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Protest gegen Würfelhäuser

In der Lokalpolitik wird darum gestritten, wie modern am Plossenhang gebaut werden darf.

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© Visualisierung: Seidel+Architekten

Von Peter Anderson

Meißen. Die Aussagen klingen dramatisch: Von „Vergewaltigung unserer Heimatstadt“, schreibt CDU-Stadtrat Jörg Schlechte. Dies „müsse mit allen Mitteln verhindert werden.“ Deshalb werde er namentliche Abstimmung beantragen. Linken-Fraktionschef Ullrich Baudis äußert, dieser Anblick sei „ein Unding“. Von einem „planerischen Schandfleck“ spricht der ULM-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Tücks. Abgeschwächt fordert SPD-Stadtrat Matthias Rost, vor einem Bau an dieser exponierten Stelle, müsse „gründlich beraten“ werden.

Ansicht einer Stadtvilla.
Ansicht einer Stadtvilla. © Visualisierung: Seidel+Architekten
Und so planen die Architekten die Villen am Hang.
Und so planen die Architekten die Villen am Hang. © Visualisierung: Seidel+Architekten

Was für ein Projekt ist das, welches diesen selten einmütigen Protest der Stadträte vor der nächsten Sitzung am Mittwoch, 17 Uhr, provoziert? Der im Internet veröffentlichten Vorlage zufolge, handelt es sich darum, für eine 8 650 Quadratmeter große Fläche am Kapellenweg einen Bebauungsplan aufzustellen. Dieser soll es dann ermöglichen, an der Straße Eigenheime sowie mehrgeschossige Mietshäuser zu errichten. Laut übereinstimmenden Angaben verschiedener Quellen treibt die städtische Entwicklungsgesellschaft Seeg das Vorhaben zusammen mit den Sanierern der Hornschen Villa, der Familie Dathe, voran. Ein Entwurf, welcher ebenfalls im Informationssystem des Stadtrats enthalten ist, zeigt insgesamt fünf zwischen zwei und zweieinhalb Geschosse hohe Häuser mit modernen Formen, die mit sehr viel Glas, hellen Fassaden, Balkonen, Terrassen und Flachdächern gestaltet sind.

Vor allem an letzterem Punkt erregen sich die Gemüter. Die Flachdächer sehe er als „deplatziert“ an, schreibt etwa Wolfgang Tücks. Der AfD-Politiker Heiko Knorr sieht in dem Entwurf den fortgesetzten Versuch, „den Charakter der über 1 000-jährigen Wiege Sachsens ein für alle Mal kaputtzumachen.“

Verwundert über diese Empörung zeigt sich Seeg-Geschäftsführerin Birgit Richter. Wie sie dem Fernsehsender Meißen TV sagte, entstehe ihrer Ansicht nach durch das Nebeneinander von älteren und moderneren Stilen eine „attraktive Raumsituation“. Meißen folge damit einem deutschlandweiten Trend. Gleichzeitig stellte Birgit Richter fest, dass es sich bei den jetzt veröffentlichten Entwürfen nicht um endgültige Pläne handele. „Es steht noch nicht fest, in welcher Art wir dort bauen dürfen“, so Richter gegenüber TVM. Werde ein Bebauungsplan beschlossen, folge ein sogenanntes Abwägungsverfahren. In diesem dürften alle Beteiligten ihre Bedenken vortragen. Dies sollte auch den Landschafts- und Denkmalschutz betreffen.

Tatsächlich sind Häuser mit Flachdächern im Bereich des Elbtals durchaus vorhanden. Dazu zählen an größeren Gebäuden etwa die Vinothek der Weinerlebniswelt, der Neubau des Weinguts Vincenz Richter unterhalb des Kapitelberges oder der Anbau des Herrenhauses Johannisberg in Radebeul-Zitzschewig. In der von der Verwaltung erarbeiteten Vorlage heißt es dementsprechend, angestrebt werde eine „qualitativ hochwertige Architektur der neuen Gebäude“, welche den Stadtteil insgesamt aufwerten könne.

Neben der Architekturkritik bemängelt Walter Hannot von der Bürgerinitiative „Meißen kann mehr“generell, das Engagement der Stadtentwicklungsgesellschaft im hochpreisigen Wohnungsbau. „Bauen an dieser Stelle würden mit Kusshand auch private Investoren“, so Hannot. Das Projekt am Kapellenweg binde bei der Seeg nur Kapital, welches für sozialverträgliche Wohnungen, Lückenbebauungen und in bestimmten Stadtteilen impulsgebendes Bauen nach seinem Empfinden viel wichtiger angelegt wäre.