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Gestrandet in Bangkok: Arnsdorfer Ehepaar von Streik am Flughafen betroffen

Nach zwei Wochen Urlaub wollte das Ehepaar Kittelmann aus Arnsdorf wieder zurück nach Deutschland fliegen. Doch daraus wurde nichts. Weil in Frankfurt gestreikt wurde, strandeten die beiden in Thailand.

Von Verena Belzer
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Heidemarie und Eberhard Kittelmann waren schon oft im Urlaub in Thailand - die letzte Rückreise wurde wegen des Streiks in Frankfurt zu einer Odyssee für die Arnsdorfer.
Heidemarie und Eberhard Kittelmann waren schon oft im Urlaub in Thailand - die letzte Rückreise wurde wegen des Streiks in Frankfurt zu einer Odyssee für die Arnsdorfer. © Sven Ellger

Arnsdorf. Jahrzehntelang ging es für Familie Kittelmann im Urlaub in einen betrieblichen Bungalow in der DDR - von Fernreisen konnten Heidemarie und Eberhard Kittelmann damals nur träumen. Mit der Wende wurde alles anders: Begeistert konnte das Arnsdorfer Ehepaar ganz Europa bereisen, ferne Länder erkunden und die Dolomiten erklimmen.

2005 gingen die beiden in Ruhestand - und wagten sich fortan auch an große Fernreisen. Gemeinsam mit Thomas Moch vom Radeberger Reisebüro machten sie Rundreisen unter anderem in Indien, Namibia, Peru oder in den USA.

Fünfmal waren die Arnsdorfer bereits in Thailand

Vor einigen Jahren flogen Heidemarie und Eberhard Kittelmann - beide um die 80 Jahre alt - mit einer Reisegruppe erstmals nach Thailand. "Wir sind in Bangkok gestartet und haben das Land bereist", berichtet Eberhard Kittelmann. Anschließend verbrachte das Ehepaar einige Zeit auf Khao Lak, eine beliebte Ferienregion an der Westküste der Andamanensee. "Wir waren dort in einer schönen Bungalow-Anlage mitten in der Natur", erzählen die Arnsdorfer.

Und weil es ihnen so gut gefiel, kamen sie in den Jahren danach immer wieder nach Khao Lak - fünfmal bisher. Doch es wird vor allem die jüngste Reise sein, an die sie sich wohl noch lange erinnern werden.

In Bangkok machten erste Gerüchte vom Streik die Runde

Ende Januar flohen Heidemarie und Eberhard Kittelmann aus der deutschen Kälte wieder in Richtung Thailand. Mit dem ICE ging es von Dresden nach Frankfurt, dann per Flugzeug nach Bangkok und weiter nach Phuket und mit dem Taxi nach Khao Lak. "Es war schön wie immer", beschreibt es Heidemarie Kittelmann. "Wir waren paddeln und spazieren und in unseren Stamm-Restaurants essen." Alles wie immer. Fast.

Am Abreisetag standen die Arnsdorfer morgens um 4.30 Uhr auf, frühstückten gemütlich und fuhren zum Flughafen nach Phuket. Gelandet in Bangkok, machten dann erste Gerüchte die Runde: Am Frankfurter Flughafen werde gestreikt, es würden keine Maschinen mehr dorthin starten.

Knapp 300.000 Passagiere waren vom Streik betroffen

Ende Februar hatte Verdi zu einem ganztägigen Streik an sieben deutschen Flughäfen aufgerufen - was zu etwa 2.340 Flugausfällen geführt hatte.
Ende Februar hatte Verdi zu einem ganztägigen Streik an sieben deutschen Flughäfen aufgerufen - was zu etwa 2.340 Flugausfällen geführt hatte. © dpa

Nach Schätzungen des Flughafenverbandes ADV waren an diesem Tag knapp 300.000 Passagiere von Flugausfällen betroffen, weil die Gewerkschaft Verdi ganztägig sieben deutsche Flughäfen bestreikt hatte. Nach ADV-Berechnungen führte der Warnstreik zu gut 2.340 Flugausfällen. "Über 295.000 Passagiere werden zum Spielball der Verdi-Streiktaktik", kritisierte der Verband und sprach von einer "beispiellosen Eskalation".

Einer dieser Spielbälle: das Arnsdorfer Ehepaar Kittelmann. "Wir hatten keine Ahnung, wie es weitergeht", erzählt Heidemarie Kittelmann. "Wir haben uns dann an junge Leute gehalten, die gut Englisch konnten."

Dann kam die Nachricht: Frankfurt ist dicht. Alle sollten sich an einem Ticketschalter melden - wo die Arnsdorfer lediglich erfuhren, dass auch alle anderen Maschinen in Richtung europäischer Flughäfen ausgebucht waren.

"Wir waren dann einfach nur noch knülle"

Wie also weiter? "Da waren so viele Menschen, die alle in Bangkok gestrandet sind. Jüngere, Ältere, Familien mit kleinen Kindern", erzählt Heidemarie Kittelmann. "Wir haben uns total hilflos gefühlt."

Nach einem anstrengenden Tag am lauten Bangkoker Flughafen zwischen Menschenmassen, stundenlangem Stehen an Schaltern und viel Aufregung beschlossen die Kittelmanns, nachts um 1 Uhr ins Flughafenhotel zu fahren. "Man wollte es nicht verpassen, falls doch noch eine Maschine eingesetzt worden wäre", sagt Eberhard Kittelmann. "Aber wir waren dann einfach nur noch knülle."

Stundenlanges Schlangestehen am Flughafen

Am nächsten Tag standen sie wieder stundenlang in Schlangen an diversen Schaltern - nur, um wieder dieselbe Auskunft zu bekommen: Heute wird kein Flugzeug in Richtung Frankfurt starten. Wie lange würde das so gehen? "Zwischenzeitlich machte das Gerücht die Runde, dass es wohl noch ein paar Wochen dauern würde, bis wir hier wegkommen."

Und auch an diesem Tag passierte nichts - lediglich einige wenige Familien konnten auf freien Plätzen mit anderen Fluglinien nach München, Zürich oder Amsterdam fliegen.

Nach der zweiten Nacht im Flughafenhotel las Heidemarie morgens eine E-Mail auf ihrem Handy, dass jetzt doch ein Flugzeug eingesetzt werde, um die gestrandeten Passagiere nach Deutschland zu bringen. Wieder stundenlanges Schlangestehen - und dann endlich die befreiende Nachricht: Familie Kittelmann konnte tatsächlich abends nach Frankfurt fliegen. Das Ende einer Odyssee.

"Mir haben auch die Kinder so leid getan", sagt Heidemarie Kittelmann. "Das geht doch nicht, dass da so viele Leute in Mitleidenschaft gezogen werden wegen des Streiks. Ausgerechnet in der Reisezeit, wenn alle in die Sonne fliegen."

Streik gilt als "höhere Gewalt"

Und wer kommt nun für den finanziellen Schaden auf? Familie Kittelmann hat zwei Nächte in Bangkok verbracht, hatte Taxigebühren und die ICE-Tickets zurück nach Dresden mussten ebenfalls neu gekauft werden.

Thomas Moch erklärt, dass Streik als "höhere Gewalt" gewertet werde. Die Kittelmanns hatten den Urlaub über sein Reisebüro bei einem großen Reiseveranstalter gebucht. "Und der ist im Grunde seiner Sorgfaltspflicht nachgekommen, er konnte ja nichts für den Streik", sagt Thomas Moch. "Deswegen haftet er auch nicht." Die Belege habe er trotzdem eingereicht. "Wir hoffen, dass der Reiseveranstalter aus Kulanz die Beträge erstattet." Ansonsten würden die Kunden auf den Kosten sitzen bleiben.

"Der Streik hat Teile des internationalen Luftverkehrs lahmgelegt", sagt Moch. "Das geht doch nicht. Gefühlt ist unsere Branche immer irgendwie dran. Entweder streiken die Piloten, die Stewards oder das Kofferpersonal."