Radeberg
Merken

Plötzlich bleibt das Leben stehen

Ein junger Ottendorfer ist im tschechischen Most verunglückt. Für seine Lebensgefährtin und ihr gemeinsames Baby ändert sich dadurch alles.

Von Thomas Drendel
 4 Min.
Teilen
Folgen
Auf dem Motodrom in Most sind ein junger Ottendorfer und ein weiterer Motorradfahrer verunglückt. Ähnlich wie auf dem Symbolfoto zu sehen, wurde danach das Rennen unterbrochen und die Strecke gesperrt.
Auf dem Motodrom in Most sind ein junger Ottendorfer und ein weiterer Motorradfahrer verunglückt. Ähnlich wie auf dem Symbolfoto zu sehen, wurde danach das Rennen unterbrochen und die Strecke gesperrt. © Symbolfoto: lev dolgachov

Ottendorf-Okrilla. An diesem Dienstag änderte sich für Anne Scheidler alles. Von einem Moment auf den anderen. Am 6. Juli erhielt sie einen Anruf und die Nachricht, dass ihr Lebensgefährte beim Motorradfahren tödlich verunglückt ist. Auf dem Motodrom in Most in Tschechien. Mit Freunden ist er dort seiner Lieblingsbeschäftigung nachgegangen.

Dabei hatte die junge Familie noch so viel vor. Gerade jetzt. Vor fünf Monaten wurde ihr gemeinsamer Sohn geboren. Er lernt gerade, seinen Kopf zu heben. Vor drei Monaten sind die drei in ihr neues Haus in Ottendorf-Okrilla gezogen. Dort stehen noch nicht mal alle Möbel an ihrem Platz. Dann diese Nachricht am Telefon. Passiert ist der Unfall während eines Rennens für Freizeit-Motorradfahrer. An dem Tag wurde auf der Rennstrecke ein sogenannter Track-Day veranstaltet. Dabei können die Fahrer mit ihren Motorrädern ihr fahrerisches Können verbessern und die Maschinen ausfahren. Rundenzeiten oder Platzierungen spielen keine Rolle. Es geht um die Freude am Hobby.

Mit dem Motorrad öfter auf Rennstrecken unterwegs

„Er war ein sehr geübter Fahrer. Er ist am Wochenende öfter zu solchen Rennstrecken gefahren und hat dort sein Motorrad getestet. Es war ja eine Maschine, die speziell für die Rennstrecke gebaut war und keine Straßenzulassung hatte“, erzählt die junge Frau. Dann, unfassbar, kam es bei dem Rennen zum Zusammenstoß. Zwei Motorräder kollidierten. Beide Fahrer starben noch an der Unglücksstelle. Einer war Anne Scheidlers Lebensgefährte. Bei dem zweiten Toten soll es sich ebenfalls um einen Deutschen handeln. „Bis jetzt haben wir noch nichts Offizielles von der tschechischen Polizei. Wir wissen nur, dass die Staatsanwaltschaft ermittelt.“ Neben seiner Lebensgefährtin und dem Baby hinterlässt er eine siebenjährige Tochter aus einer früheren Beziehung.

Seit dem Unfall versucht die Ottendorferin, jeden Tag so gut es geht zu überstehen. „Das schwankt sehr, mal bin ich erstaunlich gefasst, mal denke ich, ich schaffe das nicht“, sagt die junge Mutter. Kraft gibt ihr in der Zeit vor allem ihr kleiner Sohn. „Ich sage mir, ihm muss es gutgehen, seinetwegen muss es weitergehen. Das lässt mich all die notwendigen Dinge tun.“ Außerdem ist es der Zusammenhalt von Freunden und Angehörigen. „Meine Familie und auch seine Eltern helfen mir sehr. Sie unterstützen mich, wo sie können. Auch Freunde sind immer für mich da. Ohne sie würde es nicht funktionieren.“ Formulare ausfüllen, Behördengänge - all diese Dinge muss sie erledigen.

Junge Mutter noch in Elternzeit

In die Trauer mischt sich immer wieder die Sorge um die Zukunft. „Ich bin mit dem Baby in Elternzeit. Die Zahlungen, die ich bekomme, sind nicht sehr hoch. Er war der Hauptverdiener, unser Familienhaushalt war darauf ausgerichtet. Jetzt fällt sein Einkommen komplett weg. Ich hätte nie gedacht, dass das Finanzielle plötzlich eine so große Rolle spielt.“ Sobald es die Umstände zulassen, will sie wieder als Logopädin arbeiten. „Für den Krippenplatz hatten wir uns ja schon angemeldet. Ich muss jetzt sehen, ob wir bei dem Datum bleiben können.“

Um die ersten Monate zu überstehen und fällige Raten zu bezahlen, haben Freunde eine Spendenaktion für Anne Scheidler und ihren Sohn über die Seite betterplace.me gestartet. Etliche Unterstützer überwiesen bereits Geld. Alle, die von ihrem Schicksal erfahren, sind bestürzt: „Mein Beileid! Alles Gute und viel Kraft für die nächste Zeit!“, schreibt ein Spender. Ein weiterer: „Nach ewigen Zeiten konnte ich euch mal wieder sehen, dann fahr ich gen Heimat und eine Woche später höre ich das. Es tut mir so leid für euch. Habt viel Kraft und denkt daran, dass wir als Familie gerne helfen.“ Auch der Ortsverein Grünberg unterstützt die Aktion. Über das Vereinskonto kann unter dem Stichwort "Spende für Anne Scheidler" ein Betrag überwiesen werden.

Die junge Frau wusste zunächst nichts von der Spendenaktion. „Ich habe davon im Netz gelesen und dann bei meiner Freundin nachgefragt. Ich war sprachlos über diese Hilfsbereitschaft“, sagt sie.

Spenden unter dem Stichwort "Anne Scheidler" an den Ortsverein Grünberg e. V., Konto-Nr.: DE 34 8505 0300 3200 0438 48, Swift-Code: OSDDDE81XXX bei der Ostsächsischen Sparkasse Dresden.