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Pulsnitz findet keinen Friedensrichter

Noch amtiert Wolfgang Hoffmann. Ob er jetzt noch eine Amtszeit dranhängt, steht noch nicht fest.

Von Reiner Hanke
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Wolfgang Hoffmann ist seit fünf Jahren der Friedensrichter für die Region Pulsnitz. aber seine Amtszeit endet bald. Die Stadt hat das Ehrenamt ausgeschrieben. Bisher meldete sich kein Interessent.
Wolfgang Hoffmann ist seit fünf Jahren der Friedensrichter für die Region Pulsnitz. aber seine Amtszeit endet bald. Die Stadt hat das Ehrenamt ausgeschrieben. Bisher meldete sich kein Interessent. © Matthias Schumann

Pulsnitz. Seit fünf Jahren schlichtet in Pulsnitz Wolfgang Hoffmann heikle Fälle. Er ist der Friedensrichter für die Stadt. Und auch für die Nachbardörfer der Verwaltungsgemeinschaft. Die Amtszeit des 70-Jährigen geht bald zu Ende. Darüber kann er einige Geschichten erzählen. Die vergangenen Jahre seien für ihn eine wertvolle Lebenserfahrung gewesen. Manchmal seien es drei Ratsuchende im Monat, manchmal keiner. Das hänge auch mit der Gartensaison zusammen. Denn die meisten Fälle seien Nachbarschaftsstreitigkeiten – oft zwischen Gartenbesitzern. Da geht es um Klassiker wie überhängende Äste und Früchte. Außerdem Grenzprobleme. Das resultiere mitunter noch aus DDR-Zeiten, als es mit den Grenzen nicht so genau genommen wurde. Heute ärgern sich Neubesitzer damit herum. Auch die Tierhaltung führe immer mal wieder zu Streitfällen. Wie ein allzu stimmgewaltiger Hahn, erinnert sich Hoffmann.

Selbst die ausgebliebene Einladung zur Gartenparty kann Nachbarn in Rage bringen. Oft würden die wirklichen Gründe viel tiefer liegen, und er müsse erst danach bohren. Eine Kleinigkeit sei dann der Auslöser für den offenen Streit. „Oft würde es schon helfen, wenn die Leute mal miteinander reden. So tun sie es dann eben bei mir.“ In etwa 50 Prozent der Fälle sei eine Schlichtungsverhandlung erfolgreich. Andere enden dann eben doch vor dem Kadi. Aber es sei doch schön, die Gerichte ein bisschen zu entlasten. Denn die haben doch wichtigere Fälle. Es sei schade, dass sich noch kein Nachfolger gefunden habe, so Hoffmann. Er wünsche sich manchmal mehr Wertschätzung für das Amt, weil die Arbeit des Schlichters doch der Allgemeinheit zugutekomme. Vielleicht liege es ja daran, dass das Interesse gering ist? Es werde von der Bedeutung des Friedensrichters gesprochen. Beim Umzug der Stadtverwaltung habe man den Friedensrichter quasi vergessen.

Die Stadt hatte die Stelle unterdessen neu ausgeschrieben, aber bisher ohne Erfolg. Auch Wolfgang Hoffmann hatte sich nicht erneut beworben. Er habe sich gedacht, es könnte ja auch mal jemand anderes ran. Letztlich meldete sich gar kein Interessent, heißt es aus der Verwaltung. Es gab Zeiten, da konnte die Stadt unter etlichen Bewerbern den geeigneten auswählen. Die sind längst vorbei. Schon 2014 gab es nur einen Bewerber.

So wolle die Stadt das Ehrenamt nun noch einmal ausschreiben, so Bürgermeisterin Barbara Lüke. Denn das sei keine freiwillige Aufgabe der Kommune, sondern Pflicht. Der Friedensrichter sollte ein guter Moderator zwischen Streithähnen sein und Menschenkenntnis besitzen.

Auch andere Kommunen in Besetzungs-Schwierigkeiten

Sollte sich erneut kein Bewerber finden, müsste die Stadt eine Friedensrichterin oder einen Richter bestimmen. Es sei aber zweifelhaft, ob Druck die richtige Lösung ist. Auch andere Kommunen haben offenbar ihre Schwierigkeiten, das Amt zu besetzen. So hat der Pulsnitzer Friedensrichter die Aufgabe bereits für die Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft übernommen. Für einen Verbund mit über 14.000 Einwohnern sei es nicht möglich, bei einer anderen Kommune unterzuschlüpfen. Die Bürgermeisterin appellierte jetzt auch noch einmal an alle Stadträte, auszuschwärmen, Bekannte und Freunde anzusprechen und mit Bürgern ins Gespräch zu kommen, damit das Amt ausgefüllt werden könne.

Derzeit läuft noch die Amtszeit von Wolfgang Hoffmann. Seine regelmäßige Sprechstunde müsse aber im Moment pausieren. Im Interimsrathaus der Stadt auf der Goethestraße sei kein geeigneter Platz für ein Büro. Er habe sich deshalb auch im Umland umgeschaut und könne vielleicht im Ohorner Rathaus ein Büro bekommen. Das wäre dann auch in der Nähe von Steina. Von dort kämen sowieso die meisten Klienten, ist die Erfahrung. Inzwischen habe er auch eine E-Mail erhalten mit der Nachfrage seitens der Stadt, ob er vielleicht noch eine Amtszeit dranhängen könne. Er stehe dem im Grunde positiv gegenüber, habe sich aber noch nicht entschieden. Pulsnitz und Umgebung könnten durchaus auch zwei Friedensrichter gebrauchen, dann wäre man deutlich flexibler. Zum Beispiel, um Urlaubszeiten abzudecken.

Zu alt fühle er sich noch lange nicht. Schließlich werde ja sogar über ein Renteneintrittsalter mit 70 diskutiert.

Im Ehrenamt

Wolfgang Hoffmann lebt seit 1994 in Pulsnitz. Er hat zwei erwachsene Kinder und ist verheiratet.

Beruflich war er auch als Projektleiter in der Medizintechnikbranche tätig. Als Hobbysegler und Motorradfan bezeichnete er das Ehrenamt auch als eine „Lebensumrahmung“.

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