Coswig. Wer in Coswig die Grenzstraße zwischen Gewerbegebiet und Bahngleisen entlang fährt, passiert genau im Straßenschwenk ein dunkles Stück Wald. Könnte man meinen - aber es ist kein Wald, sondern nur wucherndes Jungholz auf dem Areal der ehemaligen Cowaplast-Fabrik.
Vor Jahren schon hatte sich das Grundstück die beidseits der Grenzstraße ansässige Getriebefabrik gesichert. Teile des Areals sind vermietet. Die größte Fläche allerdings dämmert vor sich hin. Jetzt soll mit dem insgesamt 90.000 Quadratmeter großen Gebiet etwas passieren.
Am Mittwochabend war das Thema im Stadtrat. Wirtschaftsförderer Osman Nasr hat die Pläne der Stadt vorgestellt. Coswig will seine Strategie der Brachflächenentwicklung mit der Entwicklung der Gewerbebrache „ehemalige Cowaplast“ zum „Industrie- und Gewerbegebiet Grenzstraße“ fortsetzen, heißt es zur Situation und dem Ziel der Stadt. Derzeit können die vorliegenden Anfragen nach kleineren Gewerbeflächen in der Größe von 2.000 bis 4.000 Quadratmetern nicht befriedigt werden. Nasr auf Nachfrage der SZ: „Es gibt Mieter auf dem Areal und bereits mehrere Anfragen - Kaufwillige und weitere Interessenten. Obwohl das Gebiet noch gar nicht erschlossen ist.“
Neues Regenrückhaltebecken wird gebaut
Die Fläche der ehemaligen Cowaplast stellt sich aktuell ungeordnet dar, ansässige Unternehmen sind nicht an die öffentliche Erschließung angebunden. Geplant sei, das Gebiet zu beräumen und zu sanieren. Es soll die öffentliche Anbindung durch Trinkwasser-, Abwasser- und Regenwasserkanäle sowie Straßen, einschließlich Fuß- und Radwegen hergestellt werden. Ein für die Flächen erforderliches Regenrückhaltebecken werde angelegt. Bisher gibt es zu diesem Zweck zwar eine Art tiefergelegte Kuhle, aber die wuchert mehr und mehr zu.
In der Begründung für den Stadtratsbeschluss zur Finanzierung des Vorhabens heißt es weiter: Die Flächen sollen zur Ansiedlung von Gewerbebetrieben dienen, die Erschließung bietet auch schon ansässigen Unternehmen erstmals eine öffentliche Anbindung. Letztere sei bisher völlig unzureichend, so Nasr.
Damit das alles zügig passieren kann, hat die Stadt die Flächen von Auma Drives (vorher GFC Antriebssysteme Coswig) erworben. „Ende 2020 haben wir das Grundstück in Besitz genommen“, sagt der Wirtschaftsförderer. Rund 200.000 Euro wurden dafür aufgewendet. Damit es, zuerst mit dem Abriss und anschließend der Erschließung etwas wird, hat das damit beauftragte Planungsbüro Kosten von reichlich 9,6 Millionen Euro ausgerechnet.
Das Gute daran, so erläuterte Osman Nasr, es gibt noch Fördermittel der Europäischen Union, die bisher nicht abgerufen worden sind, genau für solche Industriebrachen. Es seien auch bereits Gespräche geführt worden - eine 90-prozentige Förderung ist realistisch. Zehn Prozent muss die Stadt tragen.
Stadträte fragten nach, ob in der Kostenberechnung auch mögliche Steigerungen der Baukosten und eventuelle Altlastenbeseitigung mit berücksichtigt seien. Dazu erläuterte Oberbürgermeister Thomas Schubert (parteilos), dass dies in der Planung ausdrücklich mit berechnet wurde. Vor allem auch deshalb, weil eine nachträgliche Verteuerung nicht förderfähig sei. Man hoffe eher, dass die Kosten nicht bis auf die errechneten 9,6 Millionen Euro raufgehen. Schubert: „Brachen sanieren, statt auf der grünen Wiese neu zu bauen, ist in jedem Fall richtig. Deshalb wird es auch gefördert.“

In den nächsten Tagen sollen bereits die Förderanträge gestellt werden. Im Rahmen der Richtlinie „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ werden diese bei der Landesdirektion Sachsen eingereicht, heißt es im Beschlussvorschlag.
Osman Nasr: „Wenn das alles wie geplant läuft, dann könnte im Sommer dieses Jahres der Abbruch auf dem Gelände europaweit ausgeschrieben werden. Im September und Oktober wäre dann Start für die ersten Arbeiten.“ Ein neues Regenwasserbecken - angebunden an den Abwasserkanal - wäre eine der ersten Aufgaben.
Wenn das Grundstück neu erschlossen ist, werden etwa 3,5 Hektar nutzbare Gewerbefläche zur Verfügung stehen. Diese solle vor allem kleinteilig angeboten werden. Nasr: „Wir wollen als Stadt keinen Gewinn machen.“ Gerechnet wird mit Quadratmeterpreisen um die 30 Euro.
Die Geschichte des unter Cowaplast in Coswig bekannten Geländes reicht über 120 Jahre zurück. 1897 gründete sich in Kötitz die „Deutsche Pluviusin A.-G.“. Bereits ein Jahr später begann in Kötitz die Herstellung von Kunstleder. Auch Wachstuch wurde hier hergestellt.