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"Die Bezahlung ist hier besser": Philippinische Pflegekräfte unterstützen Radeberger Asklepios-Klinik

Wegen des Fachkräftemangels arbeiten in der Radeberger Asklepios-Klinik Pfleger von den Philippinen. Warum sie das tun, vor welchen Herausforderungen sie stehen und wie sich die Zahl der ausländischen Fachkräfte entwickelt hat.

Von Verena Belzer
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In der Radeberger Asklepios-Klinik hat sich inzwischen eine kleine philippinische Gemeinschaft gebildet, auf dem Foto ist Mandy Krumbholz (r.) mit ihren Kollegen Mark Pias und Jenelyn Barniz zu sehen.
In der Radeberger Asklepios-Klinik hat sich inzwischen eine kleine philippinische Gemeinschaft gebildet, auf dem Foto ist Mandy Krumbholz (r.) mit ihren Kollegen Mark Pias und Jenelyn Barniz zu sehen. © Asklepios/Thomas Schlorcke

Radeberg. Fachkräftemangel - worüber in Deutschland bereits seit etlichen Jahren diskutiert wird und was in zahlreichen Branchen mittlerweile bittere Realität ist, dieses Problem gibt es auf den Philippinen nicht. Zumindest nicht im Gesundheitssektor. Mark Jesher Lacanlale, 33 Jahre alt, ist studierter Pflegefachmann.

In seiner Heimat ist der Beruf nicht sonderlich gut bezahlt - zumindest nicht so gut wie im Ausland. "Vor Corona habe ich schon in Saudi-Arabien als Pfleger gearbeitet", erzählt Mark Jesher Lacanlale. "Mit dem ersten Lockdown mussten wir aber alle das Land verlassen."

Seit zwei Jahren ist er nun in Deutschland und unterstützt das Pflegepersonal am Radeberger Asklepios-Krankenhaus. "Die Bezahlung ist hier einfach besser", sagt er. "Und mir gefällt es gut in Radeberg."

"Ohne unsere philippinischen Kollegen geht es nicht"

Damit ist Mark Jesher Lacanlale aktuell einer von sieben philippinischen Pflegern in Radeberg. Sieben weitere kommen in den nächsten Wochen. Vermittelt wurden sie durch ein Asklepios-eigenes sogenanntes Onboarding-Zentrum in Darmstadt. Marco Palme, Zentrumsleiter Pflege an der Radeberger Asklepios-Klinik, weiß gut, dass es vor allem die finanziellen Anreize sind, die die Mitarbeitenden nach Deutschland kommen lassen. "Viele unterstützen mit dem Geld ihre Familien in der Heimat."

Und hier werden sie dringend gebraucht. "Ohne unsere philippinischen Kolleginnen und Kollegen geht es nicht", sagt Palme. In Radeberg sei mittlerweile eine kleine philippinische Gemeinschaft entstanden, die sich auch gegenseitig hilft und unterstützt.

Hilfe bekommen sie aber auch von ihrem Arbeitgeber - vor allem bei Behördengängen. "Nach den Erfahrungen aus den vergangenen Jahren dauert der Prozess der Arbeitsgenehmigung bei den Behörden zwischen sechs und zehn Wochen", sagt Marco Palme. Eine lange Zeit. Und auch zu Besuchen bei der Ausländerbehörde des Landkreises Bautzen, bei der Bundesagentur für Arbeit und beim Einwohnermeldeamt begleitet Palme die ausländischen Kollegen. Die Flut an Anträgen und Formularen wäre ohne diese Hilfe wohl nur schwer zu meistern.

Online-Deutschunterricht für die philippinischen Fachkräfte

Die Klinik unterstützt auch bei der Wohnungssuche. "Für die Neuangekommenen haben wir diesmal eine neue, voll möblierte Wohnung gefunden", erzählt Marco Palme. Mark Jesher Lacanlale wohnt mit einem weiteren philippinischen Pfleger in einer Asklepios-eigenen Wohnung. Beide haben eine Aufenthaltsgenehmigung für mindestens fünf Jahre.

Damit sie in Deutschland arbeiten können, mussten ihre Ausbildungen anerkannt werden und sie mussten Deutschkenntnisse auf dem Niveau von B2 vorweisen. "Ich habe auf den Philippinen einen zehnmonatigen Deutsch-Kurs besucht", erzählt er 33-Jährige, der momentan auf der internistischen Station 3 arbeitet. In Radeberg bekommen die ausländischen Pfleger zusätzlich Online-Deutschunterricht von einer Deutschlehrerin.

"Das ist uns wichtig", sagt Marco Palme. Die Kommunikation mit den Kollegen und den Patienten ist das A und O." Gerade das fehlende B2-Niveau sei aktuell auch für viele Geflüchtete aus der Ukraine das entscheidende Problem, warum sie nicht anfangen können zu arbeiten, sagt der Pflegeleiter. Grundsätzlich scheint es im Kreis Bautzen allerdings an Deutsch-Kursen zu mangeln.

Mark Jesher Lacanlale hingegen jedenfalls spricht so gut Deutsch, dass er völlig problemlos auch Nachtschichten absolvieren kann - und hier sind die Pfleger je nach Bettenauslastung teilweise allein auf Station.

Die Zahl der ausländischen Mitarbeiter ist stetig gestiegen

Auf den Philippinen werden Pfleger nicht so gut bezahlt wie in Deutschland - gleichzeitig gibt es keinen Fachkräftemangel.
Auf den Philippinen werden Pfleger nicht so gut bezahlt wie in Deutschland - gleichzeitig gibt es keinen Fachkräftemangel. © Asklepios/Thomas Schlorcke

Dass Zuwanderung und ausländische Mitarbeiter eine Möglichkeit sind, dem Personalmangel in der Oberlausitz zu begegnen, erklärte Kathrin Groschwald von der Agentur für Arbeit vor Kurzem im Interview mit Sächsische.de. Arbeitgeber sollten entsprechend investieren, sagte die Vorsitzende.

"Die Personalrekrutierung aus dem Ausland ist zeitintensiv und kein schneller Sprint", schreibt die Agentur für Arbeit in einer aktuellen Pressemitteilung. "Der nötige Spracherwerb im Ausland dauert in der Regel zwischen neun und zwölf Monaten. Hinzu kommen die Anerkennung eines Bildungsabschlusses aus dem Ausland und gegebenenfalls eine notwendige Anpassungsqualifizierung in Deutschland. Unternehmen sollten ihre Personalplanung so vorausschauend wie möglich gestalten und bei der Personalrekrutierung rechtzeitig aktiv werden."

Im Juni 2022 gab es demnach 18.220 ausländische Arbeitnehmer in den Landkreisen Bautzen und Görlitz. Das entspricht einem Anteil von neun Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. "Mehr als die Hälfte sind Fachkräfte, Spezialisten oder Experten", sagt Kathrin Groschwald.

Mit über 12.096 kommen die meisten ausländischen Mitarbeiter aus Polen, gefolgt von Tschechien (2.011), Rumänien (432), der Ukraine (352) und Syrien (236). Zum Vergleich: 2010 waren es in den beiden Landkreisen nur 1.475 ausländische Beschäftigte - seitdem ist die Zahl jährlich gestiegen.

Fokus auf Rekrutierung aus Drittstaaten

Künftig sollen jedoch weniger Arbeits- und Fachkräfte aus EU-Staaten abgeworben werden. Denn dort gebe es ebenfalls zu wenig Nachwuchs auf dem Arbeitsmarkt. "Aus diesem Grund liegt unser Fokus bei der Rekrutierung ausländischer Arbeits- und Fachkräfte auf Drittstaaten, wie zum Beispiel Brasilien, Mexiko, Indien oder Vietnam", sagt Kathrin Groschwald.

Ganz wichtig sei demnach eine Willkommenskultur in der Gesellschaft sowie die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Der Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit Bautzen helfe dabei, "dass Arbeitgeber und ausländische Arbeits- und Fachkräfte zueinanderfinden können, gibt Informationen rund um die Einwanderung und vermittelt Kontakte zu den zuständigen Anlaufstellen". (mit SZ/dab)