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Güterzug erfasst zwei Kinder im Ruhrgebiet

Ein Unglück in Recklinghausen bestürzt: Ein Güterzug hat zwei Kinder erfasst. Ein Junge stirbt, der andere wird im Krankenhaus mit schwersten Verletzungen behandelt. Wie konnte es dazu kommen?

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Eine Lock steht an der Unfallstelle in Recklinghausen: Hier wurden zwei Kinder von einem Güterzug erfasst.
Eine Lock steht an der Unfallstelle in Recklinghausen: Hier wurden zwei Kinder von einem Güterzug erfasst. © 7aktuell.de/Marc Gruber/dpa

Recklinghausen. Niedergerissene Absperrbänder an einem Bahnübergang. Einige Hundert Meter weiter stehen am Freitag zwei Polizeibeamte mitten auf den Gleisen in Warnwesten. Daneben eine abgestellte Lok mit Anhängern auf der Höhe Recklinghausen-Ost. Der Güterzug hatte am Donnerstagabend zwei Kinder erfasst. Schnell gab es die schockierende Gewissheit: Für einen Zehnjährigen kam jede Hilfe zu spät. Der andere, ein Neunjähriger, wurde am Abend noch operiert. Am Freitagmorgen gab es ein erstes ganz vorsichtiges Aufatmen: Der Junge schwebt nicht in akuter Lebensgefahr.

Am Morgen nach dem furchtbaren Unglück stehen viele quälende Fragen im Raum: Wie und wann sind die beiden Jungen im Grundschulalter auf die Gleise gekommen? Schon in der Dunkelheit? An welcher Stelle genau ereignete sich der Unfall? Nach Untersuchungen bis in die Nacht hinein sollten nun Drohnenbilder Aufschluss geben. Es ist allerdings bewölkt, trübe, stark windig an diesem Freitag. "Wir sind auch auf Zeugen angewiesen. Vielleicht hat jemand die Kinder gesehen noch im Vorfeld des Unfalls", beschreibt ein Polizeisprecher die Hoffnung der Ermittler.

Blumen, Kerzen oder andere Hinweise darauf, dass sich hier ein tödliches Unglück ereignet hat, sind am Tag danach nicht zu sehen. Aber wo sollte man Kerzen und Blumen auch ablegen? Die genaue Unfallstelle ist noch ungewiss. Zwischen dem vorübergehend abgesperrten Bahnübergang und dem Standort der Unglückslok liegen mehrere Hundert Meter.

In der angrenzenden Wohnsiedlung ist es ruhig am Vormittag. "Hier war gestern alles abgesperrt. Es ist etwas Schlimmes passiert, aber was genau, wissen wir nicht", sagt eine Spaziergängerin.

Noch am Abend war Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) herbeigeeilt. "Unsere Gedanken sind bei dem Kind, das im Krankenhaus ist, dass das gut geht", sagte er mit bedrückter Stimme - mit weitem Abstand von den Unglücksgleisen. Kurz zuvor hatte ein Rettungswagen die Eltern des Kindes in die Klinik gefahren. "An der Eisenbahn, Kinder im jungen Alter: Das ist schon fürchterlich, was da passiert ist". Es sei ein "großes Drama, wenn Kindern so etwas passiert".

Polizei und Rettungskräfte nahe der Unfallstelle.
Polizei und Rettungskräfte nahe der Unfallstelle. © dpa/Thomas Banneyer

Viele Einsatzkräfte sicherten am Abend die Absperrung in Sichtweite der Bahngleise. Mehrere Dutzend Menschen hatten sich davor versammelt und auf Informationen gewartet. Viele kennen sich. Neben etwa zwei Dutzend Polizisten sind auch Notfallseelsorger da, die helfen wollen. Später teilt die Polizei mit, dass die Angehörigen von Opferschutzbeauftragten betreut werden.

Ein junger Mann berichtete, er kenne die Familie des verletzten Kindes. Als er gehört habe, was passiert sei, habe er sofort besorgt zu Hause angerufen und sich nach seinen jüngeren Geschwistern erkundigt. Sie waren zu Hause, in Sicherheit, ein Glück. Er erzählt kurz nach dem Unfall auch von einem verlassenen, ehemaligen Bahngebäude am alten Ostbahnhof, in dem sich häufig Jugendliche aufhielten. Man komme dort entweder durch die Büsche oder über die Gleise hin. Doch ob das Unglück dort geschah oder woanders, gehört zu den offenen Fragen.

Kurz nach 18.00 Uhr war der Notruf gekommen. Die Polizei geht davon aus, dass der Lokführer des Unglückszuges die Feuerwehr verständigt hatte. Von mehreren Kindern war zunächst die Rede. Später sagte ein Polizeisprecher: "Wir haben keine Hinweise, dass ein drittes Kind beteiligt ist." Noch weit nach Mitternacht waren auf einem Gleis Einsatzkräfte mit Taschenlampen zu sehen. Bis der bestürzende Fall aufgeklärt ist, dürfte es noch viel Zeit brauchen. (dpa)