Bautzen
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Premiere für Nachwuchsdirigentin

Werke des Komponisten Jan Paul Nagel erklingen am Sonnabend im Petri-Dom. Beim Konzert gibt Thea Zschorlich ihren Mitschülern den Takt vor.

Von Miriam Schönbach
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Sie gibt dem Chor des Sorbischen Gymnasiums beim Konzert am Sonnabend im Dom den Takt vor: Thea Zschorlich.
Sie gibt dem Chor des Sorbischen Gymnasiums beim Konzert am Sonnabend im Dom den Takt vor: Thea Zschorlich. © Steffen Unger

Bautzen. Andächtig bleiben die Besucher des Dom St. Petri stehen und lauschen dem Gesang des Chors des Sorbischen Gymnasiums in Bautzen. Die Jugendlichen proben für ihren großen Auftritt. „Modlitwy- Gebete“ haben sie ihr Programm für die Musik am Sonnabend überschrieben. 

Vor ihnen steht als Dirigentin ihre Mitschülerin Thea Zschorlich. Mit weiten Armbewegungen bringt sie Sopran, Alt, Bass und Tenor in den Takt des jüdischen Kanons „Hine Ma Tov“. Ihre Stimmen schwingen sich hinauf unter die weite Domkuppel. Die Augen der Jugendlichen hängen an den Händen von Thea Zschorlich. Die 19-jährige Zwölfklässlerin hat 2018 in Freiberg ein Chorleiterseminar besucht. „Mein großer Bruder dirigiert, da habe ich immer schon mitgemacht“, sagt die Schülerin. Bereits seit vier Jahren leitet sie zudem den Kinderchor ihrer Pfarrgemeinde in Wittichenau. Knapp 20 Mädchen und Jungen verlassen sich dort auf ihr Taktgefühl.

Besondere Gratwanderung

Der letzte Takt des mehrstimmigen Chorgesangs verklingt. „Ich möchte den ganzen Tenor hören und nicht nur einen von euch“, sagt die Junior-Dirigentin auf Sorbisch. Diese Kritik sei für sie eine besondere Gratwanderung. Schließlich würden ja im Chor gute Freunde stehen, und gleichzeitig möchte sie ihnen auch etwas beibringen. horleiter und Domkantor Friedemann Böhme hatte sie zu Probenbeginn im Februar gefragt, ob sie sich vorstellen könne, das Dirigieren zu übernehmen. 

Mit der Stimmgabel holt sich Thea Zschorlich einen Ton und gibt dem Chor wieder seinen Einsatz. Neben „Hine Ma Tov“ ist er auch mit einem „Ave Maria“ und bei der Fünften Sinfonie „Drei Gebete für Orgel, Schlagwerk und Percusslowa“ von Jan Paul Nagel (1934–1997) zu hören. „Die Sinfonie gehört zu den selten gespielten Stücke des sorbischen Komponisten“, sagt Friedemann Böhme. Am 8. Mai hätte Nagel seinen 85. Geburtstag. 

Für seine Sinfonie dachte sich Jan Paul Nagel ganz neue Instrumente aus und ließ sie auch bauen. Darunter sind die ENA-Trommel – ein umgedrehter hölzerner Waschtrog –, die Drewjaki – Klanghölzer befüllt mit Samen und Steinen – sowie die Banjaki-Kürbisrasseln. Diese besonderen Schlagwerke werden Annegret Schmidt, Nils Kochskämper und Cornelius Altmann zum Klingen bringen. Die Kohl-Orgel spielt Kirchenmusikdirektor Friedemann Böhme.

Schönste Nebensache der Welt

Thea Zschorlich achtet beim Dirigieren auf jeden einzelnen Sänger. „Die Akustik ist hier im Dom ganz anders als bei uns in der Aula, wo wir immer proben“, sagt die Abiturientin. In Vorbereitung auf ihren Einsatz hat sie sich das Stück erst mal selbst angehört, dann die Stimmen am Klavier erarbeitet, um eine Vorstellung zu bekommen, wie es klingen kann. Beim Probenlager hat sie mit dem Chorleiter die Einzelteile zu einem großen Ganzen zusammengesetzt.

Über 60 Schüler werden sich am Sonnabend nach ihrem Takt richten. „Es kribbelt ein bisschen, aber es ist auch ein schönes Gefühl“, sagt sie. Nach dem Konzert wird die Schülerin wieder die Nase in die Bücher stecken. Ihr Abitur schreibt sie in Sorbisch und Geschichte. Mündlich geht es in die Musik-Prüfung. Und danach? Da soll es unter anderem auf eine große Fahrradtour gehen. 

Mit Semesterbeginn will die Wittichenauerin dann Sorbisch und Sport an der Universität Leipzig studieren. Das Musizieren im Chor, als Dirigentin, aber auch auf Orgel und Querflöte soll indes die schönste Nebensache der Welt bleiben.

Konzert „Modlitwy – Gebete“ am Sonnabend, 13. April, 17 Uhr, Bautzen, Dom St. Petri.