Ein Russe im Kollwitz-Haus

Moritzburg. Alexander Krjukow trägt das Dr. med. dent. vor seinem Namen. Und wahrscheinlich deshalb kennen eine ganze Zahl Moritzburger den Mann aus der Zahnarztpraxis. Dass er einen in Russland bekannten Großvater hat, der als Lehrer sein Brot verdiente, aber ein begnadeter Maler war, wissen eher wenige.
Das kann sich ab sofort ändern. Alexander Krjukow, dessen Sohn und ein Bilderrahmfachmann aus Meißen haben nämlich dafür gesorgt, dass die Malereien von Großvater Alexander Archipowitsch Krjukow ab dem letzten Wochenende im Käthe-Kollwitz-Haus gezeigt werden. Noch gemeinsam mit der vorherigen Leiterin des Hauses, Sabine Hänisch, entstand die Idee bereits vor drei Jahren.95 Bleistift-Zeichnungen sind im zentralen Ausstellungsraum gehängt. Es sind Porträts der Familie, von Arbeitskollegen, auch eine einst verehrte Frau ist dabei. Feiner Strich hat hier klare, bis ins Detail nachvollziehbare Gesichtszüge erzeugt.Alexander Archipowitsch Krjukow malte auch Bilder in Öl. Solche, die die Mühen der Arbeiter, auch das Heroische in Kriegszeiten, aber ebenso Landschaften darstellen, erzählt der Enkel. Allerdings sind diese Bilder nicht mit ausgestellt - noch nicht, sagen Enkel und die seit Juli neue Kollwitz-Haus-Leiterin Anke Rödel. Mann wolle weiter überlegen. Nämlich auch, weil der Maler in seinen letzten Lebensjahren ein sehr sinniges farbiges Bild vom Moritzburger Schloss auf die Leinwand gebracht hat (siehe Foto oben).

1984 besuchte Alexander Archipowitsch Krjukow letztmalig Moritzburg, wo sein ältester Sohn Albert seit der Hochzeit mit seiner aus Weinböhla stammenden Frau zu Hause ist. Hier malt er die Ölskizzen am Schlossteich, heißt es in den Erläuterungen zur Sonderausstellung.
Dass letztlich diese Ausstellung zustande kam, hat eine lange Geschichte. Die Mutter des Zahnarztes studierte in der damaligen Sowjetunion in den 1960er Jahren Zahnmedizin und lernte dort ihren Mann kennen, den Sohn des Malers. Beide zogen in die DDR und lebten in Moritzburg.
In den Informationen zur Ausstellung wird beschrieben, dass der Großvater und Maler 1909 in der Stadt Liski im Woroneschgebiet geboren wurde, im vorrevolutionären Russland, als drittes von sechs Kindern eines wohlhabenden Schusters. Im Teenageralter erlebte der junge Krjukow die Wirren des Ersten Weltkrieges und der Revolution sowie die Gründung der Sowjetunion. Nachdem der Vater 1920 überraschend starb, verarmte die Familie. Hunger und Not folgten.
Krjukow schlug sich mit kleinen Jobs unter schwierigsten Bedingungen durch und entdeckte seine Liebe zur Malerei. Schließlich schaffte er die Aufnahme am Kunstpädagogischen Technikum in Woronesch. 1932 schließt er mit Auszeichnung ab. Dort lernt er unter anderem bei A. A. Butschkuri, einem Schüler des berühmten russischen Künstlers Ilja Jefimowitsch Repin. Krjukow malt und zeichnet ununterbrochen. In seinen Skizzen, Bildern und vor allem in seinen Porträts spiegeln sich die Anstrengungen und Entbehrungen der jungen Sowjetunion, so die Beschreibung des Schaffens.

Scharf beobachtete Menschengesichter
Die Ausstellungsorganisatoren - „ich habe drei Jahre daran gearbeitet“, so der Zahnarzt - sagen, dass Alexander Archipowitsch Krjukow mit Tausenden Zeichnungen seiner Landsleute in den Jahren zwischen 1937 und 1986 ein Kaleidoskop umfassender, scharf beobachteter Studien der Menschen dieser Zeit des großen Umbruchs im 20. Jahrhundert hinterlassen hat.
Etwa 3.000 dieser Zeichnungen, dazu verschiedene Ölgemälde hat der Moritzburger zu sich holen können oder vom Großvater mitgebracht bekommen. Er hat diesen Nachlass katalogisiert und als Buch drucken lassen. „Es soll eine Würdigung des Großvaters sein und auch die Verbindung zwischen den beiden Heimaten Russland und Deutschland herstellen“, sagt der Enkel.
Die Sonderausstellung im Käthe-Kollwitz-Haus an der Meißner Straße 7 ist bis zum 12. Dezember 2021 zu sehen. Der Eintritt fürs gesamte Haus beträgt 4 Euro, nur für die Sonderausstellung 2 Euro.
