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Pro & Contra: Hat DJ Happy Vibes recht?

Mit seinem Auftritt im Kreistag in der vergangenen Woche hat DJ Happy Vibes für große Aufregung gesorgt.

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© Thorsten Eckert

Freital. Weil DJ Happy Vibes alias Andreas Hofmann sein Statement in der Bürgerfragestunde über das geplante Asylbewerberheim in Kesselsdorf nicht beenden durfte, wirft er der Landkreis-Spitze nun vor, Meinungen zu sanktionieren. Hat der Musiker recht mit seiner Kritik?

Pro und Contra

Ja, denn geredet wird viel zu wenig

Als die Pegida-Bewegung vor etwas mehr als einem Jahr aufkam, da hörte man von Politikern, Politikwissenschaftlern und Rathauschefs immer wieder diesen einen Satz: „Wir müssen die Sorgen der Bürger ernst nehmen“. Genau dieses Versprechen ist nun im Kreistag nicht gehalten worden. Andreas Hofmann alias DJ Happy Vibes regt sich zu recht auf.

Kein anderes Thema bewegt die Menschen zurzeit so sehr wie die Flüchtlingspolitik. Egal, welche Meinung man vertritt, ob man beispielsweise für geschlossene Grenzen oder für eine unbegrenzte Aufnahme an Asylbewerbern ist, einfach nur kein Asylbewerberheim vor seiner eigenen Tür haben will oder sich eine bessere Betreuung für Flüchtlinge wünscht, darüber muss fair geredet werden. Der Eklat im Kreistag um DJ Happy Vibes legt nun gleich zwei Probleme offen: Erstens sind politische Entscheidungsprozesse zu weit weg vom Bürger. Natürlich könnte man im konkreten Fall argumentieren, dass sich DJ Happy Vibes mit seinem Statement gegen das geplante Asylbewerberheim in Kesselsdorf nicht an die formalen Regeln der Fragestunde gehalten hat. Aber die Frage ist doch: Müssen sich die Bürger den Regeln anpassen oder sollten die Regeln nicht andersherum den Bedürfnissen der Bürger folgen? Wo, wenn nicht in einer Bürgerfragestunde, sollten Bürger ihre Meinung sagen können. Wie man damit umgeht, ist eine andere Frage. Das Verhalten der Landkreis-Spitze ist kleinlich.

Zweitens gibt es offensichtlich immer noch einen riesigen Bedarf, über die Flüchtlingspolitik und ihre Folgen hier in der Region zu sprechen. Es fehlt aber an geeigneten Formaten dafür. Die Entscheidungsträger überlassen die Diskussion der Straße oder Facebook. Das ist aber gefährlich, weil falsche Gerüchte nicht entkräftet und dadurch immer wieder weitergetragen werden.

Tobias Winzer, SZ-Redakteur

Nein, denn ohne Regeln geht es nicht

Es gibt Regeln. Ja, keiner mag sie, aber sie haben meistens einen Sinn – im Falle der Bürgerfragestunde einfach den, den Kreistag nicht lahmzulegen. Denn der ist primär ein Arbeitsgremium. Es müssen Entscheidungen getroffen und Beschlüsse gefällt werden. Damit das funktioniert, müssen sich alle an die Regeln halten. Und die besagen eben, dass es eine eingeschränkte Redezeit gibt, dass keine Banner gehisst werden dürfen, auch Videoaufnahmen sind nur erlaubt, wenn der Landrat sie genehmigt – wer sich nicht daran hält, fliegt raus. Das hat nichts mit „politischer Korrektheit“ oder „sanktionierter Sprache“ zu tun, wie DJ Happy Vibes behauptet, sondern mit grundlegenden Umgangsformen.

Die Bürgerfragestunde ist eben keine Plattform, um mit den aktuellen politischen Verhältnissen in Deutschland abzurechnen. Sie dient den Bürgern dazu, Fragen zu stellen. Das hat nichts mit einer Einschränkung der Meinungsfreiheit zu tun. Es stellt eben nur sicher, dass während der Sitzungen auch andere Sachen erledigt werden – und, dass auch andere drankommen. Auch wenn das Thema Asyl wichtig ist, muss es für alle Bürger möglich sein, etwas zu fragen. Wie will man das erreichen, ohne klipp und klar zu sagen, wie lange jeder reden darf? Selbst für Kreisräte ist die Zeit für Wortmeldungen begrenzt: Sie darf fünf Minuten nicht überschreiten.

Das heißt aber nicht, dass sich die Räte nicht mit der Meinung der Bürger auseinandersetzen müssen. Wenn nun die Bürgerfragestunde im Kreistag nicht das richtige Podium ist, muss es andere Möglichkeiten für einen Dialog geben. Allerdings wird auch das nicht ohne Regeln gehen: zum Beispiel, dass alle, die etwas sagen wollen, ausreden dürfen – auch wenn sie eine andere Meinung vertreten. Dass Gegner nicht beschimpft, bedroht oder ausgepfiffen werden. Und: Jede Veranstaltung ist wohl zeitlich begrenzt.

Andrea Schawe, SZ-Redakteurin

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