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Aus für den Liegauer Schulcampus: Radeberger Stadtrat entscheidet sich für Neubau der Grundschule Süd

500.000 Euro hat die Planung für den Schulcampus in Liegau gekostet. Nun verschwinden die Pläne jedoch in der Schublade. Warum der Stadtrat so entschieden hat und was das Epilepsiezentrum Kleinwachau dazu sagt.

Von Verena Belzer
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Die Grundschule in Liegau ist sanierungsbedürftig und hat keine Turnhalle - auf dem Gelände des Epilepsiezentrums sollte ein Neubau entstehen. Der ist nun Geschichte.
Die Grundschule in Liegau ist sanierungsbedürftig und hat keine Turnhalle - auf dem Gelände des Epilepsiezentrums sollte ein Neubau entstehen. Der ist nun Geschichte. © Marion Doering

Radeberg. Es sollte ein Leuchtturmprojekt werden - nun ist es Geschichte. Der Schulcampus in Liegau-Augustusbad, auf dem sowohl Förderschule als auch Grundschule angesiedelt werden sollten, wird nicht kommen. Das hat der Radeberger Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen.

Das bedeutet auch: Die 500.000 Euro, die die Stadt bereits für die Planung des Campus ausgegeben hat, waren umsonst. Das fertige Projekt in der Schublade wird ad acta gelegt.

Keine Fördermittel für den geplanten Schulcampus

Die Entscheidung gegen den Schulcampus hatte sich in den vergangenen Wochen bereits abgezeichnet. Der Antrag auf Fördermittel war von der Sächsischen Aufbaubank (SAB) wiederholt abgelehnt worden - und die Fraktionen hatten sich zuletzt auch skeptisch dazu geäußert, ob es die Stadt stemmen könne, zwei Schulprojekte gleichzeitig zu realisieren.

Der Schulcampus sollte auf dem Gelände des Epilepsiezentrums Kleinwachau entstehen und die bisherige Grundschule in Liegau ersetzen. Sie ist sanierungsbedürftig, außerdem gibt es keine Turnhalle. Das Epilepsiezentrum hat das Grundstück dafür bereitgestellt und einen Erbbaupachtvertrag mit der Stadt geschlossen.

Der Vertrag mit dem Epilepsiezentrum hat eine Laufzeit von 66 Jahren. Die Stadt zahlt einen jährlichen Pachtzins von 1.000 Euro.

Das Projekt, zwei Schulen unterschiedlicher Betreiber in einem Campus anzusiedeln, wäre sachsenweit einmalig gewesen. Beide Schulen wären bei dem Projekt jedoch eigenständig geblieben, es hätte beispielsweise weiterhin zwei unterschiedliche Lehrpläne gegeben. Ziel wäre es gewesen, die Zusammenarbeit beider Schulen auszubauen.

Zuzug im Radeberger Süden

Doch nun hat sich der Stadtrat anders entschieden. Parallel zu den Planungen für den Schulcampus wurden solche für die Grundschule Süd begonnen, die ebenfalls dringend sanierungsbedürftig ist und die Bedingungen für die zu erwartenden Schülerzahlen nicht mehr erfüllt.

Laut Stadtverwaltung ist im Radeberger Süden durch die in jüngster Zeit erschlossenen Baugrundstücke und die geplanten neuen Wohnungen im Mehrfamilienwohnungsbau ein erheblicher Zuzug zu erwarten, der die Anforderungen an die Kapazität der Schule deutlich erhöhe. Aus diesem Grund habe sich der Stadtrat gegen die ursprünglich geplante Sanierung des Bestandsgebäudes und für einen Ersatzneubau entschieden.

Rund 26 Millionen Euro für die Grundschule Süd

Und warum nicht beide Projekte? Dafür reicht das Geld nicht. "Die vorhandenen Mittel reichen nur für die Finanzierung eines der beiden großen Schulprojekte", schreibt die Verwaltung.

Außerdem gibt es noch andere, harte Zahlen: Der Neubau der Grundschule Süd ermöglicht 396 Kindern, unter modernen Bedingungen zu lernen - derzeit sind es 260. Im nun beschlossenen Doppelhaushalt wurden dafür 26,3 Millionen Euro eingeplant - davon sind 15 Millionen Euro Fördermittel.

Der Schulcampus in Liegau-Augustusbad hätte die Situation von 104 Grundschülern verbessert und die Kapazität auf 112 Schüler erhöht. "Dafür wären nach aktueller Kostenberechnung 16,3 Millionen Euro erforderlich", argumentiert die Stadtverwaltung in ihrer Beschlussvorlage für den Stadtrat.

Es fehlt weiterhin eine Turnhalle

Die beiden Liegauer Gemeinderäte Ulrich Hensel (Grüne) und Gabor Kühnapfel (Wir für Radeberg) bedauerten zwar das Aus für den Schulcampus, stimmten aber letztlich auch dafür, sich auf die Grundschule Süd zu fokussieren. "Wir müssen jetzt allerdings den Mangel der Turnhalle angehen", forderte Hensel.

Auch aus der CDU-Fraktion kamen nachdenkliche Töne - so richtig glücklich war niemand mit der nun gefällten Entscheidung, die einzig aus finanziellen Gründen zustande kam. "Das Projekt hätte unserer Stadt und den Kindern gutgetan", sagte Andreas Känner, seines Zeichens auch Schulleiter des Humboldt-Gymnasiums. Doch der Beschluss war unumgänglich, "nun muss aber dennoch Abhilfe geschaffen werden, was die Turnhalle angeht".

Epilepsiezentrum bedauert Entscheidung

Wer das Aus für den Schulcampus ebenfalls bedauert, ist das Epilepsiezentrum Kleinwachau: "Mit dem Aus für den Schulcampus verschwindet eine wirklich gute Idee nun leider in der Schublade", sagt Sandra Stöhr, Geschäftsführerin des Epilepsiezentrums. "Natürlich gab es immer auch Skeptiker des Projektes, denen ein gemeinsamer Schulcampus Ängste bereitet hat."

Das Projekt habe in ihren Augen vor allem viele Vorteile für den Ort Liegau-Augustusbad gebracht, "neben neuen modernen Räumen für die Grundschule auch eine große Turnhalle. Für uns als Epilepsiezentrum stand aber immer das Thema gelebte Inklusion im Vordergrund."

Die bauliche Nähe der beiden Schulen hätte dafür beste Voraussetzungen geboten, damit sich Angebote entwickeln können, die vor allem auf die Vermittlung sozialer Kompetenzen der jungen Schülerinnen und Schüler eingezahlt hätten, findet Sandra Stöhr. "Schließlich ist Schulleben immer auch Teil des Dorflebens, hier hätte sich ein richtiges Lernzentrum entwickeln können, das den Ort Liegau-Augustusbad in seiner Attraktivität gesteigert hätte. Diese Chance ist nun vertan."

Zugleich habe sie aber auch Verständnis für die Begründung, "schließlich hadern wir alle mit steigenden Baukosten". Vielleicht ergäben sich in Zukunft ganz andere Fördermöglichkeiten, die die gesellschaftlichen Chancen solch eines Projektes möglich machen könnten. "Dann wäre es toll, wenn die Stadt Radeberg die Pläne wieder aus der Schublade holen würde."