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Prozess gegen Justizbeamten beginnt 

Nach dem Tod von Daniel H. in Chemnitz soll der Mann Infos zu einem verdächtigen Iraker weitergegeben haben. Das ist aber nicht der einzige Verdacht gegen ihn.

Von Alexander Schneider
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Daniel Z., hier mit seinem Anwalt, hatte sich selbst zu der illegalen Veröffentlichung des Haftbefehls bekannt.
Daniel Z., hier mit seinem Anwalt, hatte sich selbst zu der illegalen Veröffentlichung des Haftbefehls bekannt. © Tino Plunert (Archiv)

Dresden. Ende Oktober muss sich ein Justizvollzugsbeamter wegen Verrats von Dienstgeheimnissen vor dem Amtsgericht Dresden verantworten. Dem inzwischen suspendierten Beamten wird vorgeworfen, Ende August 2018 in der Dresdner Justizvollzugsanstalt den Haftbefehl eines Untersuchungsgefangenen veröffentlicht zu haben. Der inhaftierte Iraker hatte kurzzeitig unter dem Verdacht gestanden, an dem tödlichen Angriff auf Daniel H. aus Chemnitz beteiligt gewesen zu sein. Der Mann war nach der Tat am Morgen des 26. August festgenommen und tags drauf von einem Ermittlungsrichter verhaftet worden.

Der Bedienstete Daniel Z. soll den Haftbefehl des Irakers in der Dresdner JVA abfotografiert und unter anderem an Angehörige H.s und die rechtsextreme Initiative Pro Chemnitz weitergeleitet haben. Z. hatte das Fotografieren und Weiterleiten zugegeben, nachdem Ermittler ihm innerhalb weniger Tage auf die Spur gekommen waren. Er habe die Öffentlichkeit informieren wollen, gab er als Begründung an. In der rechtspopulistischen Szene wurde Z. für seine „Courage“ als Held gefeiert. Z. kandidierte schließlich im Mai bei den Kommunalwahlen in Dresden für die AfD, verpasste allerdings den Einzug in den Stadtrat.

Die Staatsanwaltschaft hatte Z. bereits im Frühjahr wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen angeklagt. Darüber hinaus wird gegen ihn und fünf weitere Vollzugsbedienstete wegen Körperverletzung im Amt ermittelt, wie Saechsische.de Mitte April berichtete. Sie sollen ausländische Gefangene misshandelt haben. Diese mutmaßlichen Übergriffe waren ans Licht gekommen, als die Ermittler nach dem Täter suchten, der den Haftbefehl durchgestochen hatte.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen weitere Verdächtige, die den durchgestochenen Haftbefehl veröffentlicht haben, darunter Rechtsanwalt Martin Kohlmann, Chef von „Pro Chemnitz“. Dresdens Pegida-Gründer Lutz Bachmann wurde bereits im Sommer per Strafbefehl zu eine Geldstrafe von 3.000 Euro wegen dieser Sache verurteilt. Auf einer Pegida-Demo Ende August kündigte er an, er werde dieses Urteil nicht akzeptieren. Es sei verboten, im Wortlaut aus Anklageschriften oder anderen Dokumenten zu berichten, sagte Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden.

Der Iraker, dessen persönliche Daten nebst Details zu den Vorwürfen in dem abfotografierten Haftbefehl veröffentlicht worden waren, ist mangels Tatverdacht noch im September aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Er hatte mit dem sinnlosen Tod von Daniel H. im Rahmen einer Auseinandersetzung am Rande des Chemnitzer Stadtfests nichts zu tun. Der zweite Tatverdächtige, der 23-jährige Syrer Alaa S., wurde im August wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von neuneinhalb Jahren verurteilt. Seine Verteidiger hatten in ihren Plädoyers auch die Sache mit dem veröffentlichten Haftbefehl thematisiert. Darin seien etwa auch persönliche Informationen ihres Mandanten zu finden gewesen. Da auch Zeugen der Tat den illegal veröffentlichten Haftbefehl erhalten hätten, seien sie möglicherweise nicht mehr unvoreingenommen, argumentierten die Anwälte von Alaa S.

Der Prozess gegen Daniel Z. findet am 30. Oktober vor einer Strafrichterin statt. Sie habe die Anklage nun eröffnet, teilte die Justiz nun mit. (SZ/lex)