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Radeberg Optiker gibt Geschäft an Pulsnitzerin ab

Nach 34 Jahren geht der Radeberger Optiker Tom Schendel in den Ruhestand. Wie alles anfing und wer sein Geschäft übernehmen wird.

Von Rainer Könen
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Der Radeberger Optiker Tom Schendel übergibt nach 34 Jahren sein Geschäft an Roxana Johne.
Der Radeberger Optiker Tom Schendel übergibt nach 34 Jahren sein Geschäft an Roxana Johne. © René Meinig

Radeberg. Der letzte Tag. Sein letzter Arbeitstag. An diesem Samstag. 25. März, hat der Radeberger Optiker Tom Schendel noch einmal sein Geschäft geöffnet. Da durfte der 62-Jährige sicher zahlreiche Hände schütteln, Geschenke auspacken, mit dem einen oder anderen Erinnerungen austauschen. Wird er da möglicherweise mit Wehmut, mit Melancholie auf die zurückliegenden Jahre zurückblicken?

Eher nicht, sagt er. Er habe mit seinem Berufsleben eigentlich "abgeschlossen", so Tom Schendel, der nach 34 Jahren aufhört und in den Ruhestand geht. Sein Geschäft in der Röderstraße 18 wird von der Pulsnitzer Augenoptikermeisterin Roxana Johne übernommen.

Feierabend also für Radebergs dienstältesten Optiker, der in den vergangenen drei Jahrzehnten zahlreichen Radebergern zum richtigen Durchblick verholfen hat. Es sei eine erfolgreiche und mitunter ziemlich lebhafte Zeit gewesen, die er als Geschäftsmann in der Stadt erlebt habe.

Lehre beim Vorgänger Mütze

In die Branche war er gekommen, als er vor Ende seiner Schulzeit beim früheren Radeberger Optiker Gottfried Mütze ein Praktikum absolviert hatte. "Die Arbeit hat mir gleich gefallen", erinnert sich Schendel. Auch weil Gottfried Mütze jemand war, der diesen Beruf "gelebt" habe, wie er das beschreibt. Er habe ihn mit seiner Leidenschaft für die Augenoptik regelrecht angesteckt. "Von ihm habe ich so vieles gelernt", blickt Schendel zurück.

Damit war sein beruflicher Lebensweg quasi vorgegeben. Es folgte die Lehre, natürlich bei Gottfried Mütze. 1976 war das. Nach Abschluss der knapp dreijährigen Ausbildungszeit arbeitete er ein Jahr als Geselle in Mützes Geschäft am Markt. Nach der Armeezeit ging es für drei Jahre nach Jena, zur Fachschule für Augenoptik. 1989 erfolgte der Schritt in die Selbstständigkeit.

Er übernahm das Geschäft von Optikermeister Erwin Grossmann. Damals ebenfalls eine Koryphäe in der hiesigen Zunft. Die Erinnerungen an die Anfangszeit beschreibt Schendel so: "Ich habe großen Zuspruch bekommen." Viele Radeberger hätten seinerzeit auf seine Geschäftseröffnung gewartet. Der Andrang sei in den ersten Wochen beträchtlich gewesen.

Die Hindernisse zu DDR-Zeiten

Gedämpft wurde die Euphorie über seine Geschäftseröffnung jedoch von den üblichen Widrigkeiten des DDR-Alltags, von denen natürlich auch seine Branche betroffen war. Es mangelte damals an fast allem. "Ich hatte, als ich hier anfing, weder Schleifautomat noch Diamanthandschleifstein", so Schendel. Das sind Werkzeuge, die für einen Optiker ein absolutes Muss sind. Er erzählt davon, wie lange man zu DDR-Zeiten auf eine Brille warten musste. Bis zu einem Jahr dauerte es oft, bis Rezeptbrillengläser geliefert wurden.

Es war auch die Zeit, in der die Erwartungshaltung der Menschen an eine Brille bei weitem nicht so hoch war, wie das heutzutage der Fall ist. Früher, so der Radeberger, sei man einfach froh gewesen, wenn man irgendwann eine Brille bekommen habe. Hatten sich die Kunden zu Vorwendezeiten nur zwischen einer hellen oder dunklen Fassung entscheiden können, veränderten sich das Angebot und die Auswahl an Brillen nach 1990 schlagartig. Plötzlich gab es neue, moderne Brillen und Gläser. Das hieß für Tom Schendel aber auch, binnen kurzer Zeit einen weiteren Neustart hinzulegen. Das gelang ihm.

Im Ruhestand mehr Aufenthalte im Freien geplant

Der Fortschritt machte sich bei den Sehhilfen bemerkbar. Während man vor geraumer Zeit noch verschiedene Brillen fürs Lesen, Autofahren oder sonstiges benötigte, setzen mittlerweile viele auf die Gleitsichtbrille. "Das Geschäft mit diesen Brillen hat sich gut entwickelt", so Schendel. Dass die Freizeit vieler in der heutigen Zeit sportiv geprägt ist, registrierte die Branche natürlich. "Sportbrillen sind zunehmend gefragt", meint Schendel, der in den vergangenen Jahren mit Sorge die Entwicklung des Radeberger Einzelhandels verfolgt. "Für etliche Geschäftsleute ist es heutzutage schwieriger geworden, sich zu behaupten", meint er. Zu groß sei die Konkurrenz der großen Einzelhandelsketten und Internetangebote geworden.

Angesichts der Leerstände in der Innenstadt ist Schendel froh, dass er eine Nachfolgerin für sein Geschäft gefunden hat. Die Pulsnitzer Augenoptikermeisterin Roxana Johne übernimmt sein Geschäft, das ab 15. April wieder geöffnet sein wird, was zweifelsohne eine gute Nachricht für die Kunden, für Schendels Heimatstadt ist. Somit wird es hier weiterhin drei Optiker geben.

Und welche Pläne hat Tom Schendel für den anstehenden Lebensabschnitt, seinen Ruhestand? Da kommt die Antwort prompt: "Ich mache all das, wozu in den vergangenen Jahren kaum Zeit blieb." Wer wie er einen Großteil seines Lebens von morgens bis abends in einem wohltemperierten Geschäft gearbeitet habe, der sehne sich vor allem "nach dem Draußensein".

Er werde mit seiner Frau Wanderungen und Radtouren unternehmen, sich seinem Garten künftig intensiv widmen. Außerdem wolle er wieder öfter daheim Brot backen. Denn das "mache ich sehr gerne", so Schendel - wie auch das Fotografieren. Auch will er mit seiner Frau künftig das kulturelle Leben in der Region, in Dresden erkunden. Ist eine Weltreise geplant? Kopfschütteln. Nein. "Aber sicher werden wir häufiger und länger verreisen". Es gibt ja in Deutschland und den Nachbarländern interessante Urlaubsziele. Und gelegentlich, er schmunzelt, "werde ich bestimmt mal in meinem ehemaligen Geschäft vorbeischauen".