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"Ein Bürgermeister zum Anfassen"

Frank Höhme hat die OB-Wahl in Radeberg deutlich gewonnen. Im Interview mit saechsische.de verrät er, was er nun als Rathauschef vorhat.

Von Verena Belzer
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Geschafft! Frank Höhme ist Radebergs neuer Oberbürgermeister und tritt damit die Nachfolge von Gerhard Lemm an.
Geschafft! Frank Höhme ist Radebergs neuer Oberbürgermeister und tritt damit die Nachfolge von Gerhard Lemm an. © Christian Juppe

Radeberg. 58,64 Prozent: Überraschend deutlich hat Frank Höhme die Stichwahl gegen seine Konkurrentin Katja Mulansky gewonnen. Dem Vater zweier Söhne steht damit ein spannender Jobwechsel bevor: vom Feuerwehrauto ins Rathaus. In seinem ersten Interview nach dem Wahlabend spricht der 45-Jährige nun unter anderem darüber, welche Prioritäten er als Bürgermeister setzen will und wie er damit umgeht, dass ein Großteil seiner dazugewonnenen Stimmen wohl von Unterstützern von Holger Prade stammt. Prade trat als Einzelkandidat an, ist aber AfD-Mitglied und hauptberuflich Büroleiter einer AfD-Bundestagsabgeordneten. Zur Stichwahl trat er nicht mehr an.

Herr Höhme, wie haben Sie in der Nacht nach der Wahl geschlafen?
Ich habe sehr gut geschlafen, offen und ehrlich. Ich bin wie immer um kurz nach 6 Uhr aufgestanden, seitdem läuft der Tag und das Telefon steht nicht still (lacht).

Welche Prioritäten wollen Sie für die ersten Monate Ihrer Amtszeit setzen?
Wir müssen in der Stadtverwaltung ein richtiges Team werden, das ist mir ganz wichtig.

Wie wollen Sie das anstellen?
Ich muss mich erst einmal einarbeiten und mit den Amtsleitern und Mitarbeitern sprechen. Die haben ja ein unheimliches Potenzial an Wissen. Die wissen, was nicht so gut war, wo man einhaken und neue Wege gehen kann. "Gemeinsam mehr bewegen", das war mein Leitspruch im Wahlkampf, damit die Radeberger sagen können: "Mensch, das ist meine Verwaltung." Wir wollen die Verwaltung transparenter gestalten und die Bürger müssen die Verwaltungsaufgaben besser verstehen. Auch die Homepage möchte ich verbessern. Außerdem möchte ich schnellstmöglich mit den Bürgermeistern aus der Umgebung ins Gespräch kommen, was wir gemeinsam kommunal anschieben können.

Welche Schwerpunkte wollen Sie inhaltlich setzen?
Das ist ganz klar der kommende Haushalt, der geplant werden muss. Der muss Ende des Jahres bestätigt sein. Da liegt noch harte Arbeit vor uns und jetzt müssen wir die Diskussion dazu führen.

Wofür soll Radeberg Ihrer Meinung nach nun im Haushalt Mittel einstellen?
Die Bugwelle, die wir vor uns herschieben, ist das Thema Kitas und Schulen, die sogenannten Pflichtaufgaben. Hier müssen wir Gas geben, das wird sich auch im Haushalt widerspiegeln.

Was für eine Art von Oberbürgermeister wollen Sie werden?
Ich möchte ein Bürgermeister zum Anfassen sein. Beispielsweise sollen Bürgersprechstunden schnellstmöglich in die Wege geleitet werden, um weiterhin mit den Bürgern auf Augenhöhe zu sprechen. Wir haben in der Bürgerschaft ein unheimliches Potenzial an Ideen, das möchte ich nutzen. Das macht in meinen Augen einen Bürgermeister aus. Für den Bürger da zu sein.

Sie haben die Idee eines Bürgerbudgets ins Spiel gebracht. Können Sie das konkretisieren?
Da müssen wir uns im Stadtrat auf die Höhe festlegen. Mir schweben in etwa 20.000 Euro im Jahr vor. Mit dem Geld sollen Ideen aus der Bürgerschaft auf kürzestem Weg finanziert werden, zum Beispiel eine Sitzgelegenheit in der Stadt. Das Mitnehmen der Bürger ist gerade nach der Corona-Zeit immer wichtiger geworden, dass wir wieder miteinander auf Augenhöhe zusammen leben können.

Sie haben am Wahlabend von Gräben gesprochen, die der Wahlkampf gerissen hat. Wie wollen Sie die wieder schließen?
Der Wahlkampf ist nun vorbei, jetzt muss es losgehen für die Bürger. Da muss ein Schlussstrich gezogen werden. Der Höhme steht demnächst oben dran und dann muss das Aufhören, dass mit dem Finger auf den gezeigt wird. Der Höhme hört zu und ist offen für Ideen. Wir müssen das gemeinschaftlich machen, aber ich möchte nicht, dass es immer heißt: "Der hat die Stimmen von der AfD bekommen."

Wie gehen Sie damit um, dass mutmaßlich viele Bürger, die im ersten Wahlgang Holger Prade gewählt haben, nun bei Ihnen das Kreuz gemacht haben?
Ich konnte das nicht beeinflussen. Ich bin und bleibe ein Parteiloser. Abgesehen davon ist es nur eine Vermutung, dass es so war. Sicherlich wird mich der ein oder andere gewählt haben, um Frau Mulansky zu verhindern. Meine Wähler aus dem ersten Wahlgang haben jedenfalls nichts mit Nazis zu tun, wie es im Netz mitunter geschrieben wurde. Das ist eine Frechheit. Ich möchte mit allen arbeiten, sonst funktioniert es nicht auf kommunalpolitischer Ebene. Es gibt auch sehr gute Beispiele, wo das geklappt hat. Zum Beispiel den Gymnasiumsbau. Ja, da haben wir uns Mehrheiten gesucht, zusammen mit der AfD. Hier geht's um unser Radeberg, um die Sache. Nicht um das Parteiengeplänkel.

Welches Angebot wollen Sie denjenigen Wählern machen, die Katja Mulansky gewählt haben?
Das Angebot ist, auf Augenhöhe in Dialog zu kommen. Da werden wir sicher die eine oder andere Idee diskutieren und vielleicht auch gemeinsam umsetzen. Es sind wirklich auf beiden Seiten super Ideen zum Vorschein gekommen.

Woran wollen Sie in sieben Jahren gemessen werden?
Dass die Bürger sagen: Mensch, der Höhme war für uns da. Der ist einer von uns. Außerdem möchte ich guten Kontakt mit den Radeberger Unternehmen halten und für sie immer Ansprechpartner sein. Nach sieben Jahren möchte ich gerne darauf zurückschauen können, dass Brachflächen in der Innenstadt endlich belebt werden, zum Beispiel Eschebach oder Robotron. Und ich möchte in die Ortsteile gehen und Kontakt zu den Ortsvorstehern suchen. Hier möchte eine viel bessere Zusammenarbeit erreichen.

Worauf freuen Sie sich nun als OB am meisten?
Ich freue mich richtig auf das Team in der Stadtverwaltung und hoffe, dass ich da die vollste Unterstützung der Mitarbeiter bekomme.

Und was wird Ihnen am meisten an Ihrem Beruf als Feuerwehrmann fehlen?
Meine Kameraden. 20 Jahre sind ja eine lange Zeit. Aber bei der Feuerwehr ist das so: Wir halten immer Kontakt. Egal was ist, wir halten immer zusammen.