Radeberg
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Tradition oder Lärmbelästigung: Wie geht es weiter mit der Radeberger Rathausuhr?

Aus dem Takt geraten: Einige Radeberger fühlten sich zuletzt durch die Rathausuhr belästigt. Denn die schlug zuletzt etwa eine halbe Minute später als die Kirchturmuhr. Jetzt ist sie abgestellt.

Von Rainer Könen
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Altstadtbewohner und Freie-Wähler-Stadtrat Detlev Dauphin vor der Rathausuhr, die zuletzt einige Radeberger nervte. Steffi und Detlev Dauphin jedoch sahen die Sache entspannt.
Altstadtbewohner und Freie-Wähler-Stadtrat Detlev Dauphin vor der Rathausuhr, die zuletzt einige Radeberger nervte. Steffi und Detlev Dauphin jedoch sahen die Sache entspannt. © Christian Juppe

Radeberg. Einer Marktfrau war es jüngst wieder aufgefallen. "Unsere Rathausuhr schlägt ja gar nicht mehr", meinte die rüstige Mittfünfzigerin. Und auch viele Radeberger hatten sich in den zurückliegenden Wochen gefragt, was mit der am Rathausgiebel thronenden Uhr eigentlich los sei. Denn an der sonst im Viertelstundentakt ertönenden Uhr stehen die Zeiger still, die Glocke ist verstummt.

Manchen Altstadtbewohner fehlt das regelmäßige Schlagen

Was war passiert? In den vergangenen Monaten hatten sich viele Bewohner immer wieder mal gefragt, ob Radeberg nicht richtig tickt - respektive das örtliche Uhrwerk des Rathauses. Die Viertelstundenschläge erklangen nicht zeitgleich mit der unweit gelegenen Kirchturmuhr, sondern "hinkten" der Originalzeit hinterher. Um genau zu sein: in einer Zeitspanne von bis zu 20 Sekunden.

"Ich habe mich häufig gefragt, warum die immer später zu hören ist", berichtet Steffi Dauphin. Die Stadträtin (Freie Wähler) lebt seit 1997 in der Radeberger Altstadt und erzählt davon, dass sie zu den Einwohnern gehört, für die das viertelstündliche Schlagen der Rathausuhr ein Bestandteil des örtlichen Alltagslebens ist. "Wer in die Innenstadt zieht, weiß doch, dass die Uhren Tag und Nacht zu hören sind" sagt die Stadträtin. Seitdem das Rathaus-Uhrwerk jedoch verstummt ist, "fehlt uns hier was", erzählt Steffi Dauphin, die mit ihrem Mann und FW-Stadtratskollegen Detlev Dauphin direkt am Markt wohnt.

Andere, wie Thomas Tiebel, Inhaber der Radeberger Likörfabrik in der Hauptstraße und Mitglied im Gewerbeverein, finden es im Zeitalter von Handy und Smartphone nicht "ganz so dramatisch", wenn die Rathausuhr künftig nicht mehr schlägt. Und überhaupt: "Wir haben ja noch die Kirchturmuhr", sagt Altstadtbewohner Tiebel.

In der Stadtverwaltung häuften sich die Beschwerden

Das mechanische Uhrwerk der Radeberger Rathausuhr.
Das mechanische Uhrwerk der Radeberger Rathausuhr. © Christian Juppe
Bis zu einer halben Minute nach der Kirchturmuhr schlug zuletzt die Radeberger Rathausuhr.
Bis zu einer halben Minute nach der Kirchturmuhr schlug zuletzt die Radeberger Rathausuhr. © Christian Juppe

In den vergangenen Monaten fühlte sich mancher der im Umkreis des Rathauses wohnenden Radeberger durch die zeitversetzten Schläge der Rathausuhr aus dem Alltags-Takt gebracht - bei der Stadtverwaltung trudelten die Beschwerden ein. Tenor: Das zeitversetzte Schlagen stelle eine Lärmbelästigung dar. Vor allem in den Nachtstunden. In einer Stadtratssitzung war die Uhr auch schon Thema - damals berichtete Oberbürgermeister Frank Höhme (parteilos) von den genervten Anwohnern und erzählte, dass sogar Klagen im Raum stünden. Der Tenor im Gremium war damals indes so, dass die Rathaus-Uhr mit seinem mechanischem Uhrwerk nun mal zu Radeberg gehöre.

Turmuhren prägen seit dem Mittelalter das Stadtbildf

Turmuhren waren seit dem Mittelalter die ersten mechanischen Uhren, seither prägen sie das Bild etlicher Städte. Zumeist wurden sie an Kirchen und Rathäusern platziert und waren so für die Bewohner im Ort oft die einzige Zeitanzeige. In den späteren Jahren, als Schlagwerke die Uhren erweiterten, konnte man dann hören, was die Stunde geschlagen hatte.

Radebergs Rathausuhr wird jedoch vorerst keinen Mucks mehr von sich geben. Die Stadtverwaltung hat die Uhr abgestellt. Der Grund: Bei dem über 100 Jahre alten mechanischen Uhrwerk sei es durch Verschleiß und Abnutzung des Räderwerks zunehmend zu "kleineren wetterabhängigen Gangdifferenzen" gekommen, berichtet Michael Weber, Referent für Öffentlichkeitsarbeit in der Radeberger Stadtverwaltung.

Die Abweichung von der regulären Uhrzeit habe zuletzt bis zu einer halben Minute betragen. Die Uhr, die 24 Stunden an sieben Tagen schlägt, habe man, erklärt Weber, neu einstellen wollen. Was aber aus "altersbedingten Gründen" nicht gehe. Also wurde sie abgeschaltet.

Eine technische Umrüstung kostet etwa 4300 Euro

Die Stadt plant jetzt eine technische Umrüstung der in die Jahre gekommenen Uhr. Eine, die auch das Abschalten des Uhrwerks in den Nachtstunden möglich macht. Im Rahmen der laufenden Haushaltsplanung, erklärt Michael Weber, werde man im Stadtrat über die geplante Modernisierung der Uhr diskutieren. Geschätzte Kosten der Umrüstung: rund 4300 Euro. Die insbesondere diejenigen begrüßen werden, die sich bisher von der Rathausuhr in ihrer Nachtruhe gestört fühlten.

Wann die Rathaus-Glocke also wieder im Gleichklang mit der Kirchturmuhr schlagen wird, ist derzeit offen. Aller Voraussicht nach könnte sich das noch ein langes Weilchen hinziehen. Etwas, was die Radebergerin Steffi Dauphin und manch anderer Altstadtbewohner bedauern dürfte. Schließlich habe das wohlklingende Glockengeläut der Rathausuhr etwas Beruhigendes gehabt, wie man in diesen Tagen von Altstadtbewohnern erfährt.