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Radebeul hat eine Talsperre

Das Rückhaltebecken an der Oberen Johannisbergstraße kann bis zu 4 000 Kubikmeter Wasser aufnehmen. Ob es auch zum Baden da sein wird?

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul. Die wenigsten werden es bemerkt haben. Schräg gegenüber vom Obi in West ist etwas ziemlich Großes entstanden. Radebeuls erste Talsperre. Auf Länge mal Breite von 59 und 63 Metern ist in den letzten Wochen von der Bautzner Firma BauCom GmbH ein Wasserrückhaltebecken vom Modernsten angelegt worden. Wer das Areal an der Oberen Johannisbergstraße überhaupt kennt, der erinnert sich vielleicht, das hier zu DDR-Zeiten die Gesellschaft für Sport und Technik, kurz GST, einen Schießplatz hatte und vormilitärische Ausbildung für Jugendliche betrieb. Hinter Schutzwällen verborgen knallten dort die Kleinkalibergewehre. Noch ältere Radebeuler erinnern sich möglicherweise, dass das Grundstück einst zur Firma Madaus gehörte. Die Medizinproduzenten bauten auf dem Feld ihre Heilkräuter an. Doch beides ist inzwischen lange Vergangenheit. Die Madaus-Familie wurde in Radebeul enteignet. DDR und GST gibt es nicht mehr.

Was jedoch immer wieder passierte, das sind starke Regengüsse, die sich in anschwellenden Bächen aus dem Kroatengrund und von der Straße Kottenleite sammelten und zu Tale schossen. Von insgesamt 50 Hektar Oberfläche sammelt sich hier das Wasser nicht nur aus dem Tal.

Regelmäßig war damit die veraltete Kanalisation unter der Kottenleite überfordert. Angrenzende Grundstücke liefen voll Wasser, einschließlich der Keller von Anwohnern. Zuletzt war das im September 2013 so. Das Wasser schoss damals sogar über die Meißner Straße hinweg.

Das soll künftig nicht mehr passieren. Die Stadt Radebeul hat nach diesem letzten Hochwasserschaden aus Sturzregen und Bergwasser Hilfsgelder beim Land beantragt. 2,6 Millionen Euro sind für Straße, Regenwasserkanal und Rückhaltebecken – also Hochwasserschutz – bewilligt worden. Drei Millionen Euro kostet alles insgesamt. Das Becken alleine rund 600 000 Euro.

Bauingenieur Ronald Ramisch ist bei der Radebeuler Besitzgesellschaft der Verantwortliche für beide Projekte – Straße und Becken. Ramisch: „Voraussetzung, um künftig erneut Schäden zu verhindern, sind zum einen eine starke Kanalisation unter der Straße und das Rückhaltebecken, welches vor dem Sammler an der Meißner Straße das Wasser abhält.

In Fakten heißt das: Wenn mehr als 25 Liter je Sekunde von oben nach unten schießen, dann wird in einem Trenn- und Steuerbauwerk das Wasser so geleitet, dass der Überschuss ins Becken fließt. Die eigentlichen Kanalrohre sind so vor Überlastung geschützt.

Satte 4 000 Kubikmeter Wasser kann Radebeuls neue Talsperre mit einer Sohle von rund 2 500 Quadratmetern aufnehmen. Wird es trotzdem im Extremfall einmal mehr, dann gibt es an der Südseite des Rückhaltebeckens in 1,60 Meter Höhe einen Überlauf. Wonach das Wasser auf eine Sickerwiese läuft und eben nicht auf die Meißner Straße.

Die Wälle des neuen Beckens sind mit Lehm-Ton-Schichten wasserdicht aufgebaut. Obendrauf und an den seitlichen Wänden soll auf einer Schicht Muttererde Gras anwachsen. Der Regen der letzten Woche hat dabei geholfen, wird aber wohl nicht ausreichend sein, sagt Ronald Ramisch. Deshalb muss noch bewässert werden. Die Fläche zwischen Rückhaltebecken und Meißner Straße soll vom Grünflächenamt gestaltet werden.

Eine Schranke an der Zufahrt wird dieser Tage installiert. Ramisch: „Die Zufahrt ist für Fahrzeuge zu Wartungsarbeiten gedacht.“ Die Radebeuler Wasserwirtschaft WSR GmbH wird die Anlage übernehmen und bewirtschaften.

Und, wird die Talsperre auch so ein schöner Badesee wie der Cossebauder auf der anderen Elbseite? Ronald Ramisch muss allen, die vielleicht darauf gehofft haben, eine Absage erteilen. Das Becken soll eigentlich immer eine Grünfläche bleiben, ohne Wasser. Lediglich bei Starkregen könnte es gefüllt werden. Danach wird das Wasser Stück für Stück kontrolliert wieder abgelassen. Auch die Prüfung der Dichtheit des Beckens kann erst passieren, wenn es das erste Mal stark regnet und der Kanal eben bei mehr als 25 Liter je Sekunde überläuft ins Rückhaltebecken. Zur Probe vollpumpen wäre zu teuer.

Mit dem Vollenden des Beckens ist dann auch die Sicherheit für den Weiterbau der Kottenleite gegeben, sagt Ramisch. Im November soll die Straße wieder befahrbar sein.