Buchensterben in der Heide

Radeberg. Sonnenschein, Vogelgezwitscher, Bäume und Sträucher treiben die ersten Blätter aus. Dennoch blickt Heiko Müller immer wieder sorgenvoll in die Baumkronen an der Ullersdorfer Hauptstraße am Rande der Dresdner Heide. „Das ist mit bloßem Auge zu sehen. Die oberen Äste mehrerer Buchen sind abgestorben, fünf, sechs Meter sind morsch, dann treibt der Baum noch aus“, sagt der Abteilungsleiter Staatsforstbetrieb bei Sachsenforst.
Für ihn ist das ein untrügliches Zeichen, dass es den Bäumen schlecht geht. „Sie werden absterben. Die oberen Äste brechen ab, an den Abbruchstellen setzt sich der Pilz fest und dringt weit in das Holz ein“, sagt der Forstfachmann. Dann wird es gefährlich. „Unvermittelt können stärkere Äste abbrechen, dazu muss nicht mal Wind wehen. Das ist lebensgefährlich. Im Albertpark am Rande der Heide in Dresden ist erst vor wenigen Tagen ein Baum umgestürzt. Glücklicherweise wurde niemand verletzt.“
Um dieser Gefahr vorzubeugen, sind in der Ullersdorfer Hauptstraße mehrere Buchen gefällt worden, große Bäume, mehr als 35 Meter hoch. Für den Laien auf den ersten Blick intakte Bäume. Am Stamm sind keine Schäden zu erkennen. „Auch wir sehen das oft nur mit dem Fernglas oder vom Hubsteiger aus.“
Pilze zersetzen das Holz schnell
Da die Schäden nicht auf den ersten Blick erkennbar sind, die Bäume aber umgesägt werden, bekommt Heiko Müller mitunter vorwurfsvolle Schreiben. „Ob wir nicht wüssten, dass das ein Naturschutzgebiet ist. Natürlich wissen wir das. Aber für Spaziergänger und die vorbeifahrenden Autos geht eine große Gefahr von den Bäumen aus. Der Zersetzungsprozess durch die Pilze geht schnell, und die Gefahr wächst.“
Heiko Müller zeigt das am Stamm eines der gefällten Bäume. „Hier oben wurde bereits die Rinde rissig. Sie löst sich vom Stamm. Dieser Baum hätte leider nicht mehr lange zu leben gehabt.“ Auch ein weiteres Phänomen tritt hier auf: „Buchen-Borkenkäfer haben den Baum befallen. Diese besondere Käferart ist in den vergangenen Jahrzehnten kaum zu sehen gewesen. Jetzt richtet sie wieder Schaden an.“
Nicht nur für Fußgänger und Autofahrer stellen diese absterbenden Bäume eine Gefahr dar, auch für Waldarbeiter. „Beim Fällen dieser Bäume kann sich plötzlich ein Ast lösen und den Arbeiter treffen“, sagt Heiko Müller. Sachsenforst hat deshalb ferngesteuerte Geräte angeschafft. Mit ihnen ist es möglich, nach dem ersten Sägeschnitt den Keil maschinell in den Stamm zu drücken. „Der Mitarbeiter kann das aus der Ferne steuern und ist keiner Gefahr ausgesetzt.“
Grund für die Schäden ist die Trockenheit der vergangenen drei Jahre. „Auch dieser Winter hat das Defizit nicht auffüllen können. Die Wurzeln finden nicht mehr genug Wasser und können die Spitzen nicht mehr ausreichend versorgen. Sie sterben als Erstes ab“, sagt er.
Schwierige Situation im Seifersdorfer Tal
„Es blutet einem das Herz, wenn wir diese alten Bäume fällen müssen. Eigentlich sind diese Buchen unsere Mutterbäume und lauter Einzelbiotope. Die Buchen sind zu Zeiten des großen Forstreformers Heinrich Cotta gepflanzt worden, also etwa zwischen 1830 und 1845. Solange haben sie durchgehalten, jetzt sterben sie ab.“
Nicht nur in der Dresdner Heide, auch im Seifersdorfer Tal ist die Situation dramatisch. „Dort sind 80 Prozent des Buchenbestandes so schwer geschädigt, dass sie den nächsten Sommer nicht überstehen werden. Die Buche ist mit einem Anteil von 50 Prozent die am meisten verbreitete Baumart im Tal.“ Wie in der Heide werden entlang der Hauptwege einige Bäume gefällt werden müssen. „Wo sich keine größeren Wege befinden und abseits von Häusern können sie stehenbleiben. Eventuell müssen diese Flächen jedoch gesperrt werden.“
Auch andere Baumarten bereiten den Forstleuten Sorgen. „Die Kiefer als eine unserer Hauptbaumarten hat ihren Höhepunkt, was die Schäden angeht, jetzt erreicht. Viele Bäume stehen mit Nadeln und ohne Rinde da.“ In der Heide und den städtischen Flächen im Albertpark mussten in diesem Jahr schon etwa 5.000 Festmeter Kiefer, das sind etwa 10.000 Bäume, geschlagen werden. „Ein Ende ist noch nicht abzusehen. Im Moment arbeitet ein Harvester, eine Holzerntemaschine, am Ortsausgang Langebrück in Richtung Klotzsche.“
Inzwischen sind auch die tiefer wurzelnden Kiefern betroffen. „Der Baum galt lange als trockenresistent, die Schäden treten hier zeitlich verzögert auf.“ Noch ist der Fichtenborkenkäfer aufgrund der kühlen Witterung nicht aktiv. Sobald die Temperaturen in die Höhe gehen, wird sich das ändern, sagt Heiko Müller.
„Besonders in den Revieren Ullersdorf und Bühlau, wo noch größere Fichtenbestände stehen, sind die Revierförster dann im Alarmzustand. Harvester und Waldarbeiter werden dort sicher ab Mai wieder eingesetzt.“ Mit umfangreichen Aufforstungen versucht Sachsenforst, dem Waldsterben zu begegnen. „In den vier Revieren Ullersdorf, Langebrück, Bühlau und Klotzsche werden bis Ende April 100.000 neue Bäume und Sträucher gepflanzt. Zusätzlich wurde noch auf sechs Hektar Weißtannensamen ausgesät“ so der Abteilungsleiter.
Mehr als zehn verschiedene Baumarten wie Eiche, Linde, Roterle, Vogelkirsche, Weißtanne und Lärche und fünf Straucharten werden die Forstleute in den Boden bringen. Wie die Heide in zehn Jahren aussehen wird? „Viele der älteren Bäume werden verschwunden sein. Sie werden die Trockenheit nicht überstehen.“
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