische oder strategische Position innehätten.

Unter den Befragten sei auch ein ehemaliger EU-Abgeordneter gewesen, hieß es. Bei den Durchsuchungen wurden der Staatsanwaltschaft zufolge unter anderem 600.000 Euro Bargeld sowie Handys beschlagnahmt.

Ein Sprecher des Europaparlaments sagte auf Anfrage, zu laufenden Ermittlungen äußere man sich nicht. Man werde jedoch vollständig mit den zuständigen Behörden kooperieren.

Ähnlich äußerte sich die sozialdemokratische Fraktion des Parlaments. Die Fraktion habe keine Toleranz für Korruption. Zugleich müssten im Parlament die Arbeit an allen Themen, die die Golfstaaten betreffen, sowie die Plenarabstimmungen dazu ausgesetzt werden.

Der Co-Vorsitzende der Arbeitsgruppe Anti-Korruption des Parlaments, Daniel Freund, zeigte sich von den Ermittlungen geschockt. "Die Vorwürfe müssen lückenlos aufgeklärt werden", sagte der Grünen-Politiker. Geld dürfe bei den Entscheidungen in Europas größtem Parlament keine Rolle spielen. Es drohe eine gewaltiger Vertrauensverlust. (dpa mit SZ)