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Quersaer Trafohaus wird berühmt

Eine ungewöhnliche Internet-Fangemeinde hat es für sich entdeckt. Vielleicht wird es sogar nachgebaut.

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© Anne Hübschmann

Von Jörg Richter

Lampertswalde. Man sieht sie gelegentlich an Bahnübergängen: Hobbyfotografen mit riesigen Apparaten bewaffnet, die Lokomotiven und Züge ins Bild setzen. Andere knipsen Feuerwehren, alte Autos, Motorräder, Burgen, Schlösser … Alles bekannte Motive, für die es jeweils viele Interessenten gibt. Vom Bodensee kommt aber eine Fotoidee, die schon ziemlich außergewöhnlich ist: Trafohäuser!

Pit Fischer aus dem schwäbischen Hohenzollern sammelt Fotos von den „schönsten Trafohäuschen Europas“. So zumindest ist es auf seiner Internetseite (www.trafoturm.eu) zu lesen. Und seit Kurzem gehört auch die Trafostation Quersa dazu. „Diese Internetseite war ursprünglich nicht ernst gemeint“, erzählt Fischer. „Es war eine Jux-Idee“, an der sich auch ein paar Künstler beteiligten, die sich einen Spaß daraus machten. Entsprechend bunt ist die Internetseite gestaltet. Sie nannten sich Zentralkomitee der Trafohäuschen-Homepage-Redaktion und gaben sich Funktionsbezeichnungen wie Alterspräsidentin, Trafostationsschwester, Getränkewart und Katastrophenfotograf.

Doch wie es so ist im Leben: irgendwann wurde aus dem Spaß Ernst. Spätestens ab dem Moment, als sich der promovierte Maschinenbauingenieur Illo-Frank Primus bei Pit Fischer meldete, um für sein Fachbuch „Geschichte und Gesichter der Trafostationen“ (2013 im VDE-Verlag erschienen) Fotos zu finden. Immerhin 45 von 377 Fotografien stammen von Fischer.

Dabei hatte seine Leidenschaft mit fünf Bildern angefangen, und auch nur aus Nostalgie. „Schon als Kind habe ich Trafohäuser als Orientierungspunkt gesehen, wenn ich zum Baden an den Bodensee gefahren bin“, erzählt er.

Seine Internetseite ist seit April 2008 aktiv. Anfangs waren die Besucherzahlen sehr bescheiden. Doch heute klicken jeden Monat zwischen 500 bis 700 Internetnutzer die Startseite an. „Da sind die vielen Quereinsteiger gar nicht mitgezählt“, sagt Fischer. „Mit so einer Resonanz habe ich noch vor fünf Jahren nicht gerechnet.“

Seit etwa dieser Zeit hat sich eine richtige Trafohaus-Fangemeinde entwickelt. Hobbyfotografen aus ganz Deutschland schicken ihm Bilder. Viele von ihnen sind Technikinteressierte und Denkmalschützer. Fischer: „Ich habe da offensichtlich völlig unbeabsichtigt einen Trend losgetreten oder verstärkt.“

Auf der Durchfahrt fotografiert

Die Fotos von der Trafostation Quersa hat er von Manfred Kühl erhalten. Der Berliner hat sie aus einer anderen Motivation heraus geschossen. Kühl ist eigentlich Modellbauer und auf der Suche nach dem idealen Trafohaus für sein aktuelles Diorama im Maßstab 1:22,5 – das entspricht der Gartenbahn-Größe. Bis zu 60 Trafohäuser hat der Berliner schon fotografiert. „Ich habe mich noch nicht festgelegt, welches ich nachbaue“, sagt er. Aber das Quersaer Gebäude gehöre zu seinen Favoriten. Es würde als Modell rund 70 Zentimeter hoch sein. Kühl hat schon berechnet, dass er dafür rund 2 500 Mini-Ziegelsteine (jeweils zehn Mal sieben Mal fünf Millimeter winzig) benötigt. „Die muss man mit Pinzette anfassen“, sagt der Hobbymodellbauer. „Das Kleben der Steine geht relativ schnell, aber das Verfugen dauert.“ Vier Wochen plant er für den Nachbau der Trafostation ein. Schließlich soll sie so echt wie möglich aussehen.

Der gebürtige Saßnitzer, der in Dresden aufgewachsen ist und hier auch Jura studiert hat, kommt immer wieder gern nach Sachsen zurück. Denn als Vorlage für seine Dioramen dienen ihm oft die hiesigen Schmalspurbahnen. Auf seinem Weg zur Döllnitzbahn in Oschatz kam er 2014 durch Quersa und entdeckte das hiesige Trafohaus. Er schickte das Foto Pit Fischer, dessen Internetseite er bei seinen Recherchen entdeckte. So wurde Quersa deutschlandweit berühmt.