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Polizist schießt Mann an

Ein 36-jähriger Elsterwerdaer ruft die Beamten um Hilfe. Dann plötzlich eskaliert die Situation.

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© Frank Claus

Von Frank Claus

Es wirkt wie ein Krimi, obwohl gegen 18 Uhr am Dienstagabend alles noch nach einem gewöhnlichen Polizei- und Feuerwehreinsatz aussieht. Doch etwas mehr als vier Stunden später fallen Schüsse im Elsterwerdaer Mittelgraben. Ein Polizist schießt nach einem Messerangriff auf einen 36-jährigen Mann und trifft ihn an der Schulter. Zuvor trifft das Sondereinsatzkommando ein.

Notruf bei der Polizei. Ein 36-jähriger Mann aus Elsterwerda bittet um Hilfe. Die Polizei fährt Dienstagabend zur Wohnung im Elsterwerdaer Mittelgraben. Als sie den Mann im vierten Stock sprechen will, macht der die Tür nicht auf. Der Mann, von dem bekannt ist, dass er im vergangenen Jahr längere Zeit in psychiatrischer Behandlung war, muss im kritischen Zustand sein. Zudem soll zu diesem Zeitpunkt „eine Gefährdung unbeteiligter Dritter nicht auszuschließen“ gewesen sein. So steht es in der gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Cottbus und der Polizeidirektion Süd. Deshalb wird die Feuerwehr mit der Bitte um „Hilfe zur Türöffnung“ zum Einsatzort gebeten. Die Türöffnung gelingt, doch der Mann baut eine Barrikade dahinter auf. Die Polizisten der Elsterwerdaer Wache haben Sichtkontakt, der Mann lässt aber nicht mit sich reden. Er soll mit einem Messer gefuchtelt haben. Das Sondereinsatzkommando (SEK) wird angefordert. Nach 21 Uhr treffen die ersten Männer ein. Die Feuerwehr-Kameraden stehen vor dem Viergeschosser. Mieter der anderen Wohnblocks werden aufgefordert, in ihren Wohnungen zu bleiben. Leichter Schneefall setzt ein, es wird unangenehm kalt. Gegen 22.30 Uhr steht das SEK mit Schutzwesten, Schutzschilden, Helmen und Waffen bereit. Letzte Absprachen. Leise geht es die Treppen nach oben.

Dann muss Ungeplantes passiert sein. Als Thomas Ballerstedt, Leiter der zuständigen Polizeiinspektion, nach unten kommt, meint er zu Polizisten vor dem Haus, „es ist nicht ganz so gelaufen, wie geplant“. Später wird klar, was er meint.

Kurz bevor die Spezialkräfte die Wohnung erreichen, öffnet der Mann plötzlich die Tür, geht, so der Polizeichef, mit dem Messer auf die Polizisten der Wache los. Schüsse fallen, einer trifft den Mann an der Schulter. Notarzt und Rettungssanitäter sind vor Ort. Der Polizist, der geschossen hat, wird von Kollegen nach unten begleitet. Vor der Tür sackt er kurz zusammen, ringt nach Luft. Dass er in diese Situation angesichts der fast in Sichtweite gekommenen Spezialkräfte kommen würde, damit hatte er wohl nicht gerechnet.

Der nicht lebensbedrohlich verletzte Mann wird im Tragesack nach unten gebracht und im Rettungswagen stabilisiert. Kurze Auswertung, das SEK zieht ab. Die Wohnung wird gesichert, Kriminaltechniker übernehmen, direkt am Geschehen beteiligte Polizisten werden befragt. Die Staatsanwaltschaft Cottbus übernahm Mittwochmorgen die Ermittlungen „zu einer polizeilichen Schusswaffenanwendung“, wie es in der Pressemitteilung heißt. Zu prüfen ist, ob der Polizist in Notwehr gehandelt hat. Auch die Vorgehensweise beim Einsatz wird ausgewertet.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Der Angreifer sei nicht lebensbedrohlich verletzt worden, sagte gestern Oberstaatsanwalt Horst Nothbaum. Er bestätigte auch offiziell, dass der Mann die Polizei selbst gerufen und erklärt hatte, er werde von seiner Lebenspartnerin in der Wohnung bedroht. Später hat sich der Mann dem Staatsanwalt zufolge selbst Verletzungen mit einem Messer zugefügt. Versuche, ihn zu beruhigen und die missliche Lage zu beenden, scheiterten. Die Staatsanwaltschaft prüft nun weiter, ob der Polizist aus Notwehr geschossen hat.