Kunstgenuss in privaten Paradiesen

Radebeul. Das Blumenparadies mitten im Wohngebiet, eine Oase zu Füßen des Weinbergs, der verwilderte Charme eines ehemaligen Produktionsbetriebs oder eine alte Scheune als Ort für Kultur – in Radebeul hatten am Wochenende wieder zahlreiche Orte geöffnet, die sonst oft den Blicken von Besuchern verborgen bleiben. Zum dritten Mal hieß es "Kunst geht in Gärten". Und die Einladung privater Gartenbesitzer, bei ihnen zwischen Blumenrabatten und Gemüsebeeten aktuelle Arbeiten von rund 100 Künstlern zu erleben, nahmen zahlreiche Radebeuler und ihre Gäste am Sonnabend und Sonntag in den Nachmittagsstunden wahr.
Es ist das besondere Ambiente für Ausstellungen, die den Reiz dieser im ersten Corona-Sommer 2020 aus der Taufe gehobenen Veranstaltung ausmachen. In Galerien hängen die Arbeiten der bildenden Künstler oft an steril wirkenden weißen Wänden. Im Garten der Familie Alberich an der Karl-Liebknecht-Straße im Stadtteil Niederlößnitz steht dagegen beispielsweise das Bild eines roten Huhns mitten in der Blühwiese. An den Ästen eines Baumes hängen schwarz-weiß Zeichnungen von Schmetterlingen. Und während ein Besucher diese betrachtet, fliegt ein echter Falter in Farbe vorbei. Baumstämme, Holzzäune oder eine Wäschestange dienen am Sonnabend als Halterung für Malerei und Grafik von Anita Rempe und Heidrun Rueda. Am Sonntag stellten dort Jochen Fiedler und Theresa Pusch aus.
Ein Kommen und Gehen
Und während die Besucher durch dieses Idyll wandeln, wird ihnen bewusst, dass sie sich soeben selbst in einem Kunstwerk befinden – ein Werk der Gartenkunst. Rabatten mit üppiger Farbenpracht wechseln sich im Garten der Familie Alberich mit gepflegten Rasenflächen ab. Die Wege sind verschlungen, sodass sich immer wieder neue Perspektiven und Inseln in diesem Paradies öffnen, versteckt mitten im Quartier von Karl-Liebknecht-Straße im Norden und Heinrich-Heine-Straße im Süden sowie Gradsteg im Osten und Horst-Viedt-Straße im Westen. Wer hier verweilt, versteht, warum Stadtverwaltung und Stadtrat bemüht sind, solche von der Straße abgewandten Orte in der zweiten oder dritten Grundstücksreihe vor Baubegehrlichkeiten zu schützen.
An den Ausstellungsorten herrscht ein Kommen und Gehen. Die Besucher betrachten nicht nur die Werke. Im Garten und Weinberg JWD an der Oberen Bergstraße in der Nachbarschaft der einstigen Sektkellerei Bussard nehmen sie auf Decken, Stühlen oder Bänken im Garten Platz, lauschen bei einem Glas Wein oder bei Kaffee und Kuchen der Musik. Die Gartenbesitzer haben entweder selbst Musiker engagiert oder diese sind als wandernde Musikanten im Auftrag der Radebeuler Stadtgalerie zwischen den Ausstellungsorten unterwegs. Stadtgalerist Alexander Lange und Magdalena Piper haben die dritte Auflage von "Kunst geht in Gärten" organisiert.
Savoir-vivre im Elbtal
Den Besuchern wurde einerseits eine weite Bandbreite an bildender Kunst geboten. So gibt es farbige Landschaftsbilder mit starkem Pinselstrich gemalt von den Weinbergen der Lößnitz, ausgestellt im Carport im Garten und Weinberg JWD, von Friedrich Porsdorf. Abstrakte Malerei zum Thema Kunst für Liebende ist in der Kunstscheune Altnaundorf auch unabhängig von "Kunst geht in Gärten" zu erleben. Und woran 29 junge Künstler zuletzt gearbeitet haben, wie Videoinstallationen, Skulpturen wie einer nackten Frauenbrust auf einem Sofakissen oder expressionistisch beeinflusste Grafiken, zeigten sie in der Alten Molkerei an der Fabrikstraße.
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Andererseits paarte sich zu der bildenden Kunst immer wieder Musik. Jazziges mit Saxofon und Gitarre, klassische Musik oder orientalische Klänge auf der Oud, einer Kurzhalslaute aus dem Vorderen Orient, machten die dritte Auflage von "Kunst geht in Gärten" zu einem Kulturgenuss, gaben einen Eindruck davon, was die Franzosen mit Savoir-vivre – die Kunst, das Leben zu genießen – beschreiben.
Insgesamt 20 Stationen machten in diesem Jahr mit. Neben bereits bekannten, galt es neue Gärten zu entdecken. "Andere machten eine Pause, haben aber für das kommende Jahr bereits wieder ihre Teilnahme signalisiert", sagte Mitorganisatorin Magdalena Piper. Also lässt sich schon auf eine Fortsetzung der Gartenlust freuen.