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Quadratisch, historisch, mit Mut

Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit wird in Freital-Wurgwitz ein Vierseithof saniert – mit besonderem Anspruch.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Tobias Winzer

Freital. Kaum vorstellbar, wie es hier noch vor vier Jahren ausgesehen haben soll. Die Türen ließen sich damals kaum öffnen, weil sich dahinter der Müll bis unter die Decke stapelte. 30 Container voll mit Gerümpel mussten entsorgt werden, ehe an eine Sanierung des Vierseithofes an der Ecke Oberstraße/Zur Quäne in Wurgwitz überhaupt zu denken war. „Der Hof war in sehr desolatem Zustand“, erinnert sich Tilo Barthel, der mit seinem Freitaler Bauunternehmen Barthel Bau Generalauftragnehmer ist. Die beiden Familien aus Wurgwitz, denen der Hof seit 2014 gehört, möchten im Hintergrund bleiben. Mittlerweile hat sich das Bild komplett geändert. Im August, so das Ziel, soll die umfangreiche Sanierung abgeschlossen sein.

So sieht der Vierseithof derzeit von innen aus – rechts das ehemalige Wohnhaus und links die ehemalige Scheune. Der Neubau in der Mitte wurde anstatt einer Stallung errichtet, die nicht mehr zu retten war,
So sieht der Vierseithof derzeit von innen aus – rechts das ehemalige Wohnhaus und links die ehemalige Scheune. Der Neubau in der Mitte wurde anstatt einer Stallung errichtet, die nicht mehr zu retten war, © Karl-Ludwig Oberthür
Welchen Aufwand die beiden Eigentümerfamilien bei der Sanierung betrieben haben, lässt sich zum Beispiel im Dachgeschoss des ehemaligen Wohnhauses des Hofs erahnen.
Welchen Aufwand die beiden Eigentümerfamilien bei der Sanierung betrieben haben, lässt sich zum Beispiel im Dachgeschoss des ehemaligen Wohnhauses des Hofs erahnen. © Karl-Ludwig Oberthür
So soll der Hof nach der Fertigstellung Ende August aussehen. Insgesamt entstehen 14 Wohnungen mit einer Größe von 45 bis 138 Quadratmetern Größe – die meisten mit Balkon oder Terrasse ausgestattet.
So soll der Hof nach der Fertigstellung Ende August aussehen. Insgesamt entstehen 14 Wohnungen mit einer Größe von 45 bis 138 Quadratmetern Größe – die meisten mit Balkon oder Terrasse ausgestattet. © Ansicht: privat

Für Barthel, der in Wurgwitz bereits zwei Höfe und weitere Fachwerkhäuser saniert hat, ist das Bauprojekt wegen seiner Größe, aber auch wegen der Zusammenarbeit mit den Bauherrn ein besonderes. „Wir können hier viele Dinge in Sachen denkmalgerechter Sanierung vorbildlich umsetzen.“ Hätten es sich die Bauherren einfach gemacht, hätten sie auf den Verfall des Denkmals gewartet und dann neu gebaut. Ihr Ziel aber war es, ein Stück Wurgwitzer Historie zu erhalten.

Dieser Anspruch wird zum Beispiel im ehemaligen Wohnhaus des Hofes deutlich – errichtet Mitte des 18. Jahrhunderts. Das Gebäude hatte sich über die Jahre um 40 Zentimeter gesenkt und musste aufwendig mit Pressen in die Höhe gedrückt werden. Alle Balken, die noch zu gebrauchen waren, schauen nun zwischen lehmverputzten Decken und Wänden hervor. Alte Sandsteingesimse von ehemaligen Durchgängen wurden integriert. An einer Stelle ist die Wand unverputzt und gibt den Blick auf altes Gemäuer frei. Die historische Anmutung wird auch nicht durch Heizkörper gestört. Sie stecken in den Wänden. Ganz anders mussten Barthel und seine Bauleute bei der ehemaligen Scheune auf der gegenüberliegenden Seite des Hofes vorgehen. Das mächtige Gebäude wurde komplett entkernt und im Inneren sozusagen ein Haus im Haus aufgebaut. Auf drei Etagen ist nun Platz für insgesamt sechs geräumige Wohnungen – zwischen hundert und 138 Quadratmeter groß – entstanden.

Nicht mehr zu retten waren die beiden Stallungen, die den Vierseithof zwischen Wohnhaus auf der einen und Scheune auf der anderen Seite komplett machten. Die beiden Häuser wurden abgerissen und durch jeweils zweigeschossige Neubauten ersetzt. Der Clou ist ein großer Gemeinschaftsraum in einem der Neubauten. Hier, im Erdgeschoss, können die künftigen Bewohner des Hofes beispielsweise Geburtstagsfeiern veranstalten oder sich einfach so treffen. Der große Raum mit bodentiefen Fenstern auf beiden Seiten wird mit einer Küche und Toiletten ausgestattet. Zum Treffpunkt soll außerdem der Innenhof werden, auf den nach dem Ende der Sanierung ein großer Baum gepflanzt wird.

Der Wunsch der Eigentümer ist es, dass der Hof nicht nur wegen des Aufwandes bei der Sanierung ein ungewöhnliches Zuhause wird, sondern auch wegen des Miteinanderes der künftigen Mieter. Idealerweise sollen hier verschiedene Generationen miteinander leben. Deswegen sind auch die Größen der insgesamt 14 Wohnungen so unterschiedlich, dass verschiedene Ansprüche bedient werden können – von der kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung für Singles bis zur großen Drei-Zimmer-Wohnung für Familien. Bis auf drei Wohnungen sind alle barrierefrei zugänglich.

Nach dem Richtfest im Februar biegen die Bauarbeiten, die Anfang 2017 begonnen haben, nun auf die Zielgerade. An der Scheune fehlt noch der Außenputz. Auch beim Innenausbau der Wohnungen ist noch einiges zu tun. In rund fünf Monaten soll alles fertig sein. Wegen des enormen Aufwands bei der Sanierung werden die Mieten zwar nicht ganz günstig, sind aber mit denen anderer neuer Wohnungsbauprojekte in Freital vergleichbar. Etwa zehn Euro kalt wird pro Quadratmeter verlangt.

Dafür haben die Mieter die Wurgwitzer Kita und Grundschule quasi vor der Tür, einen Blick ins Grüne, nahe Einkaufsmöglichkeiten, einen kurzen Weg nach Dresden – und das Privileg, in einem Stück Geschichte zu leben.

Alle Informationen und Kontaktmöglichkeiten für Mietinteressenten gibt es im Internet.