Von Stefan BiestmannundMichael Donhauser
Es ist noch dunkel, als es am frühen Dienstagmorgen im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses in Georgsmarienhütte klingelt. Die vom Vermieter eingelassenen Besucher haben ein ernstes Anliegen. Mehr als ein Dutzend Polizisten und Ermittler von Bundesanwaltschaft und Landeskriminalamt Niedersachsen stürmen die Wohnung der Familie von Ibrahim R. Der Vater dreier kleiner Jungen leistet keinen Widerstand. Kurz darauf wird der Iraker in Handschellen abgeführt, Laptop und Handys werden beschlagnahmt.
„Als wäre da ein Drogenbaron“
Die Bundesanwaltschaft wirft dem 36-Jährigen vor, das Terror-Netzwerk al-Qaida zu unterstützen. Er soll Terrorbotschaften von al-Qaida-Chef Osama bin Laden im Internet verbreitet haben. Heute wird der Verhaftete dem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt, der schon im September Haftbefehl erlassen hatte.
Die meisten Menschen im Stahlarbeiterstädtchen Georgsmarienhütte südwestlich von Osnabrück bekommen wenig mit von der spektakulären Aktion. Auch Bürgermeister Heinz Lunte (CDU) weiß am Vormittag noch nichts. Für die Nachbarn im Breslauer Weg ist das nicht mehr ganz ungewöhnlich. Die Ehefrau des Verhafteten sagt, ihr Mann sei früher schon zwei Mal festgenommen worden. „Nach wenigen Stunden war er immer wieder frei.“
Der Vermieter ist mit der Familie befreundet. Für den 43-Jährigen wirkte die Verhaftung dennoch etwas dramatischer, „als wenn da oben ein Drogenbaron sitzt“. Er ist sich sicher: „Da ist auch diesmal nichts dran.“ Der Verhaftete sei seit zwei Jahren arbeitslos. Früher habe der Iraker in Regensburg als Teppichleger gearbeitet. Dort habe er angeblich Kontakt zu Leuten gehabt, die ihrerseits Kontakte zu einer Terrororganisation gehabt hätten, sagt der Vermieter.
Der Mann hat gern geholfen
Die Ermittler haben nach Angaben von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) Telefongespräche des Irakers abgehört. Zunächst sei dieser gar nicht als Beschuldigter im Visier der Terrorfahnder gewesen, er sei erst später ins Zentrum der Ermittlungen gerückt. Nun will die Bundesanwaltschaft unter anderem die Computer-Festplatte des Verdächtigen untersuchen. Für dessen Frau steht nur fest: „Er war nicht öfter im Internet als alle anderen Bürger.“ Auf die Frage, was sie zu den Vorwürfen gegen ihren Mann sage, antwortete die 23-Jährige: „Ich weiß es nicht.“
Der Breslauer Weg liegt in einer Gegend, in der viele Ausländer wohnen. Die Nachbarn sagen, der Festgenommene habe immer gern geholfen. Erst vor Kurzem habe er freiwillig und ohne Bezahlung 160 Kubikmeter Mutterboden ausgebracht, sagt sein Vermieter. Ein Nachbar meint: „Er packt gern mit an, hat auch beim Pflastern geholfen.“ Achmed Yördem (70) sagt: „Er ist ein ganz freundlicher Mensch, zurückhaltend und unscheinbar.“ Seine Enkelin Canan (18) fügt aber hinzu: „Persönlich haben ihn hier nur wenige kennengelernt.“ (dpa)