Von Juliane Richter
Im Internet hat Ramona D. Männer in ihre „Oase der Lust“ auf der Micktner Straße eingeladen. Dort hat sie in einer kleinen Erdgeschosswohnung unter dem Künstlernamen Sandra als Prostituierte gearbeitet. Und in eben jener Trachauer Wohnung ist die 43-Jährige in der Nacht zu Donnerstag offenbar ermordet worden.
Um 1.22 Uhr hat der Notarzt den Tod der Frau festgestellt. Die Mordkommission hat daraufhin die weiteren Ermittlungen aufgenommen. Wie es in der offiziellen Mitteilung heißt, geht die Polizei von einem Tötungsdelikt aus. Der Lebensgefährte des Opfers, der 34-jährige Mario B., soll seine Freundin kurz nach 1 Uhr tot in der Wohnung gefunden haben. Der Mann arbeitet seit Mitte letzten Jahres für Nachtklubbesitzer Wolle Förster, der nur wenige hundert Meter entfernt das bekannte „Klax“ an der Leipziger Straße betreibt. „Als er ihre Leiche entdeckte, hat er einen unserer Securityleute geholt und ist gemeinsam mit ihm zurück in die Wohnung gegangen“, sagt Wolle Förster. Als auch dieser den zugedeckten, leblosen Körper gesehen hat, habe er sofort die Polizei verständigt. Sowohl Mario B. als auch der Securitymann seien laut Förster gestern von der Polizei vernommen und später wieder entlassen worden. Die Polizei selbst will sich auf Nachfrage nicht weiter zu den Ermittlungen äußern.
Wenige Stunden nach der Tat herrscht am Donnerstagvormittag reges Treiben in der Micktner Straße. Mehrere Beamte schlüpfen in weiße Schutzanzüge, um die Wohnung auf Spuren zu untersuchen. Auch ein belgischer Schäferhund wird von einem Polizisten ins Haus geführt. Was genau darin vor sich geht, bleibt unklar – die hellen Außenjalousien sind im Erdgeschoss komplett herabgelassen. Vom Balkon eines Nachbarhauses fragt eine junge Frau während sie Wäsche aufhängt: „Wissen Sie, was hier passiert ist?“ Die vielen Polizeiautos fallen in der von Wohnhäusern dominierten Seitenstraße auf. Das sei eine ruhige Wohngegend, versichert die 90-jährige Ruth Reis die mit ihrem Chihuahua spazieren geht. Dass in ihrer direkten Nachbarschaft ein Mord geschehen sein soll, findet sie „beängstigend“.
Dresdner Polizeibericht vom 19. Februar
Geschockt ist auch eine kesse Blondine um die 50, die wenige Meter entfernt aus dem Auto steigt. Sie selbst arbeitet als Prostituierte im Nachbarhaus. Das Opfer kenne sie nur unter ihrem Künstlernamen Sandra. „Sie hat vielleicht seit etwa fünf Jahren hier gearbeitet. In der Einraumwohnung war sie eigentlich immer allein“, sagt die Kollegin. Auf der Internetseite von „Sandras Oase“ sind einige Fotos der Wohnung zu sehen. Helles Laminat, darüber ein roter Teppich, ein Bett mit Geländer am Kopfende, indirektes Licht und einige Sexutensilien an der Wand. So sah Ramona D.‘s Arbeitswelt aus. Sie selbst war eine dralle Blondine mit langen, lockigen Haaren und mehreren Tattoos. Für ihre Freier hat sie sich ein wenig jünger geschummelt und angegeben, sie sei 37.
Ihre Kollegin aus dem Nachbarhaus empfand sie als nette Person, die ehrlich gesagt hat, was sie meinte. „Nach dieser schrecklichen Tat mache ich mir schon Sorgen – um das Geschäft und natürlich auch um mich selbst. Da muss man besser aufpassen, wem man die Tür öffnet.“
Das Opfer Ramona D. soll am Vorabend um 23 Uhr noch einen Freier gehabt haben. So hat es ihr Freund Mario B. seinem Chef Wolle Förster erzählt. Ob es diesen Freier wirklich gab und ob der mit dem Mord in Verbindung steht, ist bisher unklar. Um Hinweise auf den möglichen Täter zu finden, haben Polizeibeamte gestern Anwohner befragt und die umliegenden Straßen durchkämmt. Sorgfältig haben sie in Mülltonnen, Glascontainern, Hecken und unter Balkonen nachgesehen.
Wie genau Ramona D. gestorben ist, ist bisher noch unklar. Ihr Freund soll von stumpfer Gewalt und Messerstichen gesprochen haben. Doch auch dazu äußert sich die Polizei nicht. Sie sucht jedoch nach Zeugen, die sich in der Nacht zu Donnerstag zwischen 22 und 2 Uhr in der Gegend aufgehalten haben.
Wer Hinweise zu Personen oder Fahrzeugen geben kann, soll sich bitte telefonisch unter 4832233 bei der Polizei melden.