Wachauer Babyboomer wieder auf dem Platz

Wachau. Wer sich in Wachau für Fußball, für den örtlichen TSV interessiert, kennt auch Markus Uhlig. Der 35-Jährige ist Mitglied der ersten Fußball-Männermannschaft, gehört dort zu den routinierten Stammkräften. Wer mehr über ihn wissen will, braucht nur auf die Webseite des Vereines zu klicken, wo die Spieler mit Kurz-Porträts vorgestellt werden.
Dort erfährt man von Uhligs Lieblingsgericht (Kartoffeln mit Quark), davon, dass er die flüssigen Produkte einer in der Nähe liegenden Brauerei schätzt, von den Höhepunkten seiner Fußballkarriere beim TSV ("tolles Heimspiel gegen Pirna, zwei Buden gemacht") und das er irgendwann mal das Fußballer-Leben von der anderen Seite kennenlernen will. Als Trainer.
Ein Wunsch, der in Erfüllung gegangen ist. Uhlig trainiert seit kurzem das neue Frauenfußballteam des TSV. Frauenfußball in Wachau, da war doch mal was, oder? Richtig. Langjährige Mitglieder und Fans des Klubs dürften sich noch an die Zeit erinnern, als Fußballfrauen des Klubs in der Kreisliga "bella figura" machten, recht gut abschnitten.
2009, nach zehn mehr oder minder erfolgreichen Jahren, war es jedoch vorbei mit der Frauenfußballherrlichkeit. Der Grund: Während der Spielzeit wurden mehr als die Hälfte des weiblichen Personals des damaligen Trainers Dietmar Rösler schwanger.
15 Mädchen und Frauen gehören zur Mannschaft
Die Folge: Das Team wurde abgemeldet. Unter dem Titel "Babyboom auf dem Bolzplatz" hatte seinerzeit RTL auf diesen in Deutschland nicht alltäglichen Fall von Nachwuchsarbeit im Damenfußball mit einem Film hingewiesen. Am kommenden Montag ist wieder ein Training des im Aufbau befindlichen Frauenteams angesetzt. Pandemiebedingt war das ja wochenlang ausgefallen.
Logisch, dass sich nun alle aufs Kicken freuen, auch Markus Uhlig. 15 Mädchen und Frauen im Alter von 17 bis 40 Jahren gehören derzeit zum Kader. Darunter auch einige, die noch beim legendären Babyboom-Team mitwirkten. Die schwärmten häufig von "dieser tollen Zeit", so die Arnsdorferin Alexa Böhme.
Die 20-Jährige gehört zu den blutjungen Neulingen, erzählt von "der tollen Atmosphäre" im Verein. Sie wolle das ABC des Fußballspielens von der Pike auf lernen, so Alexa Böhme weiter. Ballannahme, Schusstechnik, Stellungsspiel, all das, soll ihr Markus Uhlig, der von Co-Trainer Paul Walter unterstützt wird, vermitteln. Ein Fußball-Idol hat sie nicht, sieht sich auch nicht Sportschau oder das Aktuelle Sportstudio an. "Bin lieber am Wochenende auf den Dörfern unterwegs, um mir da Fußballspiele anzuschauen." Der Grund: Da gehe es oft temperamentvoll zu. Das mag die 20-Jährige, die bereits Vorstellungen von ihrer Position im Team hat. "Ich denke, ich kann bestimmt gut verteidigen", so Alexa Böhme, die im vergangenen Jahr auf dem Wachauer Erntedankfest von dem Frauenfußball-Projekt des Klubs erfuhr.
Da hatten einige Frauen Markus Uhlig angesprochen, sich erkundigt, ob er sich vorstellen könne, das neue Damenteam unter seine Fittiche zu nehmen. Konnte er. Zum Trainingsauftakt standen mehr als ein Dutzend Spielerinnen auf dem Platz. Und es kamen viele, vorwiegend männliche Zuschauer. Klar, im Dorf sei das neue Frauenteam Gesprächsthema gewesen, aber das gleich so viele dabei sein wollten, das hatte Markus Uhlig doch überrascht. Vor allem die Frauen. "Die empfanden das Ganze irgendwann als Schaulaufen."
Lieber Training auf dem Platz als in der Halle
Manche hätten sich nicht wohlgefühlt, so Uhlig. Verständlich. Schließlich wollten die Damen bei ihrer Freizeitbeschäftigung unter sich sein. Weil ja vieles noch gar nicht perfekt sei, erzählt Uhlig, für den dieses Dasein als Coach einer Frauenmannschaft Neuland ist. Eines, bei dem er immer wieder zu neuen Erkenntnissen kommt. Etwa, dass "die Frauen vom Kämpferischen den Herren in nichts nachstehen." Das der Erklärungsbedarf vor jeder Übung größer als bei den Männern sei. Frau will halt überzeugt werden von dem, was da gefordert ist.
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Und noch etwas ließ ihn staunen. "Ich hatte in der kalten Jahreszeit Hallentraining angeboten." Jedoch: Die Damen zögen selbst im Winter lieber Bewegung unter freiem Himmel vor. So gesehen dürfte die Übungseinheit am kommenden Montag sicher zu einem Härtetest werden. Minusgrade, gefrorener Platz. Störe sie gar nicht, meint Alexa Böhme. Die sich auf die einstündige Übungseinheit und auf die dritte Halbzeit in der Umkleidekabine freut. Wo bei einem Gläschen Sekt nicht nur über Raum- oder Manndeckung diskutiert, sondern auch wie es perspektivisch mit der Mannschaft weitergehen wird. Martin Uhlig hat da schon Pläne: "Im Frühjahr wollen wir Freundschaftsspiele machen".
Gut möglich, dass die Frauen sogar bald um Punkte spielen werden, vielleicht schon in der Spielzeit 22/23. Das wäre prima, so Alexa Böhme. Die darauf vertraut, bis dahin fußballtechnisch so fit zu sein, dass das im Spiel auch reibungslos klappt, mit dem Verteidigen. Interessenten können jederzeit beim Training vorbeischauen. Markus Uhlig weist darauf hin, dass man auch ohne fußballerische Grundkenntnisse bei den Übungseinheiten reinschnuppern könne. Trainiert wird montags, von 19 bis 20 Uhr auf dem Sportplatz Wachau, Am Sportplatz 1. Weitere Informationen unter 0351/4568250