Der Macher aus Weinböhla

Weinböhla. Die meisten Menschen in Weinböhla kennen ihn. Den Mann mit Hut, Brille, Schnauzbart und seinem gelben VW-Bus. Aufgewachsen in der Dresdner Neustadt kam er wegen der Liebe zu seiner Frau nach Weinböhla. Gemeinsam mit ihr führt er das Eiscafé Weidmann, einen beliebten Treffpunkt im Ort. Und nun seit fast 30 Jahren organisiert der gelernte Koch das Winzerstraßenfest in Weinböhla – das einzige Weinfest in Deutschland mit diesem Namen. In diesem Jahr findet das Fest zum 30. Mal statt – und Andreas Weidmann bleibt sich auch in diesem Jahr treu. Nach dem Motto: Mit bewährten Traditionen soll man nicht brechen. Er schafft es, ohne groß darüber nachzudenken.
Der Gedanke zum Fest entstand dabei gemeinsam mit seinem Winzerfreund Peter Beger. In kleiner Weinrunde haben Weidmann und Beger damals beschlossen: "Lass uns mal ein Weinfest machen." So kam es spontan zum ersten Straßenfest mit sieben Winzerständen, einer Bühne sowie ein paar Essens- und Handelsangeboten. Es entwickelte sich 1993 das "kleinste Minifestkomitee", wie Weidmann sagt. Daraus wurden dieses Jahr fast 30 Winzer aus der Region, sieben Bühnen und 130 Ständen mit Essen sowie Händlerware. "Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es nicht mehr weitergeht", sagt Weidmann. Jährlich kommen 20.000 Besucherinnen und Besucher. Für die Gemeinde und Weidmann eine Erfolgsgeschichte.

Seit dem Tod Begers im Jahr 2007 stemmt Andreas Weidmann das Fest allein. Zur Hilfe kommen ihm Freiwillige des Fest- und Heimatvereins Weinböhla. Zudem entwickelt sich seit vier Jahren ein fester Stamm, der künftig wie beim Dixieland-Festival in Dresden die Geschäfte übernehmen soll. Dort beendete nach 50 Jahren der langjährige Chef Joachim Schlese die Organisation. "Ich denke natürlich an meine Nachfolge. Mit 68 Jahren kann ich das nicht ewig so weitermachen." Denn eigentlich längst in Rente arbeitet Weidmann täglich noch zehn Stunden gemeinsam mit seiner Frau Franziska Weidmann im Eiscafé. "Wenn wir das nicht tun würden, müssten wir das Geschäft schließen." Sie finden kein Personal, das so arbeiten kann wie das Ehepaar – von März bis Oktober zehn Stunden am Tag, außer dienstags. Bis zum 90. Jubiläum des Eiscafés wollen sie noch durchhalten – das bricht 2025 an.
Die Anfangseuphorie ist geblieben
In jeder freien Minute strickt der Weinböhlaer am Gelingen des Winzerstraßenfestes – seit Januar. Telefoniert mit den Ständebetreibern, verschickt Verträge und prüft den Eingang der Zahlungen. Dafür brauche er keine Notizzettel. Was fehlt oder organisiert werden muss, das speichert sein Gehirn. Dabei hofft er, dass ihm zum richtigen Zeitpunkt der nächste Schritt einfalle. "Für mein Alter klappt das noch erstaunlich gut", schmunzelt Weidmann. Dieses immense Wissen der Details – das müssen sich seine möglichen Nachfolger erst mal aneignen. "Manchmal fällt mir auf, dass sie noch Kleinigkeiten vergessen." Er sei aber zuversichtlich, dass sie ihn künftig würdig vertreten werden. Wer in seine Fußstapfen tritt – das möchte Weidmann noch nicht offenbaren.
Was er aber sagen kann – seit den 1990er-Jahren habe sich seiner Meinung nach das Fest kaum verändert. Natürlich, es ist gewachsen, aber die Anfangseuphorie ist geblieben – auch bei Weidmann, der stundenlang am Stück über das Winzerstraßenfest erzählen könnte. "Alle sind jedes Mal megagut und entspannt drauf", beschreibt er die Stimmung. Auch der Urspungsgedanke ist geblieben – die Winzer sollen im Vordergrund stehen. Deswegen heißt es auch Winzerstraßenfest. "Für unser kleines Fest sind verhältnismäßig viele Winzer vertreten." Thomas de Maizière, Minister a. D., ist regelmäßiger Gast. Er beschrieb das jährliche Fest am ersten Wochenende im September einmal so: In Weinböhla sei es am wenigsten kommerziell, am meisten selbst gemacht und am gemütlichsten – im Vergleich zu anderen Weinfesten der Region. Das liegt sicherlich auch an der Organisation.

Ein krönender Abschluss mit Schiller und Beethoven
Dieses Jahr gibt es jedoch ein paar Änderungen, für die der Cheforganisator nichts kann. Zum einen gibt es kein Riesenrad auf dem Rummelplatz hinter dem Zentralgasthof. In Deutschland fehle es an mobilen Riesenrädern. Viele haben nun einen festen Standort – als Reaktion auf die Corona-Einbußen, vermutet Weidmann. "Die meisten stehen wohl in den Touristikorten an der Ostsee, da sie sich dort regelmäßig mehr Gäste versprechen." Als Ersatz habe Weidmann einen Freien-Fall-Turm organisiert. Zum anderen fällt das traditionelle Feuerwerk am Ende des Festes aus. Aufgrund der aktuellen Waldbrandstufe vier (Stand 17. August) ist es verboten, ein Feuerwerk auszurichten. "Wir bereiten trotzdem eins vor, falls sich das ändert", sagt Weidmann.
Unabhängig davon, ob das Feuerwerk stattfindet, oder nicht. Es gibt dieses Jahr wieder eine Besonderheit, die jetzt zum dritten Mal stattfindet: die Walzernacht. Das Dresdner Residenz-Orchester und das Retroskop-Duo laden am 1. September zum Dreivierteltakt ein. Mit dabei ist auch der Tanzclub Rot Gold aus Meißen. "Die Walzernacht ist bei Jung und Alt beliebt. Wer dabei sein möchte, sollte sich einen Tisch beim Zentralgasthof reservieren." Denn Weidmann weiß, die Tische werden wieder voll besetzt sein.
Außerdem würde sich der Weinfest-Organisator freuen, wenn sich Besucherinnen und Besucher am Sonntagabend gemeinsam vor der Hauptbühne versammeln. "Wir wollen mit ihnen und der Band Retroskop gemeinsam das Lied ‚Ode an die Freude‘ singen." Die Musik stammt von Ludwig van Beethoven, der Text von Friedrich Schiller. Weidmann hebt daraus ein Zitat hervor, das ihm wichtig ist: "Alle Menschen werden Brüder, wo dein sanfter Flügel weht." Neben dem Wochenende ist das sicherlich ein Abschluss des Festes, der nicht nur Weidmann im Gedächtnis bleiben wird.
- Das ganze Programm finden Sie auf der Internetseite der Gemeinde Weinböhla.
- Anmeldung zur dritten Walzernacht beim Zentralgasthof entweder per E-Mail oder Telefon.