Radeberg
Merken

Ullersdorfer Lackierer über gestiegene Strompreise: "Das zieht uns die Füße weg"

Sebastian Lehmann hat vor fünf Jahren das Lackierquartier in Ullersdorf gegründet - eine energetisch topmoderne Lackiererei. Doch die Verzehnfachung seines Strompreises bereitet ihm Kopfzerbrechen.

Von Verena Belzer
 4 Min.
Teilen
Folgen
Sebastian Lehmann in seinem Lackierquartier in Ullersdorf. Die LED-Beleuchtung simuliert Tageslicht.
Sebastian Lehmann in seinem Lackierquartier in Ullersdorf. Die LED-Beleuchtung simuliert Tageslicht. © René Meinig

Ullersdorf. Stolz steht Sebastian Lehmann in seiner Lackiererei und erklärt detailliert, wo hier überall energiesparend gearbeitet wird. Vor fünf Jahren hat er seine Firma im Ullersdorfer Ortskern gegründet - und davor jahrelang recherchiert, was die beste und neueste Technik ist.

Sebastian Lehmann ist - das kann man wohl guten Gewissens sagen - ein absoluter Auto-Fan. Über die Frage, wie viele Wagen er bereits in seinem Leben besessen hat, muss er ziemlich lange nachdenken. Es waren wohl sehr viele. "Jedenfalls kaufe ich nie Neuwagen und am liebsten Totalschäden." Gelernt hat der Ullersdorfer Karosserie- und Fahrzeugbauer in der Firma seiner Eltern.

Neben der Arbeit im elterlichen Betrieb hat er auch in seiner Freizeit an Autos geschraubt. "Ich habe mir schon während der Ausbildung einen sogenannten Überschlag gekauft. Einen Wagen, der sich bei einem Unfall überschlagen hat", erinnert sich der Unternehmer. "Den habe ich dann wieder repariert." Er sei nun einmal mit Autos aufgewachsen, "sie haben schon einen sehr hohen Stellenwert in meinem Leben. Wenn es das richtige Auto ist, ist es schon so etwas wie eine Liebesbeziehung."

Vom jugendlichen Auto-Fan zum Unternehmer

Dass er, der als junger Mann seine Autos alle zwei Wochen von Hand poliert hat, irgendwann seine eigene Autowerkstatt betreiben würde, lag also ziemlich nahe. Der elterliche Betrieb deckte bereits ein großes Spektrum ab: Karosserie, Mechanik, Durchsicht. "Lack war eigentlich das einzige, das wir extern vergeben haben", sagt Sebastian Lehmann.

Die Konsequenz: eine eigene Lackiererei. Doch wohin? Bis der heutige Anbau an die elterliche Firma stand, musste Sebastian Lehmann einige Hürden überwinden. Nachbarn überzeugen, Baugenehmigungen einholen. Und vor allem: das Problem mit dem Untergrund überwinden. "Der Untergrund ist sehr feucht. Erst in sechs Meter Tiefe ist fester Baugrund, deshalb mussten unter der Halle 200 Pfähle in den Boden gerammt werden", erinnert sich Lehmann. Doch irgendwann, nach vielen schlaflosen Nächten und auch so manchem Ärger, stand seine neue Halle.

Die Maßgabe: eine topmoderne Lackiererei

Topmodern, umweltschonend und energieeffizient sollte hier gearbeitet werden - das war von Anfang an die Maßgabe. "Wir liegen hier ja mitten in Ullersdorf, nebenan ist der Bäcker, ringsum stehen Wohnhäuser und die Grundschule. Deshalb galt für uns: kein Lärm, keine Dämpfe, kein Staub dürfen nach außen dringen." Nach Lack jedenfalls riecht es in Sebastian Lehmanns "Lackierquartier" überhaupt nicht.

Herzstück seiner Firma ist die Lackierkabine. Und wo konventionelle Betriebe die benötigte warme Luft filtern und dann nach draußen leiten, wird sie bei Sebastian Lehmann wieder zurückgeführt. "Das spart enorm Energie", sagt er. "Denn so ein Lackiervorgang dauert. Und die Lackierkabine ist groß." So drückt der Unternehmer seine Stromkosten massiv. Das Gleiche gilt für die Heizung der gesamten Halle. Auch hier wird die Luft gefiltert und wieder zugeführt.

Beim Ullersdorfer Oktoberfest hat Sebastian Lehmann eine Fotobox aufgestellt - für zwei Euro pro Foto konnten sich die Gäste ablichten lassen. So sind 1.400 Euro zusammengekommen, die nun an die Grundschule Ullersdorf übergeben wurden.
Beim Ullersdorfer Oktoberfest hat Sebastian Lehmann eine Fotobox aufgestellt - für zwei Euro pro Foto konnten sich die Gäste ablichten lassen. So sind 1.400 Euro zusammengekommen, die nun an die Grundschule Ullersdorf übergeben wurden. © privat/Lackierquartier

"Unsere Arbeit ist enorm energieintensiv", erklärt der Chef. "Neben den Personalkosten ist das der größte Posten." Sparen sei deshalb für ihn schon immer ein Thema gewesen. Die Beleuchtung ist komplett in LED-Technik und simuliert in der Halle Tageslicht.

Die moderne, energiesparende Technik ist auch bei der Energieagentur Saena aufgefallen. Beim Sächsischen Energietag "Zündstoff für die Zukunft" erhielt das Lackierquartier den Sächsischen Gewerbeenergiepass überreicht.

Energie sparen geht im energieeffizienten Lackierquartier nur bedingt

Nun hat Sebastian Lehmann in Ullersdorf eine energetische Vorzeige-Werkstatt gegründet und beschäftigt sieben Mitarbeiter - und doch treibt ihn die aktuelle Energiekrise um. "Wir haben für nächstes Jahr eine Erhöhung des Strompreises um das Zehnfache erhalten", sagt er. "Das zieht uns die Füße weg. Und das Gas ist da noch gar nicht mit eingerechnet. Das tut echt weh."

Aus seiner Branche hat er schon von einigen Insolvenzen gehört, weil die Stromkosten explodieren. "Es wird wirklich hart für uns", sagt der Chef. "Natürlich mache ich mir Sorgen." Seine Preise will er einstweilen aber nicht anheben. "Wenn es sich der kleine Mann nicht mehr leisten kann, einen optischen Mangel an seinem Auto entfernen zu lassen, dann habe ich auch nichts gewonnen."

Wo andere Betriebe nun intensiv nach Möglichkeiten suchen, wie sie Energie sparen können, geht das bei Sebastian Lehmann nur begrenzt - "denn wir sind ja schon super energiesparend unterwegs". Sein Team habe sich dennoch beraten und so manchen Prozess angepasst. Eine andere Idee: "Ich will schon lange eine Fotovoltaik-Anlage montieren, aber die sind ja momentan auch nicht lieferbar."

Aber den Kopf in den Sand stecken will Sebastian Lehmann auch nicht. Zu sehr hat er um sein Unternehmen gekämpft, das aus dem elterlichen Betrieb heraus entstanden ist. Ein Familienunternehmen. "Der Ehrgeiz ist geweckt", sagt der Chef. "Wir werden schon eine Lösung finden."